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 Mozart über die Hintertreppe (2. Teil) Mozart und die Frauen Die   wichtigsten Frauen im Leben Wolfgang Amadeus Mozarts sind seine Mutter,   seine Schwester Nannerl, seine Kusine, das Bäsle aus Augsburg, Aloiysia   Weber, die er zuerst liebte, deren Schwester Konstanze Weber, die er   geheiratet hat und Magdalene Hofdehmel, seine Geliebte im Jahre seines   Todes 1791. Das sind anscheinend bei weitem nicht alle. Mozart schreibt:   „ wenn ich alle die heirathen müßte mit denen ich gespaßt habe, so   müßte ich leicht 200 frauen haben (FH S. 57) Mozarts Mutter Maria Anna starb am 3.Juli 1778 mit 58 Jahren in Paris. Über sie weiß man wenig. Ob sie musikalisch war? Immerhin gibt es ein Bild (FH S. 76) das sie mit Wolfgang am Klavier sitzend zeigt. Leopold und Maria Anna galten in ihrer Zeit als das schönste Ehepaar in Salzburg. Der Mozart-Biograph Jahn (S. 18 Band I) glaubt, ihren Briefen und Berichten über sie entnehmen zu können, daß sie eine „Frau von großer Gutmütigkeit und voll Liebe für die Ihrigen“ war, ohne bedeutend gewesen zu sein. Sie scheint gegenüber dem pedantischen und ernsten Vater eher mehr Sinn für Heiterkeit und Lebensfreude gehabt zu haben, eine Neigung zu derben Späßen eingeschlossen. In dieser Hinsicht war Mozart ihr echter Sohn. Das Verhältnis Wolfgangs zu seiner Mutter war sicher gut. Immerhin begleitete sie ihn auf der Reise nach Paris 1777-1778. Vor ihrem Tode in Paris schrieb der 22-jährige Mozart an seinen Vater:              Paris le 3 de julliet 1778 „Monsieur mon tres cher pere! Ich habe ihnen eine sehr unangenehme und trauerige Nachricht zu geben….Meine liebe Mutter ist sehr krank, sie hat sich, wie sie es gewohnt war, adergelassen, …doch einige Tage danach klagte sie frost und auch gleich hitzen- bekam den durchlauf, kopfwehe - anfangs brauchten wir unsere hausmittel, antispasmodisch Pulver, wir hätten auch gerne das schwarze gebraucht, es mangelte uns aber und wir konnten es hier nicht bekommen, es ist unter dem namen Pulvis epilepticus nicht bekandt...ich bin nun schon lange Tag und nach zwischen forcht und hofnung-ich habe mich aber ganz dem in den willen gottes gegeben. Und hoffe sie und meine liebe schwester werden es auch tun.; was ist denn sonst für ein Mittel um ruhig zu sein?- ruhiger sage ich, denn ganz kann man es nicht sein.-ich bin getröstet, es mag ausfallen, wie es will - weil ich weis, daß es gott, der alles, wenn es uns noch so quer vorkömmt zu unserem besten anordnet, so haben will; denn ich glaube und dieses lasse ich mir nicht ausreden, daß kein doctor, kein Mensch, kein Unglück kein Zufall einem Menschen das leben geben, noch nehmen kann, sondern gott allein. – das sind nur die Instrumenten, deren er sich meistentheils bedient – und auch nicht allzeit – wir sehen ja leute umsincken, umfallen und tot sind – wenn einmal die Zeit da ist, so nutzen alle mittel nichts, sie befördern eher den Tod als daß sie ihn verhindern ....ich sage dessentwegen nicht daß meine Mutter sterben wird und sterben muß, daß alle Hofnung verloren sey- sie kann frisch und gesund werden, aber nur wenn gott will... haben wir unser vertrauen auf auf gott und trösten wir uns mit dem Gedanken, daß alles gut gehet, wenn es nach dem willen des allmächtigen geht..... l W.A. war bei ihr, als sie starb und hielt Hände. (Brief an Abbe Bullinger vom 3.7.1778, Kurt Pahlen S. 212). Als er den Brief schrieb, war