Tod eines Kritikers

Hansjörg Schneider - „Hunkeler in der Wildnis - Der zehnte Fall“

von Andreas Rehnolt

Tod eines Kritikers

(Hunkeler in der Wildnis)
 
Der neueste Roman von Hansjörg Schneider über den grantigen und doch extrem sensiblen pensionierten Kriminalkommissär Peter Hunkeler, der zwar eine Wohnung in Zürich hat, aber nur im benachbarten elsässischen Dörfchen in einem alten Hof wirklich zuhause ist, macht Lust auf nächtliche Waldwanderungen im Elsass und auf den Baseleler Kannenfeldpark. Auf 222 Seiten geht Hunkeler im hochsommerlich überhitzten Basel daran, den Mord an einem nicht unumstrittenen Kunstkritiker und Feuilletonisten aufzuklären.
 
Er war zumindest der zweite, der an einem ganz frühen Morgen im Kannenfeldpark den Toten fand. Mit eingeschlagenem Kopf und sämtlichen Wertsachen in den Taschen sowie zwei Boule-Kugeln. Daß die dritte fehlt, macht für den fall- und lebenserfahrenen Polizei-Ruheständler die Sache klar: Mord. Im Verlauf des stets spannend und amüsant beschriebenen Falls erleben wir einmal mehr, auf welche ungewöhnliche Art und Weise der alte Hunkeler das Verbrechen aufklärt.
Dabei bleiben die eigentlich Verantwortlichen der Baseler Polizei zumeist außen vor, da sie eben nur mit traditionellen Methoden vorgehen und nie auf so verschlungenen Ermittlungspfaden wandeln, wie der alte Kommissär. Wunderschön auch die Nebenstränge und -figuren des Falls: Laut Klappentext „eine seltsame menschliche Fauna am Rande der Gesellschaft.“ Die Bäuerin im elsässischen Nebenhof, alte Künstler und Küstlerinnen, die nicht gut auf den Ermordeten zu sprechen sind, weil der sie stets in seinen Kritiken runtergemacht hatte.
Da ist natürlich seine Frau-Freundin-Geliebte Hedwig, mit der er - selten aber immer noch gerne - das Bett teilt, da gibt es andere Ruheständler am Rande des Kannenfeldparks mit denen er manchmal diskutiert, häufig streitet und ab und an sogar vor dem Kiosk von Erkan Kaya ein schönes Gespräch führt. Der Kiosk stellt für ihn ein beschauliches Straßencafé dar, wo er genüßlich seinen ersten Kaffee und seine Morgenzeitung zu sich nimmt.
Natürlich spielt auch wieder die Natur eine Rolle. Im Zürcher Hochsommer flüchtet Hunkeler gern aus seiner viel zu stickig-heißen Wohnung. Dann verschläft er die Nächte in einem Park der Stadt oder aber er verbringt sie im Elsass mit Waldspaziergängen im Mondlicht. Man erfährt etwas über die Tiere in Stadt und Wald, über die Vögel und in welcher Reihenfolge sie morgens wach werden, und auch über einen verwilderten, ungepflegten Hund, der immer wieder Hunkelers Weg kreuzt und mit dem ihm bald eine sonderbare Freundschaft verbindet.
Klar, daß der Fall viele Facetten hat und dennoch am Ende vom Kommissär mit viel Geduld, viel Einfühlungsvermögen bravourös gelöst wird. Der Rezensent verspürt beim Lesen des Romans immer wieder den brennenden Wunsch, das Dorf des alten Polizisten im Elsass aufzuspüren und selbst im Sommer einmal im Kannenfeldpark oder im jeweils eigenen Stadtpark zu übernachten oder eine nächtliche Waldwanderung zu unternehmen. Was spricht eigentlich dagegen?
 
Hansjörg Schneider - „Hunkeler in der Wildnis - Der zehnte Fall“
Roman - Diogenes (Leineneinband)
© 2020 Diogenes-Verlag, 222 Seiten, Ganzleinen mit Schutzumschlag - ISBN: 978-3-257-07097-2
22,- €
Weitere Informationen: www.diogenes.ch