Bossa und ein bißchen Wehmut

Charlie Byrd – „Homage To Jobim“

von Frank Becker

Bossa und ein bißchen Wehmut
 
Als Charlie Byrd im August 1994 beim Fujitsu Jazz Festival im kalifornischen Concord ein Programm überwiegend mit Titeln des Brasilianers Antonio Carlos Jobim spielte, war das ein vorweg genommenes Requiem für die Ikone des Bossa Nova. Jobim starb am 8. Dezember 1994 in New York. A. C. „Tom“ Jobim und Charlie Byrd ist neben Stan Getz und Laurindo Almeida gewiß ein Großteil der Verbreitung südamerikanischer Lebensfreude im Jazz und der „Unterhaltungsmusik“ zu verdanken.
 
Byrd, dessen Album „Jazz Samba“ mit Stan Getz bis auf den Tag unerreichtes Monument der Jazz-Erneuerung ist und der seitdem ungezählte Jobim-Stücke eingespielt hat, zeigte sich in einer für Jazz-Samba-Enthusiasten ungewöhnlichen Umgebung: die Klarinette (Ken Peplowski) gehört  nicht unbedingt zum Kanon des Bossa Nova. Sie klingt zwar sehr melodisch, aber fremd. Das Klavier hingegen (Allen Farnham, mit dem Byrd schon eine jahrelange Zusammenarbeit verband) fügt sich blendend in die Combo-Besetzung. „Homage To Jobim“ atmet dennoch, auch Dank des sehnsuchtsvollen Mundharmonika-Spiels von Hendrik Meurkens, den Duft der großen Jazz-Samba-Welt, wenn auch ein wenig reduzierter als die unsterblichen Vorgänger.
 
Das erst vor drei Jahren veröffentlichte schöne Live-Album ist auch eine Hommage an Charlie Byrd, denn der zur Zeit der Aufnahme 69-jährige König der Jazz-Gitarre starb im Dezember 1999. Vor allem mit „Desafinado“ und „Once I Loved“ schicken Byrd und Meurkens dem Freund Jobim stimmungsvoll einen Gruß hinterher. Besonders schöne Soli des sich nicht in den Vordergrund spielenden Byrd finden sich auch in Jobims „Favela“ und im Schluß-Stück „Watch What Happens“ (M. Legrand), das Meurkens, Farnham und Peplowski ebenfalls noch einmal eindrucksvoll featured.
 
Charlie Byrd – „Homage To Jobim“
© + (P) 2005 Concord Records  CCD-2280-2  - Produziert 1995 von Carl E. Jefferson
Charlie Byrd (Gitarre) - Hendrik Meurkens (Mundharmonika) - Ken Peplowski (Klarinette) -
Allen Farnham (Klavier) - Bill Douglas (Kontrabaß) - Chuck Redd  (Schlagzeug) - Michael Spiro (Percussion)
 
Titel:
1. Favela   5:05 - 2. If You Never Come To Me   3:00 - 3. Desafinado   6:41 - 4. Once I Loved   5:01 - 5. Beyond The Horizon   3:28 - 6. Chega de Saudade   11:22 - 7. Watch What Happens   5:22
Gesamtzeit:  42:02
Weitere Informationen unter:  www.concordrecords.com  -  www.in-akustik.com