seine Mutter schon tot. Mit der Schilderung ihres Zustandes wollte er den Vater schonend vorbereiten. Vater Mozart wollte aus  seinen   begabten Kindern Kapital schlagen, und es ist nach wie vor sehr   erstaunlich, daß die sicher zunächst vom Ergeiz des Vaters gesteuerte   extensive musikalische Bildung die Beziehung der Beteiligten nie   ernsthaft bedroht hat. Wolfgang hat zu seiner Schwester anscheinend   immer ein kameradschaftliches geschwisterliches Verhältnis gehabt. Er   hat ihr von seinen Reisen nach Italien Briefe geschrieben, die auch   Rückschlüsse zulassen, wie spielerisch Wolfgang als Kind komponiert hat.   Er schrieb ihr 1771 aus Mailand über die dortigen Wohnverhältnisse: „oben unser ist ein violinist, unten unser auch einer, neben unser ein singmeister der lection gibt, in dem letzten Zimmer gegen unser ist ein hautboist, daß ist lustig zum Compnieren! Giebt einem viel Gedanken!“ Wolfgang ist also durch dieses musikalische Durcheinander rund um seine Wohnung nicht gestört sondern angeregt. 1773 schrieb er an seine Schwester: „hodie nous avons begegnet per strada Dominum Edlebach, welcher uns di voi compliments ausgerichtet hat, et qui sich tibi e ta mere Empfehlen läßt Adio“ Aus solchen Briefen scheint eine lustige Grundstimmung hervor, wie auch aus dem berühmten Gedicht, welches er am 18.8.1784 zu Nannerls Hochzeit gedichtet hat: Du wirst im Ehstand viel erfahren , was Dir ein halbes Rätsel war; bald wirst Du aus Erfahrung wissen, wie Eva einst hat handeln müssen, daß sie hernach den Kain gebar. Doch Schwester diese Ehstands Pflichten wirst Du von Herzen gern verrichten, denn glaube mir sie sind nicht schwer, Doch jede Sache hat zwo Seiten. Der Ehestand bringt zwar viele Freuden allein auch kummer bringet er. Drum wenn Dein Mann dir finstre Mienen. die du nicht glaubest zu verdienen in seiner üblen Laune macht: So denke, das ist Männergrille und sag Herr es gescheh Dein Wille bei Tag und meiner bei der Nacht. Im Okt.   1777 lernt Mozart auf der Reise mit seiner Mutter nach Paris in Augsburg   seine zwei Jahre jüngere Cousine Maria Anna Thekla Mozart kennen, mit   der er sich sehr schnell sehr gut versteht. Er schreibt seinem Vater am   17.10.1777  … dann man muß ganz aufgeheitert   sein, wenn man sie recht loben will, wie sie es verdient. den 17. in  der  frühe schreibe und beteuere ich daß uns bäsle schön, vernünftig,   geschickt und lustig ist.. sie war auch einige Zeit zu München. das ist   wahr. Wir zwei taugen recht zusammen; dann sie ist auch ein bißchen   schlimm, wir foppen die Leute mit einander, daß es lustig ist (Gestern   hat sie sich mir zu Gefallen französisch angezogen. Da ist sie um 5%   schöner. „wenn Sie lieben. was ich liebe, lieben sie sich selbst Ihr sehr ergebener Vetter Wolfgang Amadeus Mozart“ (Eintragung Mozarts auf französisch in das Tagebuch seiner Cousine Maria Anna Thekla Mozart am 25.10.1777).      Die   Bäsle-Briefe sind berühmt für ihren stellenweise analerotischen   Charakter. Man könnte umfangreich nur über diese Briefe berichten. Ihre   Derbheit ist gewöhnungsbedürftig. Sie standen Pate bei der   Charakterisierung Mozarts als ständig zotenreißendes, meist furzendes,   jedenfalls stets alberndes Genie in dem berühmten Film „Amadeus“ (von   Milos Forman nach der Biographie Hildesheimers und dem Theaterstück   „Amadeus“ von Peter Shaffer). Seiner Cousine hat er im Brief  Gute Nacht mit den Worten gewünscht: „Schlaf recht gsund und reck den Arsch zum Mund“.  