Bestsellerfressen

„Nichts als die Wahrheit “ von Dieter Bohlen

von Wolfgang Nitschke

Wolfgang Nitschke - © Manfred Linke / laif
Nichts als die Wahrheit
 
„Nichts als die Wahrheit “
von Dieter Bohlen
(mit Katja Kessler)
 
Meine Damen und Herren!
Es gibt ein lustiges deutsches Gesellschaftsspiel, das nennt sich „Bundesverdienstkreuz“. Und das geht so: „Wer’s kriegt, hat verloren!“
Oder fangen wir anders an! Dieter Bohlen -Zitat:
„Äh, klar, logo ey, ich wollte immer dat Bundesverdienstding kriegen! Is doch voll logo! Früher hätt ich dafür sogar meine Omma verkloppt! Aber heut‘ doch nich‘ mehr! Näh, ich weiß ja, wie dat da abläuft, Mensch. Da musse so’m Kulturminister oder diesem Rau da in’n Arsch kriechen, da musse mit diesen ganzen bepißten Arschgeigen einen auf megafein machen und essen gehen und die ganze Kacke da... Näh, die können mir dat Scheißteil sonst wo reinschieben! Aber voll ey!“
Tja, meine Damen und Herren!
Und das steht jetzt nicht irgendwo in „Nichts als die Wahrheit“, nein, das hat er live gesagt, vor laufender Kamera! Im ZDF! Dem Johannes B. Kerner!

Ähä, lieber Wolfgang Niedecken, werter Bläck Föös-Tommy Engel, ihr kritisch-kölschen, ‚Arsch hu‘-Karnevalskapellen, ihr stolzen Besitzer des Bundesverdienstkreuzes! Was sagen wir denn dazu?
Ich glaube, Adorno hätte über Dieter Bohlen angemerkt: „Na, das nenn ich mir mal ne anständige Negation! 10 Jahre nach meinem Tod wird man so was als Punk bezeichnen!“

So, das war jetzt nix als die Wahrheit. Und was dem Dieter sein Elaborat „Hinter den Kulissen“ betrifft, da denke ich: Gegen ein Buch, in dem ein inkontinenter Dichter wie Wolfgang Joop mal was ans Bein gepin­kelt bekommt und konsequent nur als „das Gespenst“ bezeichnet wird,
und sowieso: gegen ein Opus, in welchem die ‚schädelplättende Banalität’ (Henry Miller) von Oberprimaten wie Thomas Anders, Jens Riewa, Oliver Geissen, Jenny Elvers et altera auch nur ansatzwei­se problematisiert wird, gegen ein solches Werk wüßte ich beim besten Willen nichts einzuwenden. Und was den Autor Dieter Bohlen angeht:
Ein Mensch, der sich einem Hartmut Engler, dem schleimigsten aller Stinkmorchel und Stammhirn der musizierenden Terrorgruppe „Pur“, todesmutig & in, zugegeben, etwas diffamierender Absicht zu nähern wagt, kann ein so schlechter Mensch nicht sein.
Und überhaupt: Dem Großteil der 50.000 eifrigen, von ungebremster Karrieresucht zerfressenen ‚Top ten’-Nachwuchs-Fressen und infantilen Schließmuskelvisagen, die sich bei „Deutschland sucht den Superstar“ in die Schlange stellen, persönlich ins Pickelgesicht zu sagen: „Nein, du bist nicht schlecht – du bist grottenschlecht!“ ... ja, mein Gott, wo ist das Problem? Wir haben früher mit solchen Typen in der Schule ganz andere Sachen veranstaltet. Für mich fällt das allenfalls unter ‚Volkspädagogik aus Notwehr’.
Und nicht vergessen:
Das alles ist nicht nur „hypermegageile Affenpille-palle“!
Et is’ auch so gemeint.
Gute Nacht.

Jan. 2003