„Lachen ist immer besser
als Weinen“
Der Frankfurter Rabbiner Julian-Chaim Soussan
gibt eine kurzweilige Einführung in
den jüdischen Humor in Thora und Talmud.
Im Talmud steht geschrieben: Eïse hu gibor? (Wer ist ein Held?) Hakowetsch et jizro. (Wer seinen Trieb beherrscht). Die Ostjuden haben die Antwort variiert: Hakowesch a Gleichwertl. (Wer einen Witz unterdrückt.) Damit sind wir schon mitten im Thema „Der Rebbe lacht – Jüdischer Humor in Thora und Talmud“. Denn Auslegung und Variante sind ganz wichtige Bestandteile, beinahe die Grundlage des jüdischen Witzes, der tief im Religiösen wurzelt. Großes Interesse auch bei Gojim
Daß die Zahl der Besucher bei Vorträgen des Frankfurter Rabbiners Julian-Chaim Soussan fast den Rahmen sprengt, spricht nicht nur für das große Interesse, das auch von „Gojim“ dem Thema entgegengebracht wird, es unterstreicht auch, wie sehr die Gesellschaft nach eben diesem intelligenten jüdischen und besonders dem chassidischen Humor verlangt. Wo andere Weltreligionen absolut keinen Humor haben, nämlich beim Umgang mit ihren heiligen Büchern und ihren Propheten, zeigt das Judentum eine erfrischende Unbeschwertheit. Die Auslegung der 613 Ge- und Verbote der Thora (der fünf Bücher Moses) und des Talmud, der hohen Schule des jüdischen Studiums, gibt dem jüdischen Humor Stoff für eine Unzahl von Witzen. Neben dem religiösen Alltag sind das Geschäftsleben und die Chuzpe andere unerschöpfliche Quellen, die in ironischer Selbstbespiegelung das zur Pointe machen, was die Jahrtausende alte Kultur an sich beobachtet - Humor als Katalysator für 2000 Jahre Heimatlosigkeit und Verfolgung. Ist Chuzpe = Frechheit? Frechheit ist, wenn das Handy in der Synagoge klingelt. Frechheit ist auch, wenn man rangeht. Chuzpe ist, den Rabbiner anzusprechen: „Rebbe, geht´s auch etwas leiser, ich kann nichts verstehen.“ Chuzpe ist eben mehr: Gewure, Ssechel, Taam. Sie verstehen das nicht? Das ist eben etwas, was man einem Goi nicht erklären kann...
Der Rebbe...
Der Rebbe (Rabbiner) ist in viele der typischen Witze eingebunden, und auch Gott wird nicht ausgenommen. In der Zwiesprache mit ihm (da finden wir eine charmante Parallele beim christlichen Kollegen „Don Camillo“) liegen viele humorvolle Wendungen. Klagt ein Jude: „Gott du erbarmst dich doch über ganz fremde Leut´, wieso nicht über mich?“.
Ein chassidischer Rabbi wird von einem Anhänger gerühmt: „Mein Rebbe schließt sich nach der Predigt ein und spricht mit Gott“. „Wer hat dir das erzählt“, wird er gefragt. „Na der Rebbe!“ - „Dann lügt er!“, ist der Kommentar des anderen. Entwaffnend entgegnet der erste: „Würde Gott mit einem Lügner reden?“. Diese und viele andere Beispiele flicht Rabbiner Soussan – übrigens ein brillanter Witze-Erzähler - in seinen kurzweiligen Vortrag ein und öffnet so ein Fenster zum Verständnis des jüdischen Glaubens, dessen Demokratieverständnis, seiner Gebräuche, Kultur und auch seiner topischen Typen wie den Schnorrer oder die Mame (Schwiegermutter).
Ein Schnorrer hat von einem Reichen ein wenig Geld bekommen. Als nun der Reiche mittags ein feudales Restaurant betritt, sieht er den Schnorrer dort bei Lachs und Mayonnaise sitzen. Empört sagt er : "Das ist zuviel! Erst schnorrst Du mich an, und jetzt sitzt Du hier bei Lachs mit Mayonnaise!" Sagt der Schnorrer: "Herr, was wellen se von mir? Hab ich kein Geld, kann ich keinen Lachs mit Mayonnaise essen. Hab ich welches, darf ich keinen Lachs mit Mayonnaise essen. Wann also soll ich bitte Lachs mit Mayonnaise essen?"
„Was ist der Unterschied zwischen einer jiddischen Mame und einem Terroristen? Mit einem Terroristen kann man verhandeln.“ Literaturempfehlungen:
- Jüdische Anekdoten und Sprichwörter, ausgewählt von Salcia Landmann - Jüdische Witze, ausgewählt von Salcia Landmann - Salcia Landmann, „Jiddisch - Abenteuer einer Sprache“ - Harry Kemelman „Die Rabbi-Krimis“
- Thomas Meyer „Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse“
Julian-Chaim Soussan (*1968) ist Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Frankfurt
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