Rum und Pulverdampf

"Die Schatzinsel" von Robert Louis Stevenson in einer Bühnenfassung des Wuppertaler Kinder- und Jugendtheaters

von Frank Becker

Fünfzehn Mann auf des toten Seemanns Kiste...

Das Wuppertaler Kinder- und Jugendtheater zeigt Robert Louis Stevensons Abenteuer-Klassiker "Die Schatzinsel" in der Bühnenfassung von Andreas Gruhn




Regie und Ausstattung
: Laurentiu Tuturuga - Musik: Matthias Nahmmacher - Licht/Ton: Till Buchwald - Kostüme: Johann Antoni - Probenfotos: Karola Brüggemann
Jim: Sascha Kirschberger - Mutter, Schwarzer Hund, Lord Trelawney, Hands, Merry: Silke Welbers - Billy Bones, Kapitän Smollet, Morgan, Ben Gunn, O´Brien: Rainer Kreusch - Wirt, Dr. Livsey, Pew, Silver: Dieter Marenz - Erzähler: Knut Heimann

Rum und Pulverdampf

Es wird mächtig viel gesoffen und mit allerlei Kaliber geschossen in diesem Bühnenstück frei nach Robert Louis Stevenson - und das Messer sitzt bei den Piraten - denn in der Welt dieser ruchlosen Räuber der Meere spielt die Geschichte - ebenfalls sehr locker. R.L. Stevenson (1850-1894)  schrieb  seinen berühmten
Abenteuerroman um den Gastwirtssohn Jim Hawkins, der bei der Suche nach einer Insel mit dem sagenhaften Schatz des Kapitäns Flint in ziemlich brutale Geschehnisse

Sascha Kirschberger ist Jim
verwickelt wird, im viktorianischen Jahr 1881. Die deutsche Erstausgabe kam 1897, also vor 110 Jahren in die Buchhandlungen und in die Hände der schmökernden (männlichen) Jugend. In der heutigen von Killer-Spielen dominierten virtuellen Computer-Abenteuer-Welt wirken Stoff und Story nahezu anachronistisch. Die jetzt vom Wuppertaler Kinder- und Jugendtheater gezeigte Bühnenfassung des Romans spart zwar pädagogisch zweifelhaft auch nicht mit Brutalität und rauhen Umgangsformen - aber das ist wohl bei Seeräubern so - bietet hingegen jedoch ungleich lebendigere Unterhaltung.

Donnerschlag

Mit Blitz und Donnerschlag und dem Seeräuber-Song von den "Fünfzehn Mann auf des toten Seemanns Kiste" wurden die Kinder und Jugendlichen im ausverkauften Wuppertaler Rex-Theater, in dem das KJT gastiert, für die Reise in eine ferne Welt von Abenteuern eingestimmt, die so eigentlich nur mit Hilfe der Phantasie zwischen Buchdeckeln zu finden ist. Regisseur Laurentiu Tuturuga, der  gemeinsam mit Matthias Nahmmacher eine wunderbare variable Bühne entworfen hat, konnte die

Rainer Kreusch als Kapitän Smollet
Atmosphäre von Hafenspelunken, Seeräuberschiff, Fort und Südseeinsel sehr nah vermitteln und die jungen wie die erwachsenen Zuschauer für gute 95 Minuten (keine Pause) mit dem Schiffsjungen Jim zu der abenteuerlichen, spannenden und leider auch blutigen Fahrt entführen. Die wenigen Mitwirkenden hatten im schnellen Wechsel etliche Rollen zu übernehmen, was mitunter schon dazu führte, daß die Frage aufkommen konnte, wer nun eigentlich wer sei. Am besten gelang dieser Seiltanz zwischen den Rollen dem Routinier Dieter Marenz, der
souverän von einer Figur in die nächste schlüpfte. Rainer Kreusch legte hervorragend den versoffenen und zerstörten Billy Bones hin, seine übrigen Charaktere allerdings ähnelten diesem in der Anlage durch Habitus und Sprache zu sehr.

Weniger wäre mehr

Jim, sehr sympathisch von Sascha Kirschberger gegeben, kommt nach langer Reise auf verschlungenen Wegen und nach blutigen Auseinandersetzungen mit Räubern und Meuterern schließlich in den Besitz des Schatzes. Bis es so weit ist, wird (s.o.) ein wenig zu viel geschossen, gehauen und gestochen, zuviel Rum bei übertrieben fettem Gelächter konsumiert und ebenfalls etwas zu viel geflucht. Stephensons Sprache ist zwar dem Stoff entsprechend rauh, doch auf "Scheiße"

Pulverdampf
verzichtet er wohlweislich. Muß auch nicht sein, ebensowenig wie das fortwährende ziemlich nervtötende Gebrüll. Ein bißchen weniger hätte hier gut getan. Anstrengend und etwas ermüdend wirkt die über lange Strecken
auf der Bühne herrschende relative Dunkelheit, verbunden mit dem übermäßigen Einsatz der Nebelmaschine. Auch hier könnte moderater mit den Bühnenmitteln umgegangen werden.

Sehenswerte Aufführung

Hörenswert hingegen ist durchweg die Musik, die Matthias Nahmmacher für die Aufführung geschrieben und arrangiert hat - und die er mit kleinem Ensemble live auf der Bühne spielt. Und sehenswert neben den wunderbaren Bauten der Kneipe "Admiral Benbow" und des Schiffs sind die prächtigen Kostüme, die Johann Antoni für die mustergültige Ausstattung geschneidert hat. Alles in allem eine sehenswerte Aufführung.

Weitere Informationen unter: www.kinder-jugendtheater.de