Der Spott der kleinen Dinge

Beim Rabattschlachten

von Lars von der Gönna

© Heiko Sakurai
Beim Rabattschlachten
 
Neulich habe ich wieder eine Rabattschlacht verloren. Ich wollte den doppelbeschichteten Pfannenwender, hatte aber erst 27 von 30 Marken gesammelt. Jetzt war die Aktion zu Ende.    
     Ich setzte meinen »Adoptier-mich,-im-Tierheim-sind-alle-gemein-zu-mir«-Blick auf, aber die Frau an der Supermarktkasse zog eine Schlangengurke über den Scanner und sagte mit Blick auf ein Sechserpack Nikolaus-Lutscher leiernd, jetzt gebe es superleichte Sporttaschen.      Für die neue Aktion würden die alten Marken nicht gelten. Du liegst in diesen Schlachten schon am Boden, da fällt Dir noch eine Sporttasche aufs Haupt. Was soll daran superleicht sein?
     Abends berichtete ich meiner Schwiegermutter von der Niederlage. Es war wie beim Arzt: Sie unterbrach, bevor ich beim Problem war. Ob ich die Marken für das Kochbuch von Heide Simonis sammele? Ich kannte die Aktion, sie war nicht vom Pfannenwendersupermarkt, sondern ging aufs Ganovenkonto eines Aufstrichherstellers. Ich sagte, das Kochbuch sei von Alfred Biolek. Da wir denselben Frischkäse essen, konnte ich eine Verwechslung ausschließen. Meine Schwiegermutter rechtfertigte den Irrtum, indem sie den enormen Preis ihrer Gleitsichtbrille nicht ohne Kraftausdrücke bewertete. Ich warf ein, daß es keineswegs die Brille sein müsse, sondern Mann und Frau sich im Alter immer weniger unterschieden. Unlängst habe ich Andrea Nahles für Pierre Brice gehalten.
     Wir wechselten das Thema. Sie kommt Weihnachten zu uns. „Eine schöne Aktion“, sagte sie. Von Rabatt war nicht die Rede.
 
 
© Lars von der Gönna - Aus dem Buch „Der Spott der kleinen Dinge“
mit freundlicher Erlaubnis des Verlags Henselowsky Boschmann und der WAZ.