„Inspektor gibt´s kan - Dienst ist Krieg“

Die komplette Kultserie „Kottan ermittelt“ jetzt endlich auf DVD

von Peter Bilsing

„Inspektor gibt´s kan - Dienst ist Krieg“

Die komplette Kultserie „Kottan ermittelt“ jetzt endlich auf DVD

 

„Geh, scholtens des Blaulicht aus – der fangt ja an zum kochen“

Die unereichte Kultserie „Kottan ermittelt“ (1976 – 83) vom legendären Duo Helmut Zenker (Drehbuch) und Peter Patzak (Regie) gibt es jetzt endlich nach jahrelangen kindischen dummen Streitereien zwischen ZDF und ORF auf DVD. Das ist Wiener Schmäh vom Feinsten. Allerbeste Fernsehunterhaltung, begnadete Charaktere und unvergeßliche Gesichter und vor allem echte Schauspieler, von denen viele leider schon verstorben sind. Jetzt wieder auf DVD zu erleben.


„Verzeihung, i geh in mich! – Am besten bleibens a dort.“

Da kamen Marx Brothers und Monty Python zusammen, hinreißende österreichische Schauspieleroriginale, wie die unvergessene Maria Englstorfer, Luise Prasser, Bibiana Zeller, Gusti Wolf, Christiane Rücker, Carlo Böhm, Ernst Konarek, Leo Askin u.v.a. erstrahlen in altem Glanz. Was für ein Geschenk für alle TV-Freunde. Was waren das für Zeiten in den 70ern und 80ern, wo Fernsehen mehrheitlich noch richtig Spaß machen konnte!


„Na sieht`s dass`d 45 bist!“ – „Wiaso?“ – „Da Kopf wachst dir durch de Hoar.“

Ein Jammer, daß der große Charakterdarsteller Peter Vogel (Selbstmord, 1978) nur die beiden ersten Folgen bestreiten konnte; aber auch sein Nachfolger Franz Buchrieser schlüpfte bestechend gut und überzeugend in die Rolle des unverwechselbaren Major Kottan. Ein großer Fehler, wie er später bekannte, war sein Ausstieg nach der 5. Folge. Er wollte nicht auf diese Rolle allzu sehr festgelegt werden.


„Is´fett?“ – „sehr fett!“ – Entzückend!“

Später spielte er noch einmal den Kottan im 1980-er Kottan-Kinofilm „Den Tüchtigen gehört die Welt“. Eine sehr dichte und ernste Verfilmung ohne allzu viel Klamauk. Danach und für die restlichen 14 Folgen gab sich dann, der auch bei uns mehr bekannte Lukas Resetarits die Ehre. Schade, daß nach Folge sieben, die noch in richtiger Spielfilmlänge war, die nun folgenden Episoden auf 60 Minuten gekürzt werden mußten, damit sie (Kooperation mit dem ZDF) ins Sendeschema der Mainzer Derrick-Streifchen paßten.


„Schmeckt`s?“ – „I hob scho a bessere Gulasch gessen.“ – „Aber bei mir ned.“

Mit Resetarits wurde auch vielleicht die Geburtsstunde der europäischen Karaoke gelegt, denn brillanter als er imitierte niemals wieder jemand Gene Kelly, Elvis Presley, Paul, Anka, Harry Belafonte, Neil Sedaka…etc. Lippensynchron ist noch untertrieben!


„Tätest mi umbringen, wann i fremdgehn würde?“ – „Iss ja verboten!“

Wie überhaupt die Musik ein absolutes Highlight war; kaum ein Super-Oldie der 50er und 60er Jahre blieb ungespielt, wurde als Szenenkommentar eingesetzt, karaokt oder einfach als Hintergrundmusik eingespielt. Die Auswahl war stets vom Feinsten. Von anfangs gerade mal sechs Titeln steigerte sich die Anzahl in den späteren Folgen auf bald 25. Nicht nur uns Grufties der alt-68er Generation sollte bei dieser tollen Musik noch richtig warm ums Herz werden. Allein schon unter diesem Aspekt - jüngere Oldie-Fans aufgemerkt ! - ist diese DVD Kollektion ein Muß.


„…des is a Ballade – von Fontane – Dichter“ – „Angenehm – Kottan – Polizeiinspektor.“

Das Team blieb mit dem großartigen Walter Davy (Schremser), dem unvergleichlichen Curth Anatol Tichy (Schrammel) und als Polizeichef Pilch Harald von Koeppelle (1.-6.) bzw. Kurt Weinzierl (7.-19.) weitestgehend dasselbe. Bibiana Zeller spielte in praktisch allen Folgen Kottans Gattin. So konnten auch die köstlichen Running Gags beibehalten werden.


„Wir könnten in a Diskothek goan.“ – „da finden`s den Mörder?“ – „Kaum…aber mir ham jetzt scho die 6. Folge und war`n no nie in a Diskothek.“

Bis zu 1500 Beschwerden pro Film hagelte es in den ersten ORF-Folgen, so daß der Fortbestand der Serie stets gefährdet war, was allerdings das Regie-Team nicht daran hinderte beim nächsten Mal noch einen drauf zu legen.


