Merz im Februar

Aus dem Tagebuch

von Wolfgang Nitschke

Wolfgang Nitschke - © Manfred Linke / laif
Merz im Februar
oder
Norbert, der Überrascher

Aus dem Tagebuch von Wolfgang Nitschke

14.2.20
 
Betr.: Merz, Masern, Stoßgebet
Aus der Reihe "Das vorletzte Stoßgebet"
Lieber Gott!
(Immer natürlich vorausgesetzt, daß es dich überhaupt gibt)
Dieser Merz ist ein ganz schlimmer Finger und Lügner. Der darf nie unser Kanzler werden. Niemals! NIE! NIE! NIE! Hörst du?
Gestern hatte dieser Merz (Vielleicht hast du das ja nicht mitge­kriegt, du hast ja so viel zu tun) auf einer Veranstaltung in Berlin groß rum­getönt, daß ihn „das Erstarken rechter Parteien um­treibe“, und da­für plädiert, die zu den Arschlöchern für Deutsch­land abgewanderten Wähler zurückzugewinnen, anstatt um solche im linken Spektrum zu werben. „So viele Grüne können wir gar nicht verlieren, wie wir auf der anderen Seite zugewinnen können. So könnte die CDU die Wäh­lerschaft der AfD halbieren.“ Und hatte dann hinzugefügt:
„Wenn ich dazu etwas beitragen kann, daß dieses Gesindel wieder verschwindet, dann leiste ich diesen Beitrag.“
Wie er das anstellen will, zum Beispiel durch Ausmerzen, hat er aber nicht gesagt. Jedenfalls war A..loch Gauland, der Bundestags­fraktionsvorsitzende von dem Gesindel, total sauer und twitterte:
„Die Abwertung der AfD und ihrer Wähler als 'Gesindel' durch Fried­rich Merz ist völlig unakzeptabel.“ Und es sei „unverantwortlich und fahrlässig, sich gegenüber der politischen Konkurrenz derart im Ton zu vergreifen.“
(So was aus den Futtfingern von so einem, is – nur nebenbei – auch natürlich sehr witzig. Aber egal.)
Daraufhin twitterte wiederum der Merz, dieser Lügner:
„Ich habe gestern im Zuge einer Diskussion über Rechtsradikalis­mus und gewaltbereite Demonstranten dieses Wort verwendet, da­mit aber natürlich keineswegs gewählte Abgeordnete oder Wähler­innen und Wähler irgendeiner Partei gemeint.“
Ja, nee, is klar.
Lieber Gott,
ich könnte mich ja jetzt auch an deinen Stellvertreter wenden. Aber die Erfahrung hat gezeigt, daß dat nix bringt. Deshalb noch mal meine Bitte vom 4. Februar (Vielleicht hattest du die ja auch nur vergessen):
„Lieber Gott,
mach bitte, daß Friedrich Merz immer dann, wenn er demnächst einen wichtigen Termin für sein Comeback hat, zwei, drei Tage vorher die Masern kriegt. Amen.“
Bitte!
Dein … Du kennst mich ja.
 
 
18.2.20
 
Und jetzt halli hallo: Überrrrraschung!
Hier kommt aus der Versenkung umme Ecke hereinspaziert,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
… Zombi Mastermind Mister Norbert Röttgen, der Mega-Atlantiker von Meckenheim! Applaus, Applaus!
Noch so‘n seinerzeit locker von Merkel geschaßter Finsterling vom lustigen Andenpack, der scharf auf den CDU-Vorsitz ist! „Die Zeit“, die se oftmals nich mehr alle hat, nennt ihn einen „Hochbegabten“. (Na ja, is ja immer die Frage, wo man da ansetzt. Knäckebrot hat jedenfalls ‘nen IQ von 5. Und gegen Knäcke hat der Meckenheimer ja wohl gute Chancen. Egal.)
Wir bleiben auf alle Fälle dran!
 
 
20.2.20
 
Der Überrascher
Norbert, der Überrascher. Mann, Mann! Was für'n Überrascher!
Alle, alle Politikfachkräfte in den Medien, sagen se, waren völlig überrascht, daß der Röttgen so über­raschend wieder aus der Versenkung usw... Und deshalb wird der Norbert ab heute nicht mehr wie früher mit dem degoutanten Appendix „Muttis Klügster“ gehänselt, sondern (auch hier jetzt) nur noch „Der Überrascher“ genannt. Röttgen, der Überrascher.
Zur Sache!
Als Begründung für seine überraschende Parteichef-Kandidatur inkl. späteren Kanzlerjob gab der hochbegabte Überrascher vor dem überraschten Journalistentroß folgende überraschende Erklärung ab:
„Ich habe den Eindruck, daß es bei der Neubesetzung zu sehr um Personen und zu wenig um Inhalte geht. Es geht um die Zukunft der CDU und die christdemokratische Idee von der Zukunft unseres Landes. Davon habe ich bisher wenig gehört.“
Das war und ist natürlich eine Hammer-Begründung, eine von Über­raschungen nur so wimmelnde Hammer-Begründung quasi histori­scher Mega-Überraschungsart. Und in der Tat jagt in seiner Erklä­rung eine Überraschungsnummer die andere:
Überraschung Nummer 1) „Ich habe den Eindruck ...“ - mit andern Worten: Er hat keine Beweise und keine Belege, keine Analyse, keine Argumente, keine Vision und keine Vorstellung, kurz: keine Ahnung, nicht mal eine Meinung; er hat nur einen „Eindruck“. Für nen Meckenheimer Hoch- und Sonderbegabten – würd ich sagen – zwar überraschend, aber eben nicht gerade viel.
Überraschung Nummer 2) „Bei der Neubesetzung geht‘s zu sehr um Personen und zu wenig um Inhalte.“ - Abgesehen davon, daß das in diesem Fall komischer-, ausnahms- und v.a. überraschenderweise mal gar nicht stimmt, kann ich mich an irgendwelche Inhalte in der Vergangenheit bei unserm Überrascher nu auch nicht grade ent­sinnen.
Heute ist aber alles anders. Der Überrascher konstatiert, und darum geht‘s in Überraschung Nummer 3) „Es geht um die Zukunft der CDU ...“ Das hat er gesagt – gemeint hat er: „Es geht um meine persön­liche Zukunft! Und um nix anderes!“ Sogesehen eine Aussage mit einem in dieser Szene selten hohen, überraschenden Ehrlichkeits­faktor.
Und was den angehängten, 100 Prozent sinnlosen Zusatz betrifft „... und es geht um die christdemokratische Idee von der Zukunft unseres Landes“, hab ich mich nur gewundert, daß er die klassi­schen Worthülsen „Heimat, Identität, Vaterland und Muttererde“ nicht noch irgendwo dazwischengequengelt hat. Aber wahrschein­lich waren die ihm nicht überraschend genug.
Unterm Strich alles in allem also eine in Form dieser Buchstaben­suppe schon fast selten gewordene Mixtur aus intellektuellem Offenbarungseid und überraschendem, mittelmäßig hochbegabtem Sonderquatsch mit Sauce.
Prädikat: 1a kanzlerhaft.

P.S.:
So, ab die Wortgirlandenlaube.
Was ich noch sagen wollte:
Zeilenschinden kann ich auch.
 

→ Wolfgang Nitschkes Blog