Schrille Weiber im Viererpack

„Ghostbusters“ von Paul Feig

von Renate Wagner

Ghostbusters
(USA 2016)

Regie: Paul Feig
Mit: Melissa McCarthy, Kristen Wiig, Kate McKinnon, Leslie Jones, Chris Hemsworth, Charles Dance, Andy García u.a.
 
Wieder Tarzan. Wieder Star Trek. Wieder Independence Day. Wieder Batman, Superman und gleich alle Marvel-Helden. Wieder Dschungelbuch. Wieder Alice im Wunderland. Wieder Jason Bourne. Wieder Mechanic. Wieder und wieder… jetzt auch wieder „Ghostbusters“. Man nennt es neuerdings „Reboot“, Neustart. Man könnte auch sagen: Um die Wahrheit zu sagen, es fällt uns absolut nichts Neues ein…
 
In späteren Jahren wird dieser Film an sich – die „weibliche Version der alten Ghostbuster“ – keine große Rolle spielen. Aber man wird ihn immer zitieren, wenn wieder einmal über gesellschaftliche Diskriminierung (diesmal nicht Schwule, Farbige oder Immigranten, nein – wer hätte das gedacht? – Frauen!!!) die Rede ist, und das im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts immerhin. Und wenn man zum tausendsten Mal zitiert, was die sozialen Medien da anrichten können.
Davon hatten Regisseur Ivan Reitman und die Seinen (damals das Quartett der Geisterjäger Bill Murray / Dan Aykroyd / Harold Ramis / Ernie Hudson, getoppt von Sigourney Weaver) so gar keine Ahnung, als sie 1984 die „Ghostbusters“ erfanden und das Internet in den Kinderschuhen steckte. Die einzige Fortsetzung 1989 war nicht von der Art, daß man weitermachen wollte, trotz des Kultstatus, den allein der Begriff „Ghostbusters“ (samt Signet) erreicht hatte. Ein veritabler Welterfolg – und das damals noch ganz ohne Twitter, Facebook, Instagram und YouTube.
 
Der Shitstorm im Netz richtete sich also dagegen, die Ghostbuster-Welt durch Frauen zu „entheiligen“. Wie bitte? (Nicht nur, daß es das „Seltsame Paar“ des Neil Simon auch schon in einer „female version“ gegeben hat – warum, zum Teufel, sollen nur die Männer die guten Rollen bekommen?) Kurz, Amerika hat sich in einen wahren Wirbel hinein geredet – und das schon, bevor noch irgendjemand den Film gesehen hatte. Wäre doch ausreichend gewesen, das Endprodukt zu verdammen? Das ist nämlich unschwer möglich.
Sagen wir es gleich: So blödeln wie die Männer können die Frauen noch lange. Eher sogar mehr. Das Quartett der Geisterjägerinnen besteht aus Brutalo-Komikerinnen, die man erst einmal aushalten muß. Dazu Paul Feig, ein Regisseur, der mit seinen bekannten Peinlichkeitsfilmen mit Holzhammer-Frauenpower schon viel Geld gemacht hat. Immer mit Melissa McCarthy – ob der fürchterliche „Brautalarm“ (damals war auch Kristen Wiig dabei), ob die „Taffen Mädels“ (hier wurde die McCarthy von Sandra Bullock konterkariert), ob „Spy – Susan Cooper Undercover“ mit, na wem wohl, McCarthy, die nun in „Ghostbusters“ auch wieder eine der Hauptrollen spielt. Neben Kristen Wiig. Das sind die bekannteren Namen.
 