Dieser   Text findet sich auch in dem Gute-Nacht-Kanon „Bona nox bist a rechter   Ochs“ wieder. Jedenfalls haben sich Mozart und seine Cousine sehr   gemocht und viel Spaß miteinander gehabt. Außerdem sind es Privatbriefe,   die nicht für eine Veröffentlichung gedacht waren.  Nach der Affäre in Augsburg  reist   Mozart auf dem Weg nach Paris weiter über Mannheim, wo er sich  wirklich  und unsterblich in Aloyisia Weber verliebt, die zweitälteste  Tochter  des  Notenkopisten Fridolin Weber, der  insgesamt vier Töchter hatte. Der  Bruder dieses Notenkopisten war  Hofkapellmeister in Eutin und der Vater  von Carl Maria von Weber. (FH  S. 65). Aloysia war wie ihre Schwestern  Sängerin und hatte eine sehr  schöne Stimme. Mozart hat für sie  verschiedene teils hoch virtuose  Konzertarien geschrieben. Zum Entsetzen  des Vaters, der um die Karriere  seines Sohnes durch eine Mesalliance  mit diesem mittellosen Mädchen  fürchtet, plant Mozart mit der Familie  Weber für die er Feuer und  Flamme ist,  Reisen  nach Italien, wo er die  sängerische Karriere von Alyoisia befördern  will. Auch Reisen mit den  Webers nach Holland und in die Schweiz werden  ins Auge gefaßt. Vater  Mozart hält seinem Sohn im Brief vom 12.2.1778  eine Standpauke. Nach  dem er von den Plänen seines Sohnes Kenntnis  genommen habe, habe er die  ganze Nacht nicht schlafen können. Ob er von  einem Weibsbild  eingeschläfert in einer Stube voll „nothleidender Kinder  auf einem  Strohsack“ seine Zukunft sehe? „Liebster Sohn, wie kannst  du dich  von so einem abscheulichen dir zugebrachten Gedanken auch nur  auf eine  Stunde einnehmen lassen. Dein Brief ist wie ein Roman  geschrieben. Fort  mit Dir nach Paris und das bald. setze dich großen  Leuten an die  Seite, Von Paris aus geht der Ruhm und Name eines Mannes  von großem  Talent durch die ganze Welt“ (KP 201). So fährt Mozart  ziemlich  mißmutig mit seiner Mutter weiter nach Paris, wo sie im Juli  1778  stirbt. Aloysia beendet die Affäre und heiratet 1780 den  Schauspieler  Josef Lange (der den ersten Hamlet im Wiener Theater  spielte und die  bekannten Mozart-Gemälde schuf). Wolfgang und Aloysia  verloren sich  aber nicht aus den Augen: Mozart schrieb noch weitere  herrliche  Konzertarien für sie, und 1783 spielten sie im Fasching  gemeinsam in  einer Pantomime (FC S. 50).        Nach   seinem Umzug nach Wien 1781 traf Mozart in Wien wieder auf die Familie   Weber. Vater Weber war inzwischen verstorben und Mozart nahm seine   Wohnung bei der dem Alkoholgenuß wohl nicht abgeneigten Mutter Weber mit   ihren vier Töchtern. Vater Mozart war erneut entsetzt. Wolfgang   arbeitete an der „Entführung“ und wandte sich der vierten Weberschen   Tochter, seiner späteren Frau Konstanze zu. Unter bürgerlichen   Gesichtspunkten ist die Enttäuschung Vater Mozarts vielleicht zu   verstehen. W.A. Mozart war 25 Jahre alt, bewegte sich in den höchsten   Kreisen Wiens, war ein erfolgreicher Virtuose und Komponist.  Die reichste und schönste junge Frau Wiens wäre nach dem Willen des Vaters für ihn gerade geeignet und passend gewesen.          Mozarts Liebe zu Konstanze war in Wien bald stadtbekannt und es   wurde erzählt, daß Mozart Konstanze heiraten wolle. Etwas merkwürdig   mutet an, daß der Vormund Konstanzes, der Finanzdirektor des Wiener   Nationaltheaters, Mozart einen Vertrag zur Unterschrift vorlegte, in   welchem sich Mozart verpflichtete, 300 fl (Gulden) pro Jahr an Konstanze   zu zahlen, wenn er sie nicht innerhalb von 3 Jahren heirateten würde.   