Punta del Hildago

An der norwestlichsten Spitze Teneriffas

von Jörg Aufenanger

Gran Canaria - Roque Nublo -
Foto: Spanisches Fremdenverkehrsamt Turespaña

Teneriffa

Punta del Hidalgo

 

Hier führt kein Weg mehr weiter, denn wir haben die nordwestliche Spitze Teneriffas erreicht. Die Dos Hermanos, die beiden Felsen-Brüder, verwehren die Fahrt, bäumen sich gegen das Meer auf, ragen wie steile Zähne in den Himmel, als wollten sie sich in ihn einbohren, scheinen auch zu wachen über das zu ihren Füßen liegende Dorf Punta del Hidalgo. 

 Finis terrae nannten die Römer solche Weltenden, wir kennen sie von den nordwestlichen Küsten Frankreichs. Hier nun ein weiteres Weltende, wo der Reisende indes das beste Klima der Insel findet. Samtweich ist die Luft und sauber gepustet durch einen stets warmen Wind. 

 An der Punta del Hidalgo ist das ganze Jahr über Frühling, nie ist es zu heiß, nie zu kalt, und so


Puerto de la Cruz -
Foto: Spanisches Fremdenverkehrsamt Turespaña
finden hier vor allem deutsche Winterflüchtige für Wochen Zuflucht. Einst ein winziges Fischerdorf, von dem noch einige in den Felsen einbettete Häuser zeugen, haben sich ihnen inzwischen eine Ferienhaussiedlung und ein langgestrecktes Appartementbuilding zugesellt. Ein einziges Hotel bettet sich in die Bucht, das natürlich den Namen „Oceano“ trägt, denn der atlantische Ozean brandet unablässig gegen das Land, selbst bei Ebbe ist er nicht zu überhören.

 Sitzt man auf der Terrasse seines Zimmers im „Oceano“, so sieht man nichts mehr als das Meer, hört nichts als das Rauschen der Wellen, das bei starkem Wind zum Toben wird. Dann sendet der Ozean einen lauwarmen Sprühregen aus, der sich wie ein Gazevorhang die Berge hoch windet. Wenden wir uns nach links, erblicken wir unter sonnenbeleuchteten Wolken das vulkanische Wahrzeichen der Insel, den 3700 Meter hohen „Pico El Teide“, den die Einheimischen liebevoll „Papa Teide“ nennen. Zu Füßen des Hotels tauchen wir ein in das in den Ozean hineingebaute Schwimmbad, in das stets frisches Meerwasser hinein schwappt, so dass dem badelustigen Gast kleine Fische das Wasser streitig machen.                                                              

 Wer hier hergefunden hat, will nichts als Ruhe und Erholung. Wir waren dem trubeligen Süden der Insel entflohen, fuhren entlang der kargen Südostküste vorüber an Urlauberbetonburgen, erreichten bei der alten Universitätsstadt La Laguna die Wasserscheide der Insel und waren erleichtert, urplötzlich ihre grüne Seite mit üppiger Vegetation vorzufinden. Die Passatwolken befeuchten das ganze Jahr über die Hänge, lassen gedeihen: Lorbeerwälder, Kakteen, Weinreben, Hibiskussträucher, Orangenhaine, Palmengärten, und Papayaplantagen.

 Dann am äußersten Ende des grünen Teneriffas: Punta del Hidalgo und das „Oceano“. In dritter Generation von der Familie Rolle geführt, die einst mit Schokolade ihr Vermögen gemacht hatte, hat sich das Hotel unter dem jungen Arzt Matthias Rolle zu einem Kurzentrum entwickelt, in dem sowohl die Seele als auch der Körper gesunden können. Zahlreiche Therapien werden hier von den Ärzten und den Physiotherapeuten angeboten, eine Gesamtkur nach F.X. Mayr, die den Körper auf natürliche Weise entschlackt und die Selbstheilungskräfte stimuliert, manuelle Therapien, aber auch Yoga, Eutonie und Chiro-Gymnastik. Hier können Leib und Geist dem Alltag wirklich entfliehen, neue Kräfte sammeln. „Gute Aussichten für die Lebensfreude“ verspricht man so erfolgreich, dass das Hotel inzwischen mehr als 70 Prozent Stammgäste verbucht.                                                                                    


Gran Canaria - Casa de Colon
Foto: Spanisches Fremdenverkehrsamt Turespaña
 Selbst am Abend wird es schwierig sein, sich in dieser Oase zu langweilen, denn ein Kultur-Programm mit Konzerten und Lesungen erquickt zusätzlich Geist und Sinne. Wer dennoch einmal dem „Hier ist ja nichts los“ entfliehen will, der fährt nach Puerto de la Cruz, bummelt über die Promenade, wandelt wie einst Alexander von Humboldt durch den Orchideengarten Sitio Litre, besichtigt die Seefahrerkapelle Santelmo, besucht den größten Papageienpark der Welt, schnuppert Stadtluft und ist dann froh, gegen Abend wieder in seinem irdischen Paradies auf  Zeit zurück zu sein.

