Hanebüchen

Christoph Gottwald – „Melatenblond“

von Ludwig Lenis

Hanebüchen
 
Es wird nach einem happy end
im Film jewöhnlich abjeblendt.
Man sieht bloß noch in ihre Lippen
den Helden seinen Schnurrbart stippen --
da hat sie nu den Schentelmen.
Na, un denn --?
(Kurt Tucholsky)
 
Leute, ich hab ja nichts gegen blühende Phantasie, auch bei Krimis. Was Christoph Gottwald aber in seinem Roman „Melatenblond“ zusammenrührt, ist dann doch ein Portiönchen zuviel. In Berlin, wo der Roman noch vielversprechend seinen Anfang nimmt, treibt der frühere Personenschützer Karol Stanjek schlaflos durch die langen Großstadtnächte, ein von seiner Vergangenheit gehetzter Ahasver. Er beschützt heimlich Frauen, die allein unterwegs sind, weil er sich aus sehr persönlichen Gründen verantwortlich fühlt. Ein origineller Handlungsstrang, der es verdient gehabt hätte, weiter verfolgt zu werden. Doch Gottwald schneidet diesen interessanten Faden ab, in dem er Karol eine, nein, zwei falsche Entscheidungen treffen läßt, die ihn zur Flucht aus Berlin zwingen. Karol verläßt die Stadt in Richtung Köln (deshalb auch Köln Krimi)
 
Der Autor greift nun tief zurück in die turbulente und arg konstruierte Vergangenheit, in der Karol noch Manni Thielen hieß und in Köln lebte. Vor fünfundzwanzig Jahren hatte er dort zwei Kölner Gangsterbosse ermordet, weil er glaubte, sie wären verantwortlich für den Tod seiner fünfjährigen Tochter Marie gewesen. Aber dieser Doppelmord war ein fataler Fehler, denn Marie lebt und ist damals mit ihrer Mutter untergetaucht. Heute arbeitet sie unter anderem Namen als Kriminalkommissarin bei der Kölner Kripo, im Kommissariat „Organisiertes Verbrechen“, KK2. Karol/Manni nimmt ihre Spur auf – und von da an wird die Geschichte mit allerlei kruden Rückblenden und Nebensträngen so abgedreht, daß man trotz der gut aufgebauten Spannung und den sympathischen Hauptfiguren Manni/Karol, Marie/Lotta, Gangster Paolo Sandini und Hauptkommissar Köhler und ein ums andere Mal schier die Hände über dem Kopf zusammenschlägt. Liest sich zwar weg wie nix, ist aber inklusive Happy End und an den Haaren herbeigezogenem Titel einfach zu hanebüchen.
 
Christoph Gottwald – „Melatenblond“
Köln Krimi
© 2018 Emons Verlag, 383 Seiten, Broschur, 13,5 x 20,5 cm - ISBN 978-3-7408-0447-3
12,90 € [D] , 13,30 € [AT]
Weitere Informationen: www.emons-verlag.de