Konstanze zerriß diesen Vertrag. Sie brauche keine schriftliche   Versicherung, sie glaube seinen Worten. Wolfgang sprach von seinem   himmlischen Mädchen. Leopold Mozart aber schrieb seinem Sohn, „er  (der  Finanzdirektor ) und Mutter Weber sollten in Eisen geschlagen Gassen kehren und am Halse eine Tafel tragen mit den Worten: Verführer der Jugend“.       In   welchem Maß Konstanze Mozart liebte, ist nicht bekannt. Mehrfach sagte   sie ihm, daß sie ihn nicht heiraten könne, wobei sie einen Grund nicht   angab. Mozart war eifersüchtig und machte ihr heftige Vorwürfe, weil sie   berichtet hatte, daß sie sich von einem Kavalier die Waden habe messen   lassen. Das Wadenmessen oder Schenkelmessen mit den Händen war wohl  kein  ganz harmloses Spiel, vor allem auch, wenn man bedenkt, daß Frauen  und  Mädchen gemäß der damaligen Mode zwar knöchellange Unterröcke aber  keine  Unterwäsche trugen. Es gibt von Casanova (Günter G. Bauer, S.  230) in  seinen Lebenserinnerungen eine Beschreibung dieses  Gesellschaftsspiels.  Konstanze befand sich damals eine Weile in der  Gesellschaft der Baronin  Waldstätten, wo anscheinend solche Spiele en  vogue waren. Als Mutter  Weber androhte, sie mit der Polizei nach Hause  zu holen, entschloß sich  Mozart zur Hochzeit und heiratete Konstanze am  14. August 1782 im  Stephansdom. Einem Tag nach der Hochzeit traf auch  die Zustimmung von  Vater Leopold per Brief ein. Von Vater Leopold und  Schwester   Nannerl wurde Konstanze jedoch nie richtig akzeptiert. Darunter hat   Mozart wohl gelitten. Die Vorstellung, daß er die Auseinandersetzung mit   seinem Vater im Don Giovanni künstlerisch bearbeitet hat, hat viel für   sich. Die Ermordung  des Komturs (des Vaters) in   der Oper schreit geradezu nach einer psychoanalytischen Deutung.   Jedenfalls wird eine solche autobiographisch psychoanalytische Deutung   der Vaterfigur auch in dem Theaterstück „Amadeus“ von Peter Shaffer   nahegelegt. Wahrscheinlich hat Konstanze, gedrängt von ihrer Mutter, mit   Berechnung den jungen und erfolgreichen Komponisten geheiratet.   Das   Verhältnis der beiden war zunächst auch nicht schlecht. In den letzten   Jahren seines Lebens aber beklagt sich Mozart zunehmend über das   Benehmen seiner Frau und über Geldmangel. Außerdem komponiert er seit   1788 weniger. Unter den letzten 15 Jahren seines Lebens ist 1789 ist das   einzige, in welchem er weder Konzert noch Sinfonie komponiert hat.   Lediglich die Uraufführung der Oper „Cosi fan tutte“ fand am 26.1.1790   in Wien statt. Ob die nachlassende Produktivität Mozarts in seinen   letzten Jahren Folge des Verhaltens seiner Frau und Folge des   Geldmangels sind?  Darüber   ist immer heftig spekuliert worden. 1789 schrieb Mozart an seine Frau,   die wieder mal in Baden bei Wien zur Kur weilte: „…mich freut es ja, wenn Du lustig bist  - gewiss - nur wünschte ich, daß Du Dich bisweilen nicht so gemein machen möchtest – mit  (...) machts Du mir  zu   frei ... ebenso mit (...) als er noch in Baden war, erinnere Dich nur,   daß Du mir einmal selbst eingestanden hast, daß Du zu nachgeben seist…   quäle Dich und mich nicht mit unnötiger Eifersucht“.       Nach   Mozarts Tod hat Konstanze bekannt, daß er ihr nicht immer treu gewesen   sei. Eine Mätresse zu haben, war in Mozarts Kreisen zu jener Zeit   durchaus üblich. Sein Geldmangel könnte hierher rühren. Darauf komme ich   aber noch einmal zurück. 