 Wir hingegen besteigen mit einem kundigen Führer das hinter dem „Oceano“ ansteigende drei Millionenjahre alte Anaga - Gebirge, gelangen zu dem Höhlendorf Chinamada, meinen, hier ist die Welt aber nun wirklich zu Ende, denn kein Mensch ist zu sehen, sind dann ebenfalls froh, zurück zu sein, widmen uns auf der Meerblick-Terrasse des Hotels der einheimischen Küche oder genießen in der Cofradia Bar der Fischerbrüderschaft, frischen Fisch zu canarischen Kartoffeln mit Salsa rojo oder verde.

  Schon nach einer Woche in dieser stillsten Ecke Teneriffas haben wir eine Gelassenheit gewonnen, die uns fragen lässt, warum bleiben wir nicht einfach hier, doch wir wollen ja keine Aussteiger werden, sondern freuen uns bei der Rückfahrt schon auf eine Wiederkehr. Einige Tage werden wir noch auf Gran Canaria verbringen, am dessen äußersten Ende unser Freund Dietmar eine ähnliche Oase abseits vom Massentourismus versprochen hat. Nach kurzem Flug mit dem Inselhopper holt er uns am Flughafen ab, rast mit verächtlichem Blick an den Urlauberhochburgen von Maspalomas vorbei und erreicht nach einer Stunde Puerto de Mogàn.

 Auch hier führt kein Weg die Küste entlang weiter, nur in die Berge hinein. Dietmar kennt das Dorf


Gran Canaria - Las Palmas
Foto: Spanisches Fremdenverkehrsamt Turespaña
seit den 70er Jahren, als hier Aussteiger aus Europas Landen ein vermeintliches Paradies fanden. Damals, so erzählt er mit verklärten Augen, gab es hier nur wenige Häuser, die sich an den Berg klammerten und den Fischerhafen. Sein Domizil für die Wintermonate liegt an der höchsten Stelle der Felsenbucht, und vom Mirador nebenan hat man einen zauberhaften Panorama-Blick über das Meer und Puerto de Mogán. Wir wundern uns über die pittoreske Bebauung des Hafens, die an Italien denken lässt. Rafael Nevilla, ein spanischer Künstler, hat in den 80er Jahren den Hafen von der Marina gepachtet und mit flachen Häusern im venezianischen Stil bebaut. Zwischen ihnen entdecken wir Kanäle und Brücken, was in der Tat an Venedig denken lässt. Sogleich neben der Hafenmeisterei erstreckt sich in diesem Stil das Hotel „Club de Mar“, dessen Swimmingpool über einige Stufen direkt ins Meer führt. An der Hafenpromenade reihen sich Restaurants und Bars auf, unter anderem das „Casablanca“, einst gegründet von einem flüchtigen Croupier, der endlich eigenen Reibach machen wollte, oder das “Tortuga“, das ein ehemaliger Siemensmanager und Pianist aufgebaut hat.

 Doch die Zeiten haben sich auch hier geändert. Die Aussteigerszene von damals hat sich verflüchtigt oder ist dem Alkohol verfallen. Zahlreiche Festlandspanier haben den Ort inzwischen für sich entdeckt und deutsche Urlauber auch. Selbst wenn der Massentourismus hier nicht angekommen ist, so wurden in den letzten Jahren Fischer- und Herrenhäuser im Kolonialstil abgerissen und durch Appartementhäuser ersetzt, das Grab der Guanchen direkt am Strand wurde zugemauert, das Tal mit einem Hotelkomplex bebaut, dem luxuriösen „Cordial Mogán Playa“, der sich indes angenehm in die Landschaft einfügt und mit einem neu errichteten exotischen Garten Paradies vortäuscht.


Blick auf den Teide - Foto: Spanisches Fremdenverkehrsamt Turespaña

 Unter allen am Meer gelegenen Orten Gran Canarias ist Puerto de Mogán der beschaulichste und gelassenste Fleck der Insel geblieben. Im Gegensatz zu Punta del Hidalgo ist hier abends auch was los, wenn wir uns bei Claudio im „Jack el Negro“ treffen oder im „Bohemia“, wo wir nicht nur ein wenig Bohème spielen und einen Drink nehmen, sondern mitten in der Bar auch Tischtennisspielen können.

  Am Morgen vor unserer Abreise erklettern wir mit unserem Freund den Bergkamm und erblicken von dort aus wehmütig den Teide von Teneriffa im Glanz der frühen Sonne. Drehen wir uns wieder um, liegt die Bucht von Puerto de Mogán noch ganz unberührt da.                                  

Flüge nach Teneriffa mit Air Berlin – Tui- Fly u. a.
Vom Flughafen nach Punta del Hidalgo mit dem Taxi

Hotel Oceano Punta del Hidalgo
www.oceano.de - hotel@oceano.de  - Oceano Urlaubsservice:08721/9688-0

Hotel Club de Mar Puerto de Mogán     www.hotelpuertodemogan.com
reservas@hotelpuertodemogan.com       Tel. 0034928565066
Hotel Cordial Mogán Playa       www.cordialcanarias.com
Beide auch über Tui zu buchen
Informationen: www.Spain.info  oder 06123/99134


© Jörg Aufenanger, Erstmals erschienen am 2.2.08 in der Frankfurter Rundschau