Zote = Quote?

Macho, Macho – eine kleine Revue

von Frank Becker

Anja Barth - Foto © Sarah Nagelschmidt
Zote = Quote?
 
Macho, Macho – eine kleine Revue
 
Ab und zu braucht ein Theater einen Quotenbringer. Schrecklich und schade, wenn das auch ein Zotenbringer ist, den Publikumsgeschmack scheint es jedoch zu treffen. Das jedenfalls wurde bei der kleinen erotischen Revue „Macho, Macho“ deutlich, die nicht immer den guten Geschmack bediente, dem Wuppertaler Schauspiel aber volles Haus im Foyer bescherte. Nicht ganz unschuldig am zweifelhaften Erfolg dürfte die junge Anja Barth gewesen sein, die sehr großzügig mit ihren wohlgeformten rückseitigen Pfunden wucherte.
 
Sechs Stühle, fünf Spinde, ein Klavier mit Pianist (Stefan Hüfner) und sechs Damen in knapper Garderobe (Anja Barth, Melani Gärtner, Sascha Icks, An Kuohn, Andrea Witt, Ingeborg Wolff), dazu eine flotte Choreographie (Claudia Lau) und zwei Dutzend Nummern Schlag auf Schlag, mehr braucht es nicht für einen solchen Unterhaltungsabend. Doch: ein ordentliches Maß Chuzpe bei der Textauswahl seitens der Herren Joachim Kuntzsch und Holger Schulze, letzterer auch für die Inszenierung verantwortlich. Schon beim Aufmacher, einer Zote in 13 Strafen „Junge, wenn du willst, spiel auf meiner Geige“, dargeboten vom Ensemble im WSV-Dress, kam Unwohlsein auf. Das schrie förmlich nach der gelb-roten Karte, zumindest aber nach einem Elfmeter.
 
Die peinliche Plattitüden-Parade, bei der man den Eindruck nicht los wurde, daß die Damen sich nicht recht wohl dabei fühlten, hatte noch andere arg Genital-lastige Nummern, ohne die es durchaus gegangen wäre. Die Literatur bietet Geschmackvolleres. Der Song „Wie man sich bettet, so liegt man“ aus Brecht/Weills „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ (Barth) war so ein Beispiel. Dagegen wirkten die seit Ingo Appelt billiges Allgemeingut gewordenen Reizworte, vor allem Frau Icks zugemutet, befremdlich und völlig überflüssig. Daß die Künstlerinnen mehr können und das gut, wenn man sie lässt, zeigten Andrea Witt in „Einsamkeit, das ist ein Wort, bei dem ich friere...“, An Kuohn mit „Bist du einsam heut nacht?“ oder Anja Barth als rotlockige Femme fatale mit dem Couplet „Kinder, heut´ Abend da such ich mir was“.
Amüsant Ingeborg Wolffs Parodie auf „Es hängt ein Pferdehalfter an der Wand“ der Kilima Hawaiians und das Ensemble mit Reinhard Fendrichs Titelsong „Macho, Macho“, der Western-Parodie „Echte Helden“ und dem „Anton aus Tirol“, einem sonst unerträglichen Schlagerprodukt. Damit räumt man mit dem Männlichkeitswahn nachhaltiger auf, als mit der Parole „Schwanz ab!“
 
Frank Becker, 26.10.03