Drollig

Vienna’s English Theatre - „Beau Jest“

von Renate Wagner

Foto: Vienna’s English Theatre

Wien: Vienna’s English Theatre
 
„Beau Jest“
von James Sherman 
Premiere: 30. Mai 2017
 
Wer je eine jüdische Mame gekannt hat, weiß, daß sie ihre Familie im Griff hat – Mann und Kinder haben gar keine andere Möglichkeit, als nach der Pfeife dieser unendlich wohlmeinenden Dame, die alles besser weiß, zu tanzen. Und natürlich möglichst alles zu tun, was sie erfreut. Das mag wie ein Klischee klingen, ist aber in zahllosen jüdischen Familien Realität. Und bei allem Psychoterror, der mit der übergroßen Liebe verbunden ist, nicht unbedingt eine schlechte Sache…
Davon handelt die Komödie von James Sherman, wo Sarah Goldman, die gute jüdische Tochter, genau weiß, daß sie ihren Eltern schlechtweg das Herz bricht, wenn sie ihnen einen nichtjüdischen Liebhaber (was ist das männliche Pendant zu „Schikse“?) präsentiert. Also versteckt sie den braven Freund Chris und erfindet den Traum-Schwiegersohn jeder jüdischen Mutter: Arzt ist er, jung, unverheiratet, gut aussehend, selbstverständlich praktizierender Jude…
Nur daß der junge Mann vom Escort-Service, der erwartet, eine ältere Dame in die Oper zu begleiten, mit dieser Rollenvorgabe fast überfordert wird. Unglücklicherweise ist auch er kein Jude. Dennoch – immerhin hat er ja, er ist schließlich eigentlich Schauspieler, auch schon in „Fiddler on the Roof“ gespielt. Da ist schon was hängen geblieben. Kurz, das ist ein „Beau Jest“, ein schönes Spiel.
Die Komödie ist hübsch, der Vergleich mit Woody Allen allerdings eher zu hoch gegriffen. Wir sehen Sarah und Bob („Dr. David Steinberg“) dabei zu, den gläubigen und im Fall der Mutter verzückten Eltern den jüdischen Schwiegersohn vorzuspielen, lachen bei jedem Lapsus, finden uns damit ab, daß die Szene am Familientisch im Grunde zweimal dieselbe ist – und wissen vor allen anderen, daß dieser Bob diesen Chris ablösen wird. Und daß die jüdischen Eltern, so jüdisch und gläubig sie auch sein mögen, am Ende doch nachgeben. Es ist eine Komödie und eine, die ihre Ecken und Kanten abgeschliffen hat.
Philip Dart hat sie in dem hübsch-bescheidenen Bühnenbild von Judith Croft (Sarah Goldman ist schließlich nur Kindergärtnerin) mit leichter Hand inszeniert. Es ist Sarah Kempton, die als Tochter in Nöten alles Interesse auf sich konzentriert und das Problem mit der liebevollen Tyrannei der Eltern klar macht. (Und der Theaterbesucher denkt sich, daß ein so enger Familienzusammenhalt eigentlich etwas Schönes wäre … auch wenn nicht leicht damit umzugehen ist.)
 

Foto: Vienna’s English Theatre

Benjamin Stratton ist der im Endeffekt erfolgreiche, Peter Hoggart der unterlegene Bewerber um Sarahs Hand (die drollig beide vor ihr knien und versichern, selbstverständlich zum Judentum zu konvertieren), Sebastian Abineri und Christina Thornton  spielen das Elternpaar zwar deutlich, aber nie überzeichnet und nie parodistisch, Daniel Barry gibt als Psychiater-Bruder seinen Kren dazu. Dem Publikum hat es sehr gefallen.
 
Renate Wagner
 
Weitere Informationen:  www.viennaticketoffice.com