Mr. In-Between
Musikalische Grenzgänge sind populär, nichts ungewöhnliches und es hat sie schon immer gegeben. Klassische Pianisten versuchen sich in der leichteren Muse, Pop-Sänger im Jazz, Opernsänger im Musical. Häufig gelingen diese Versuche nicht - manchmal jedoch mit Bravour. "The Jazz Album - Watch What Happens" mit dem Bariton Thomas Quasthoff gehört zu den Glücksfällen. Hier hat sich ein klassischer Bariton, dessen Œuvre sich von Bach bis Dvorak, Mozart, Schubert und Liszt, von Reger und Strauss bis Lortzing und Wagner erstreckt, nach 2004 (Jazzkonzert in der Philharmonie Berlin) zum zweiten Mal den Jazz vorgenommen und zeigt Leichtgewichten des Genres, wo Bartel den Most holt. Soviel Jazz wie Quasthoff in seinem neuem Album präsentiert, möchte mancher "hauptberufliche" Jazzer gerne haben. Quasthoff hat ihn - mit erlesener Unterstützung. Chuck Loeb an der Gitarre, Dieter Ilg am Kontrabaß, Alan Broadbent am Klavier, Frank Chastenier am Fender Rhodes und nicht zuletzt Produzent Till Brönner an der Trompete veredeln neben den hervorragenden Brass- und Reed-Sections des Deutschen Symphonie-Orchesters unter Nan Schwartz Quasthoffs Jazz-Manifest der Sonderklasse. Ein Dutzend Standards aus dem American Songbook haben Nan Schwartz und Alan Broadbent für großes Jazz-Orchester, Solo-Instrumente und Thomas Quasthoffs kraftvoll weichen Bariton neu arrangiert - und bei der Auswahl Fingerspitzengefühl bewiesen. Es ist ein wahres Bilderbuch geworden, Seite für Seite ein Genuß, vom blitzsauber swingenden Opener "There´s A Boat That´s Leavin´ Soon For New York", über den u.a. durch Frank Sinatra bekannt gewordenen Hit "Watch What Happens" und das einst von den Lettermen und Billy Stewart unvergleichlich interpretierte "Secret Love" bis zu Frederick Loewes "I´ve Grown Accustomed To Her Face" aus dem Musical "My Fair Lady" - mit Chuck Loeb an der Gitarre, Fiete Felsch an der Flöte und dem Swing von Alan Broadbent am Klavier (nur) eins von einem Dutzen + 1 Highlights dieses Albums. Mit dem passenden Hauch Ironie stattet Quasthoff "Can´t We Be Friends?" aus. Wer hätte nicht schon aus Frauenmund diesen schmerzlichen Satz am Ende einer Beziehung gehört? Chaplins "Smile" ist dabei, "My Funny Valentine" von Rodgers/Hart, hundertfach interpretiert, hier noch einmal besonders unter die Haut gehend. Als schwungvollen Anhang hat Quasthoff mit einer Verneigung vor der großen Hildegard Knef Charly Niessens "Eins und Eins, das macht Zwei" aus dem Nora-Film "Das große Liebesspiel" an den Schluß gestellt. Es berührt besonders, daß Quasthoffs Interpretation auch einen anderen Großen des deutschen Jazz - Wolfgang Sauer (*1928) - erinnert. Thomas Quasthoffs Grenzgang ist zum zweiten Mal gelungen. Er ist ein veritabler "Mr. In-Between" und seine Zukunft, hofft der Jazz-Freund, wird von nun an nicht nur dem "klassischen" Liedgesang gehören. |
Cover-Foto © Jim Rakete Thomas Quasthoff The Jazz Album Watch What Happens Thomas Quasthoff - vocals Alan Broadbent - piano Frank Chastenier - fender rhodes Chuck Loeb - guitar Karl Schloz - rhythm guitar Dieter Ilg - bass Peter Erskine - drums Till Brönner - trumpet Reeds: Fiete Felsch (as, fl), Andreas Maile (ts, cl), Marcus Bartelt (bs, bcl), Gary Foster (as) Brass: Axel Schlosser (tp, flh) Ruud Breuls (tp, flh), Günter Bollmann (tb), Uli Plettendorff (tb), Richard Todd (frh) Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, conducted by Nan Schwartz Produced by Till Brönner + Hartmut Bender for Deutsche Grammophon (P) + © Deutsche Grammophon Titel: 1. There´s A Boat That´s Leavin´ Soon For New York 2. Watch What Happens 3. Secret Love 4. You And I 5. Ac-Cent-Tchu-Ate The Positive 6. I´ve Grown Accustomed To Her Face 7. Can´t We Be Friends? 8. Smile 9. They All Laughed 10. My Funny Valentine 11. What Are You Doing The Rest Of Your Life? 12. In My Solitude 13. Eins und Eins, das macht Zwei Gesamtzeit: 54:34 Weitere Informationen unter: www.deutschegrammophon.com www.thomas-quasthoff.com www.bambammusic.com |