Kamila Shamsie erhält den Nelly-Sachs-Preis der Stadt Dortmund nicht

Die Jury zog ihre Vergabe-Entscheidung wegen der Beteiligung der britischen Autorin an der israelfeindlichen BDS-Kampagne zurück

von Andreas Rehnolt

Kamila Shamsie © slowking43 - Quelle: Wikipedia
Kamila Shamsie erhält den Nelly-Sachs-Preis
der Stadt Dortmund nicht
 
Die Jury zog ihre Vergabe-Entscheidung
wegen der Beteiligung der britischen Autorin
an der israelfeindlichen BDS-Kampagne zurück
 
Die Stadt Dortmund wird ihren Literaturpreis, den Nelly-Sachs-Preis, in diesem Jahr nicht vergeben. In einer Sitzung am vergangenen Wochenende habe die Jury entschieden, die am 6. September getroffene Entscheidung über die Literaturpreis-Vergabe an die britische Autorin Kamila Shamsie zu revidieren. Zugleich beschloß die Jury, keine andere Preisträgerin für das Jahr 2019 zu benennen. Der nächste Nelly-Sachs-Preis erst 2021 wieder vergeben.
Mit Ihrem Votum für Shamsie hatte die Jury das „herausragende literarische Werk“ der Autorin gewürdigt. Zu diesem Zeitpunkt war der Jury trotz vorheriger Recherche nicht bekannt, daß sich die Autorin „seit 2014 an den Boykottmaßnahmen gegen die israelische Regierung wegen deren Palästinapolitik beteiligt hat und weiter beteiligt“, hieß es am Mittwoch.
Die Satzung des mit 15.000 Euro dotierten Nelly-Sachs-Preises bestimmt, daß auch ,Leben und Wirken‘ einer Persönlichkeit bei einer Juryentscheidung einzubeziehen sind. Die politische Positionierung von Shamsie, sich aktiv am Kulturboykott als Bestandteil der BDS-Kampagne (Boykott-Deinvestitionen-Sanktionen) gegen die israelische Regierung zu beteiligen, „steht im deutlichen Widerspruch zu den Satzungszielen der Preisvergabe und zum Geist des Nelly-Sachs-Preises“, so die Stadt weiter. 
Mit dem kulturellen Boykott werden keine Grenzen überwunden, sondern er trifft die gesamte Gesellschaft Israels ungeachtet ihrer tatsächlichen politischen und kulturellen Heterogenität. Auch das Werk von Kamila Shamsie werde auf diese Weise der israelischen Bevölkerung vorenthalten. Dies stehe „insgesamt im Gegensatz zum Anspruch des Nelly-Sachs-Preises, Versöhnung unter den Völkern und Kulturen zu verkünden und vorzuleben“, so die Jury, die die eingetretene Situation „in jeder Hinsicht“ bedauerte.
Shamsie wurde 1973 im pakistanischen Karatschi geboren und lebt im Wechsel in London und in ihrer Heimatstadt. Sie schreibt regelmäßig für den Guardian und wurde für ihr literarisches Werk unter anderem bereits als „Granta Best of Young British Novelists“ ausgezeichnet.
Nelly Sachs (1891-1970) war eine jüdische deutsch-schwedische Schriftstellerin und Lyrikerin. 1966 verlieh das Nobelpreiskomitee ihr – gemeinsam mit Samuel Joseph Agnon – den Nobelpreis für Literatur „für ihre hervorragenden lyrischen und dramatischen Werke, die das Schicksal Israels mit ergreifender Stärke interpretieren“. Der Nelly Sachs Literaturpreis wird seit 1961 vergeben.