„Davon glaube ich kein Wort!“

Anekdoten und Geschichten aus der Welt der Wissenschaft

von Ernst Peter Fischer

Ernst Peter Fischer
„Davon glaube ich kein Wort!“
 
Anekdoten und Geschichten aus der Welt der Wissenschaft

 Von Ernst Peter Fischer

Noch mehr Physiker II
 
Ein Lehrstuhl mehr in Göttingen

Walter Nernst war den meisten Personen auf dem Gruppenbild von 1927 bestens bekannt, und viele von ihnen witzelten, wenn sie vor einem schwierigen Problem standen und nicht weiter kamen, „Jetzt tritt der Nernst des Lebens an dich heran.“
       Von den berühmten Physikern auf dem Bild wird Max Born von den Historikern eher unauffällig behandelt. Dabei hat der Nobelpreisträger Born viele Verdienste sowohl um seine Wissenschaft als auch um die Anerkennung seines Landes nach dem Ersten Weltkrieg, und die aufkeimenden Genies der neuen Physik – zum Beispiel Wolfgang Pauli und Werner Heisenberg – lernten ihr Handwerk als Assistenten an Borns Lehrstuhl und in seinem Seminar in Göttingen. Leider zeigte sich Born eher korrekt als komisch, aber seine leidenschaftslose Konzentrationsfähigkeit hat zum Beispiel dafür gesorgt, daß die Physik in Göttingen überhaupt ihre große Blütenzeit erleben konnte. Als Born nämlich 1920 den Etat-Entwurf des zuständigen Ministeriums genau durchsah, merkte er, daß sich da ein Schreibfehler eingeschlichen hatte. Im Finanzplan gab es zwei Professuren für Experimentalphysik, von denen eine als „Mit dem Tod des Inhabers wegfallend“ markiert war, nachdem einer der beiden Wissenschaftler gestorben war. Allerdings stand diese Bemerkung in der falschen Spalte, nämlich bei dem Physiker, der noch lebte. Born meldete das dem zuständigen Ministerialdirektor, der als braver Beamter erwiderte, „Wir richten uns nach dem Wortlaut des Dokuments“ und Born aufforderte, nach einem Physiker für die frei gewordene Stelle zu suchen. Born wählte James Franck, der dann 1925 den Nobelpreis für Physik bekommen sollte und so den Ruhm der Göttinger Physik vermehren konnte. Die dritte Professur neben Born und Franck hatte dabei ein Physiker namens Robert Pohl inne, was die Studenten sagen ließ, man könne nach dem Studium pohliert, franckiert oder borniert sein, was aber alles als Auszeichnung galt.
 

Fünfte Solvay Koferenz 1927 - Foto: Benjamin Couprie, Institut International de Physique de Solvay
 
       Übrigens – der Name Born spricht sich im Englischen leicht aus und bedeutet hier „geboren.“ Born mußte sich erst daran gewöhnen, und er bekam einen gehörigen Schrecken, als es zum ersten Mal im britischen Cambridge aus dem Zug stieg und ein knallbuntes Kinoplakat sah, auf dem der Film „Born to be hanged“ angekündigt wurde, was man beim ersten Lesen auch als „Born soll gehängt werden“ übersetzten kann.
 
 
© Ernst Peter Fischer
Aus: „Davon glaube ich kein Wort!“
Anekdoten und Geschichten aus der Welt der Wissenschaft
 Redaktion: Frank Becker