Reines Vergnügen - weitermachen!

„Schweinskopf al dente“ von Ed Herzog

von Renate Wagner

Schweinskopf al dente
(Deutschland – 2016)

Regie: Ed Herzog
Mit: Sebastian Bezzel, Lisa Maria Potthoff, Simon Schwarz, Enzi Fuchs, Gregor Bloéb, Eisi Gulp, Gerhard Wittmann, Sigi Zimmerschied, Margarethe Tiesel u.a.
 
Das, was man einst „Heimatfilm“ nannte, hat schon enorm gewonnen – heute spricht man von der „Region“ und kann gar nicht genügend (Fernseh-)Filme, meist mit Krimi-Background, in den Bundesländern oder, wie man früher sagte, „am Land“ drehen.
Aber der Kinobesucher hält sich seit zwei Jahren besonders gern in „Niederkaltenkirchen“ in Unterbayern auf, auch wenn es diesen Ort gar nicht gibt und wenn er die Kriminalromane von Rita Falk, die den Polizisten Franz Eberhofer erfunden hat, nicht gelesen hat. Wozu auch? Sebastian Bezzel ist ohnedies die vollendete Verkörperung des sturen Bayern, Simon Schwarz als „Schlieferl“ an seiner Seite ist nicht minder perfekt, und die dazugehörige Familie – bitte, die liebt man längst. Hat man sich doch schon die „Dampfnudelblues“ und die „Winterkartoffelknödel“ hineingezogen und läßt sich nun den „Schweinskopf al dente“ nicht minder schmecken.
 
Um nicht mißverstanden zu werden, die Filme sind dramaturgisch keine Kunstwerke, und wenn man stets freudiges Wiedererkennen mit Familienmitgliedern der Eberhofer-Sippe feiert, erinnert das eher an Fernsehserien, aber dazu ist der Film von Regisseur Ed Herzog zu gut und professionell gemacht.
Und was ist denn schlecht daran, wenn man sich freut, sie wieder zu sehen – die resolute Oma (Enzi Fuchs), die sich von niemandem nichts gefallen läßt (wenn einer mit der Oma grob wird, zieht Eberhofer schon einmal seine Dienstpistole – zum Entsetzen seiner Vorgesetzten). Sie hat Sohn und Enkel fest an der Kandare, und ihre Kochkünste werden von der Kamera dermaßen zelebriert, daß man sich zum Mitessen hinsetzen möchte. Da ist auch der ausgemergelte, seinen eigenen „Stoff“ produzierende, noch immer als Spät-Hippie unwiderstehlich komisch herumwankende Papa (Eisi Gulp); ja, sogar den lästigen Bruder (Gerhard Wittmann) sieht man gern wieder, der seine kleine, halbasiatische Tochter am liebsten bei den bayrischen Verwandten läßt, wo sie durchaus liebevoll betreut wird (inklusive einem Schwips, den ihr der Alkohol im Tiramisu verpaßt).
Na, und da ist ja noch die flotte, schnippische Susi (Lisa Maria Potthoff), die bei der Polizei arbeitet, seit längerem Eberhofers Freundin ist, aber vergeblich auf seinen Heiratsantrag wartet. Er ist nämlich – wie manche Männer – echt auf den Mund gefallen, wenn es um Gefühlsdinge geht, und die Bayern sind ja da ganz besonders ruppig, also? Also handelt ein Teil des Films davon, daß sie mit einem Italiener, der ihr das Blaue vom Himmel verspricht, an den Gardasee abpascht. Und daß sie – das ist der Oma ganz klar – zurück geholt werden muß. Weshalb die ganze Familie (und noch ein paar Einwohner von Niederkaltenkirchen) am Ende in den Süden aufbrechen … und gerade recht kommen, sie vor der schlechten Behandlung des italienischen Machos zu retten!
 
Wie gesagt, kein dramaturgisches Meisterwerk, schon gar nicht der Krimi-Teil des Ganzen. Aber komisch, wenn sich da ein krimineller Mastermind (Gregor Bloéb, meist mit dunkler Brille und absolut schiefem Grinsen) auf Rachefeldzug gegen die armen Polizisten des Orts begibt. Ein abgehackter Schweinskopf am Bett ist das Niederkaltenkirchener Pendant zum Pferdekopf aus dem „Paten“, das weiß doch jeder. Polizeichef Moratschek fürchtet sich ausreichend, um sofort ungefragt bei den Eberhofers einzuziehen. Was Sigi Zimmerschied als Moratschek und Papa Eisi Gulp dann mit Hilfe von Alk und Weed abziehen, das ist wirklich der höhere G’spaß. Und Gregor Bloéb ist nach allen Regeln der großen Psychopathen des Kinos hinter ihnen her. Logischerweise ist zum Kampf gegen dieses Monster auch wieder Privatdetektiv Rudi Birkenberger als Unterstützung nötig…
Schließlich kidnappt dieser Verbrecher sogar die Moratschek-Gattin, in der man Ulrich-Seidl-Heldin Margarethe Tiesel erkennt. Und auch Daniel Christensen als der schrille Installateur behauptet die Szene, zumal, wenn er sich mit der geknechteten Maria Hofstätter zum Rendezvous trifft (natürlich nur, wenn ihre brutalen Männer im Knast sitzen)… Am Ende, am Gardasee, werden noch ein paar Österreicherinnen mit eindeutigem Zungenschlag veräppelt. Darf, ja, soll auch sein.
Kurz, das Vergnügen setzt sich aus Figuren, prächtigen Pointen und der „Es ist eh alles nicht ernst gemeint“-Laune zusammen. Und wer a no gern in Bayern is… Jedenfalls: Es gibt noch fünf weitere Ebenhofer-Romane. Fein. Weitermachen!
 
 
Renate Wagner