Wie im Originalfilm, wo die Stars Bill Murray und Dan Aykroyd die weniger bekannten Darsteller hinter sich herzogen, ist es auch hier: Kate McKinnon als die Schreckschrauben-verrückte Dr. Jillian Holtzmann und die afroamerikanische Leslie Jones als unübersehbar kräftige New Yorker U-Bahn-Angestellte sind wohl nur Kennern und Freunden von „Saturday Night Live“ bekannt. Zusammen genommen ist dieses Quartett so laut, daß man als Kinobesucher sich nur schutzsuchend in seinen Sessel drücken kann.
Dabei beginnt es sozusagen wieder einmal „normal“: Dr. Erin Gilbert (Kristen Wiig mit Stirnfransen und ernsthaftem Blick) bemüht sich so sehr, in ihrer Eigenschaft als Naturwissenschaftlerin eine Anstellung an der Universität zu bekommen. Was will der Dekan (Charles Dance, alt geworden) von ihr? Was stellt er da für Fragen, ob sie an Geister glaubt? Unsinn! Natürlich nicht. Und was ist das für ein Buch, das nun im Internet kursiert (schon wieder das Internet, in der Realität und im Film) und in dem sie als Co-Autorin genannt ist? Verdammt…
Denn Erin hat eine Vergangenheit, als sie mit Freundin Abby tatsächlich auf den Spuren des Übersinnlichen gewandert ist und mit ihr hinter Geistererscheinungen her war, auch zwischen Buchdeckeln. Abby aufsuchen und sie zur Rede stellen, ist eines. Auftritt der fauchenden, unliebenswürdigen, stets unter Hochdruck stehenden Melissa McCarthy, die sich mit Leibesgewicht und schaurig-brutaler Intensität nun schon seit Jahren auf der Kinoleinwand umtut. Abby ist noch immer ganz in der alten Welt der Geistererscheinungen verhaftet – ja, und als Erin die Stellung nicht bekommt und als gar ein blauer Geist erscheint… na, dann zurück zu den Wurzeln. Gemeinsam mit zwei nicht weniger ausgeflippten Damen. Die Ghostbusters sind da, die Geisterjäger-Truppe in selbst gewählten „Uniformen“ und mit seltsamen Gerätschaften, weiblich, laut, zwar mit bemerkenswerter Selbstironie, die man ihnen zustehen muß, aber gewissermaßen höchst charmelos.
 
Denn nun gibt es immer wieder dasselbe: Szenerie New York, auf einmal überall die blauen Geister, die den aus dem ersten Film bekannten grünen Schleim versprühen (wieso blau und grün? Nicht blau und blau oder grün und grün…), und man vermöchte nicht differenziert zu erzählen, was sich jetzt alles tut, denn der allgemeine Wirbel herrscht vor. Irgendwann taucht Andy García als Bürgermeister auf: einst so berühmt, nun offenbar über Nebenrollen froh.
Was wüßte man über den Film noch zu sagen – außer daß es Kevin Beckman, den ach so dummen Sekretär des Quartetts gibt (das ist der, der ein Brillengestell ohne Gläser trägt, das hat den Vorteil, daß sie nicht schmutzig werden können): Chris Hemsworth, von den Damen auf der Leinwand (und zweifellos von jenen im Zuschauerraum auch) gewählt, weil er so schön ist, so süß, so absolut… ja, was immer, ist die eigentliche Komikerbombe des Films. Denn im Gegensatz zu den anderen scheint er sich gar keine Mühe zu geben, komisch zu sein, er ist es quasi aus dem Handgelenk, mit lockerer Selbstverständlichkeit. Mein Gott, die weiblichen Ghostbuster, und man muß sich an einen Mann halten, um bei diesem Film glücklich zu werden!!! Wie bringt man das mit der eigenen Emanzipation (die man dachte, nicht mehr nötig zu haben! Denkste!) unter einen Hut? Nun, indem man eingesteht, daß einem ein echtes komisches Talent lieber ist als schrille Weiber im Viererpack.
 
Übrigens haben sich die „alten“ Ghostbuster sehr solidarisch erklärt, aber die Kurzauftritte von Bill Murray und Dan Aykroyd liefern kaum nachdrückliche Pointen. Wer am Ende des Films Sigourney Weaver reklamiert, muß wirklich warten – sie bietet ihr Mini-Erscheinen erst im Nachspann.
 
 
Renate Wagner