„Blau weckt im Betrachter die Sehnsucht nach Reinem“

Wassily Kandinsky wurde vor 150 Jahren geboren

von Andreas Rehnolt

Bildunterschrift

Blau weckt im Betrachter die Sehnsucht nach Reinem“
 
Der Maler Wassily Kandinsky - einer der Gründungsväter der abstrakten Kunst -
wurde am 4. Dezember vor 150 Jahren geboren
 
Von Andreas Rehnolt
 
Je tiefer das Blau wird, desto tiefer ruft es den Menschen in das Unendliche, weckt in ihm die Sehnsucht nach Reinem und schließlich Übersinnlichen. Es ist die Farbe des Himmels“. So der Maler Wassily Kandinsky, einer der Gründungsväter der abstrakten Kunst, der am 4. Dezember 1866 - also vor 150 Jahren - als Sohn eines Teehändlers in Moskau geboren wurde.
 
Kandinsky studierte in seiner Heimat Jura und Volkswirtschaft und hatte zumindest in den ersten drei Jahrzehnten nichts mit der Kunst zu tun. Nach seiner Promotion wurde er Maler und ging nach München, wo er die Anton Azbé Kunstschule besuchte und danach der Akademie bei Franz von Stuck studierte. Ab 1901 gehörte er zur Künstlervereinigung „Phalanx“. 
Dort lernte er auch die Künstlerin Gabriele Münter kennen, die für viele Jahre seine Geliebte wurde und mit der er viele Reisen durch europäische Länder machte. Starke Einflüsse übten vor allem die Werke von Van Gogh, Matisse und Picasso auf ihn aus. Etwa ab 1909 entwickelte Kandinsky viele Ideen für eine neue Kunstform, bei der sich Farben und Formen frei einsetzen lassen sollten. Gemeinsam mit dem Künstlerfreund Franz Marc gründete er die Künstlergruppe „Der Blaue Reiter“.
In dieser Zeit entstanden auch die ersten seiner „Kompositionen“. Von denen schuf er nur zehn im Laufe seines Lebens, und sie galten ihm nach eigener Darstellung als „höchste Kategorie des Bildes“, in der sich rationale Konzeption, Imagination und Intuition verbinden. Kandinskys Kompositionen VI und VII sind den Themen der Sintflut und des Jüngsten Gerichts gewidmet, sie gehören in den Umkreis der Heils- und Endzeiterwartung vor dem Ersten Weltkrieg.
 
Beim Betrachten eines Bildes von Claude Monet entdeckte Kandinsky „die ungeahnte, früher mir verborgene Kraft der Palette, die über alle mein Träume hinausging. Die Malerei bekam eine märchenhafte Kraft und Pracht.“ Die folgenden Jahre bis 1914 waren nach Angaben von Kunstexperten die künstlerisch vielleicht aufregendste Etappe im Leben von Kandinsky.
Unvergleichlich etwa das um 1908 entstandene Werk „Die Ludwigskirche in München“, mit leidenschaftlichen, fast feierlichen Farben, das im Museum Thyssen-Bornemisza in Madrid hängt. Danach löste Kandinsky auf seinen Bildern die Gegenstände mehr oder weniger auf, „damit sie nicht alle auf einmal erkannt werden können“, wie er betonte. Gleichzeitig baute er rein abstrakte Formen in seine Bilder ein, die „rein malerisch wirken“ mußten.
1914 kehrte der auch mit den Künstlern Paul Klee, Alexej von Jawlensky, Lyonel Feininger und August Macke befreundete Maler nach Moskau zurück, wo er in verschiedenen revolutionären Künstlergremien tätig war und 1920 erster Leiter des Instituts für Künstlerische Kultur wurde. Doch die Verhältnisse in der neuen Sowjetunion - vor allem wohl die Einschränkungen der Kunstfreiheit durch die kommunistischen Machthaber - wurden für Kandinsky zunehmend unerträglich.
 
1921 folgte er einem Ruf von Walter Gropius an das schon damals legendäre Bauhaus in Weimar. Dort lehrte er unter anderem an der Seite von Paul Klee, dessen Nachbar er nach der Übersiedlung des Bauhauses 1925 nach Dessau wurde. Nach der Schließung des Bauhauses durch die Nationalsozialisten im Jahre 1933 emigrierte Kandinsky nach Paris. Zuvor erklärten die Nazis seine Kunst als „entartet“ und beschlagnahmten 57 seiner Werke, die sich in deutschen Museen befanden.
In Paris schuf er - relativ isoliert von der internationalen Künstlerszene bis zu seinem Tod am 13. Dezember 1944 in Neuilly-sur-Seine ein Spätwerk, in dem er die konstruktive Verfestigung seines Formenvokabulars der Bauhaus-Jahre in eine Welt von organischen Mikrostrukturen in leuchtenden Farben überführte. Kandinskys Grab ist auf dem alten Friedhof von Neuilly-sur-Seine im Département Hauts-de-Seine, der berühmt ist für seine Gräber mit Skulpturen, Büsten und Medaillons aus dem 19. Jahrhundert.
 
Die Fondatiun Beyeler bei Basel zeigt noch bis zum 22. Januar kommenden Jahres die Ausstellung „Kandinsky, Marc & der Blaue Reiter“. Auch das Stadtmuseum im rheinischen Langenfeld präsentiert noch bis zum 22. Januar 2017 die Ausstellung „Wegbereiter der Moderne - Der Blaue Reiter“. Dieser „Blaue Reiter“ und mit ihm Wassily Kandinsky wurde zum Synonym für den Aufbruch in künstlerisches Neuland.