1789 jedenfalls hatte die 23 Jahre alte,   offenbar sehr hübsche Magdalena Hofdemel  Klavierunterricht   bei Mozart. Konstanze war oft wieder zusammen mit Mozarts Schüler   Süßmayer in Baden, wovon Mozart nicht weiter beeindruckt zu sein schien   und in Briefen auch fragte, ob sie nicht länger in Baden bleiben  wollte,  was ihm vielleicht entgegen gekommen wäre, wenn er selbst in  eine  andere Frau verliebt war. Konstanze gebar am 26. Juli 1791 einen  Sohn,  der Franz Xaver  Wolfgang genannt wurde.  Franz  Xaver sind die Vornahmen des Mannes, der möglicherweise der Vater  war.  Das am 26.Juli 1791 geborene Kind war Ende Oktober 1790 empfangen   worden, als Mozart auf der Reise nach Frankfurt war. Vielleicht ist  das  Kind aber auch 14 Tage zu früh gekommen. Mozart hatte an seiner   Vaterschaft anscheinend keinen Zweifel. Das Ereignis dieser Geburt wird   andererseits in Briefen Mozarts nicht erwähnt. Überhaupt gibt es eine   Pause im Briefwechsel im Sommer 1791. Anfang August 1791 muß Magdalena   Hofdemel wiederum ihren zweiten Sohn empfangen haben, der am 10.5.1792   geboren wurde. Ihr Mann war damals schon tot. Er hatte einen Tag nach   dem Tode Mozarts nach lautem Wortwechsel seine Frau blutig verletzt und   danach Selbstmord begangen. Die junge Frau Hofdehmel konnte also im Mai   1792 die Namen ihres Kindes selbständig und alleine festlegen. Sie   nannte ihren Sohn Johann Alexander Franz. Alexander Franz nach dem   Paten. Und Johann ist der erste Name W.A. Mozarts. Wie es wirklich war,   kann ich Ihnen nicht sagen. Mit diesen Bemerkungen sind wir über die   Hintertreppe tatsächlich weit in das Privatleben Mozarts eingedrungen.   Hätte sich tatsächlich alles so abgespielt, wie in den Spekulationen der   Literatur, so hätte die 1790 uraufgeführte Oper „Cosi fan tutte“   durchaus autobiographischen Charakter.    Mozart und sein gesellschaftliches Leben Mozart   war ein Spieler sozusagen von Grund auf und in jeder Hinsicht: Er   spielte virtuos auf verschiedenen Instrumenten, als Komponist spielt er   mit seinen musikalischen Einfällen und seinen musikalischen Späßen. Er   komponierte ein musikalisches Würfelspiel und liebte das Singspiel auf   der Bühne (also die Oper). Er liebte das Kegeln und das Billardspiel.  Er  spielte Karten und Glücksspiele. Er  liebte Wortspiele und vor allem aber das Bölzelschießen. Jetzt aber der Reihe nach. Das 18.   Jahrhundert war eine Blütezeit der Spiele. Jedes Kaffeehaus hatte   Billardtische, jedes Gasthaus Kegelbahnen. 1756, im Geburtsjahr Mozarts,   erschien das zweibändige Spielanleitungswerk: „ Die Kunst der Welt   erlaubt mitzunehmen in den verschiedenen Arten der Spiele so in der   kayserlich-königlichen Residenzstadt Wien üblich sind“. Darin werden 27   Kartenspiele mit allen Regeln beschrieben. In der Graphiksammlung des   Instituts für Spielforschung und Spielpädagogik des Mozarteum Salzburg   finden sich die Preislisten und damals gültigen Spielverbote von   Glücksspielen sowie die Strafen, die bei Überschreitung derselben   drohten. Wie groß das Spielproblem im 18. Jh. War, erkennt man auch   daran, daß der aufgeklärte Joseph II. 1784 die Glücksspielgesetze   erneuerte. Diese betrafen ausdrücklich auch solche Spiele, die in den   Tagebüchern Nannerls und in Mozarts Briefen erwähnt werden. Spieler und   Wohnungseigentümer wurden mit einer Strafe von bis 300 Dukaten belegt,   das sind 1.400 Gulden . Ein Handwerker konnte damals 20 Gulden im Monat   verdienen (GB S. 135). Mozart spielte viel und ständig, ließ sich aber dadurch nicht vom Komponieren abbringen. Das berühmte Kegelstatt-Trio  entstand   auf der Kegelbahn. 