„In drei Wochen is Ostern!“ – „Mir egal, I geh net hin.“

Oft wurden auch aus prominenten Befürwortern plötzlich Gegner, denn Zenker veränderte das Drehbuch beständig bis letztlich hin zur kompletten Farce in den letzten Folgen. Ein jeder bekam sein sprichwörtliches Fett weg. Die Serie stieg auf zu einer der meistgesehnen Sendungen im ORF und da wurde dann der Protest schon eher tolerabel.


„Das Messer is aus Taiwan!“ – „Willst a Dienstreise dorthin machen.“

Einen Riesenaufstand gab es in einer der ersten ZDF-Folgen, wo minutenlang im Untertext eingeblendet wurde: „Eilmeldung! Ufos in der Nähe von Duisburg gelandet. Näheres in den folgenden Nachrichten!“ Nie wieder hatten die ZDF-Nachrichten eine solche Einschaltquote und nie wieder war der Frust der Fernsehzuschauer ärger und wurde die ZDF-Redaktion derartig massiv beschimpft.


„I hob weiter ein Aug auf Sie, Kottan!“ – „Sinnlos, Bin lesbisch.“

Interessant ist noch, daß die ganze Serie eigentlich einem Hörspiel von 1974 entsprang, welches vom SWF und dem ORF-Landestudio unter dem Titel „Hartlgasse 16“ produziert worden war. Insbesondere die Polizeigewerkschaft bestritt heftigst, daß dies Polizeialltag sei. Später bestritten lokale Wiener Polizeigrößen dies bei den Fernsehfolgen nochmals ausdrücklich und wiederholt.

„Sie hom ka Alibi Zeit von sieben bis hoalbe neun gestern! – „Des haben vül net. Kanni jetzt gehen?“ – „Bleimma no`a wengerl sitzen“ – „Wenn´s mi so höflich bitten, von mir aus.“

Das schöne an der Serie ist, daß sie sich selbst nicht nur nicht ernst nimmt, sondern auch ständig ad absurdum führt. Zenker & Patzak karikieren Sehgewohnheiten tradierter TV-Unterhaltung, den Polizeiapparat als große Schnarchtüte des Beamtentums, bekannte und beliebte Fernsehserien und machen aus allem einen bösartigen, teilweise recht schwarzen Schabernack, der mit absoluten Top-Schauspielern praktisch zeitlos unterhält. Das ist wahre TV-Kultur - mittlerweile Kult!


„Wos mach´ns da?“ – „Wir verhaften Prostituierte!“ – „Naja a paar Hurn wern scho dabei sein.“

1983 wurde die Reihe, obwohl noch 6 Drehbücher in der Schublade lagen, eingestellt. Das Verlangen nach unverdächtiger Fernsehunterhaltung war bei den mächtigen Programmchefs doch zu groß und Mut zur Lücke gab es nicht mehr. Dallas und Abende der Volksmusik waren ab jetzt als Standardprogramm angesagt. Und seien wir ehrlich – Hand aufs Herz - Seitdem hat sich das Abendprogramm eigentlich nur noch marginal geändert, oder? Deshalb muß Kottan sein!! Dank an Eurovideo und all die fleißigen Seelen, die bei der Überarbeitung mit gemacht haben.


„Is der echt? Ka Urlaubsvertretung?“ – „Naa – den gibt`s länger wie mich.“

Die Bildqualität ist entsprechend dem TV-Standard der 70er Jahre je nach Sichtweise heimelig nostalgisch bis unterirdisch. Die Tonqualität (mono) ist absolut rauschfrei in Dolby digital überarbeitet. Das 45-minütige Extra „Kottans Kapelle“ im ersten Packerl ist einmalig und schon fast den Gesamtpreis wert. Eine der wenigen Kassetten, von denen ich vermute, daß sie in Wert und Kaufpreis in den nächsten Jahren noch steigen werden. Zur Zeit noch für rund 70 Euro (beide zusammen) bei Amazon. „Kaufen!“ brauch ich nicht zu schreiben, denn die Fan kaufens eh.


Kottan ermittelt


Akte 1 / Akte 2 (2 Kassetten)

Darsteller: Peter Vogel, Franz Buchrieser, Lukas Resetarits
Regisseur(e): Peter Patzak
Format: Dolby, HiFi Sound, PAL
Sprache: Deutsch (Dolby Digital 1.0)
Region: Region 2
Bildseitenformat: 4:3
Anzahl Disks: 4 + 4

FSK: Freigegeben ab 12 Jahren
Studio: Euro Video
Herausgekommen: Ende 2007
Spieldauer: 728 Minuten + 777 Minuten
DVD Features: Kottans Kapelle
animierter Kottan-Comic „Drohbriefe“

ausführliche Booklets mit Biographien und Hintergrundinformationen

Weitere Informationen unter: www.eurovideo.de

Und lesen sie auch: www.musenblaetter.de