1787 komponierte Mozart während des Kegelspiels im   Garten seines Freundes Duschek mehrere Stücke zu der Oper Don Juan.  Wenn  die Reihe des Spiels ihn traf, stand er auf. Allein, kaum war dies   vorüber so arbeitete er sogleich fort, ohne sich durch Sprechen und   Lachen gestört zu fühlen (GB S. 182). Mozart   spielte begeistert Billard. In seinen letzten Wohnungen hatte er ein   eigenes Billardzimmer. Das Billardzimmer seiner letzten Wohnung wurde   nach seinem Tode von Mobilienschätzmeistern geschätzt und war mit 64   Gulden mehr wert als die gesamte übrige Hauseinrichtung, einschließlich   des Klaviers.      Spiele Würfelspiele als Kompositionshilfen waren im 18. Jahrhundert in ganz Europa durchaus üblich. Von Mozart gibt es ebenfalls eine solche Spielerei (KV 516), bei der die gewürfelten Augenzahlen in Verbindung mit gezogen Kärtchen (die Takten entsprechen) zu einem Musikstück führten. Mozart hat für jeden Takt 11 Varianten geschrieben (entsprechend 11 Möglichkeiten bei zwei Würfeln), die miteinander harmonierten, so daß durch Würfeln ein „mozartisch“ klingendes Musikstück entstehen konnte. Bölzelschießen Für die   Familie Mozart in Salzburg war das Bölzelschießen mit anschließendem   Kartenspiel eine wichtige gesellschaftliche Aktivität und regelmäßiges   Sonntagsvergnügen. Dabei gab es feste Gesellschaften, Männer und Frauen   gemischt, die erst schossen und anschließend spielten. Das ganze fand  in  Gasthäusern oder in größeren Zimmern statt. Spielgesellschaften und   Gesellschaftsspiele waren neben Bällen in einer Zeit strenger   Geschlechtertrennung die Möglichkeit eines gleichberechtigten Umgangs   von Mann und Frau. Bölzelschießen war anscheinend das Dartfieber des 18.   Jahrhunderts.  Beim   Bölzelschießen handelt es sich um das Schießen mit einem Luftgewehr auf   eine Schießscheibe. Die Schießscheiben wurden teilweise selbst bemalt   oder auch mit Gedichten versehen. In knapp 100 Mozartbriefen wird über   das Bölzelschießen berichtet. Beim Bölzelschießen wurde um Geld   geschossen. Der erste Preis wurde vom sogenannten Bestgeber gestiftet,   der „den Preis zum Besten gab“. Wie stark   das Bölzelschießen als Familienaktivität verankert war, wird in dem   berühmten Brief deutlich, den Vater Mozart am 13.Juli 1778  an seinen Sohn nach Paris geschrieben hat, nachdem er den schlechten Gesundheitszustand seiner Frau in Paris erfahren hatte: „Dieses   schreibe ich um halbe 4 Uhr Nachmittags. Ich weis nun, daß meine liebe   Frau im Himmel ist. Ich schreibe es mit weinenden Augen, aber mit   gänzlicher Ergebung in den göttlichen Willen! Da gestern Kirchwey bei   der heiligen Dreifaltigkeit war, so wurde unser gewöhnliches   Bölzelschießen  auf heute verschoben. Ich konnte   und wollte es wegen dem betrübten Briefe so späth nicht mehr absagen   lassen. Wir aßen wenig…..“ Der Brief geht noch weiter. Eigenartig, daß er das Bölzelschießen nicht einfach absagte. Aus den   Äußerungen über das Bölzelschießen in den Briefen geht hervor, daß W.A.   Mozart sehr gerne beim Bölzelschießen mitgemacht hat und ein schlechter   Schütze gewesen ist. Mozarts Kartenspiele Mozart   war nach dem Zeugnis seiner Frau (G.N. Nissen: Biographie W.A. Mozarts   1828) nicht nur ein begeisterter Billardspieler, sondern auch ein   leidenschaftlicher Kartenspieler. In den Mozartbriefen sind sieben   Kartenspiele erwähnt: Tarock, Tresettee, Mariage, Brandeln Schmieren,   Nain jaune und Halb zwölf. Wahrscheinlich beherrschte er aber 14   verschiedene Kartenspiele inklusive auch verbotener Hasardspiele. Schon   als Kind wird Mozart Umgang mit Kartenspielen gehabt haben. Belegt ist   dies aus einer Tagebucheintragung seiner Schwester Nannerl von 1767.   Damals erkrankte der 11-jährige Wolfgang an den Blattern, brauchte   Schonung und Beschäftigung. „Der Hofkaplan von Olmütz besuchte uns   täglich, dieser war in Karten Künsten sehr geschickt, mein Bruder lernte   sie mit vieler Behendigkeit von ihm“. (Bauer S 114) Es ist   belegt, daß Mozart zeitweise täglich mit seiner Familie, seinen   Freunden, seinen Gönnern spielte. Da er als Musiker (Dirigent,   Komponist, Virtuose) in adeligen und großbürgerlichen Kreisen verkehrte,   könnte er sich auch den gesellschaftlichen Gepflogenheiten dieser   Kreise angepaßt haben und dort mitgespielt haben. Hohe Verluste bei   solchen Glücksspielen könnten den Verbleib seiner beachtlichen   Konzerteinnahmen und der Kredite seiner Freunde (Puchberg, Lichnowski,   Lackenbacher) erklären. 1787-1791 hatte Mozart Einnahmen von 11.610   Gulden (inkl. seines kleinen Erbes nach dem Tod seines Vaters) und bei   seinem Tod einen Schuldenberg von 5.000 Gulden. Ein bürgerlicher   Haushalt kam mit 1.000 Gulden pro Jahr gut aus. Es bleibt natürlich   spekulativ, ist aber auch nicht abwegig, daß Spielschulden für die   katastrophale Liquidiät Mozarts in seinen letzten Jahren verantwortlich   gewesen sein könnten.              Während   Bach und Haydn persönlich und politisch in stabilen Verhältnissen als   Thomaskantor bzw. fürstlicher Kapellmeister lebten, ist Mozart der   Musiker, der nie eine „anständige“ berufliche Stellung erreichte, der   als freier Musiker und Komponist sich selbst finanzieren mußte, dem,   wenn man so will, als erstem bürgerlichen Musiker die existentielle   Grundlage einer Anstellung schon vor der französischen Revolution nicht   mehr vergönnt war. Im Ringen um die Existenz wie um künstlerischen   Ausdruck wird Mozart von Beethoven und Schubert abgelöst. Ich muß selbstverständlich mit Mozart schließen und zitiere: „daß   es eine sehr große Kunst sei wohl und schön zu reden aber vielleicht   eine nicht minder große, zur rechten Zeit aufzuhören“. Diesem Rate will ich artig folgen und ein Ende machen. Quellen: GB Günter  G. Bauer:  Mozart: Glück Spiel und Leidenschaft. KP Kurt Pahlen: Das Mozartbuch FH Fritz Hennenberg Wolfgang Amadeus Mozart FC Francis Carr: Mozart und Konstanze C. Franzen: Krankheit und Tod Wolfgang Amadeus Mozarts. Mediz. Klinik 2006, 101, 761-772 Nachtrag: Ein Tagebuch Mozarts von eigener Hand gibt es natürlich nicht. „Die Tagebücher des W.A. Mozart, illustriert von ihm selbst“, wurden von Eugen Egner verfaßt. „Dieser Tagebuch-Fund wird die Mozart-Forschung noch eine Weile in Atem halten. Dem Herausgeber kann man für die geleistete editorische Kärrnerarbeit nicht genug danken“ schrieb die Neue Zürcher Zeitung und das Online Musik Magazin: „Zum besseren Verständnis Mozarts sehr zu empfehlen!“ Brillante Satire – aber das haben sie natürlich längst gewußt.              © Johannes Vesper - Erstveröffentlichung in den Musenblättern 2007 | 


