Die „Peanuts“ werden heute 70

Die erfolgreichste Comic-Serie der Welt feiert ihren Schöpfer Charles M. Schulz

von Andreas Rehnolt/Bec

  © United Feature Syndicate

Die „Peanuts“ werden heute 70
 
Charlie Brown, Snoopy, Lucy und all die anderen liebenswerten Figuren 
aus der Peanuts-Bande feiern heute ihren runden Geburtstag
 
Am 2. Oktober 1950 erschien in sieben Tageszeitungen in den USA - in Washington, Chicago, Minneapolis, Allentown, Bethlehem, Denver und Seattle zum ersten Mal ein Comic-Strip mit dem Titel „Peanuts“. Der Schöpfer war der amerikanische Autor und Zeichner Charles M. Schulz, der von diesem Tag an über fünf Jahrzehnte in täglich erschienenen Strips mit diesem Titel die Widersprüchlichkeiten menschlichen Lebens anhand einer Gruppe amerikanischer Vorstadtkinder schilderte. Sie feiern ihren runden 70. Geburtstag vermutlich mit einem Baseball-Match und einem Konzert ihres Beethoven-Verehrers Schröder, den Lucy wohl wie gehabt vergebens anschmachtet. 
 
Die Peanuts, die Schulz eigentlich „Li´l Folks“ nennen wollte und die von United Feature Syndicate ihren berühmten Namen erhielten, wurden für ihren Schöpfer ein Riesenerfolg. Als Schulz am 12. Februar 2000 starb, erschienen die „Peanuts“ (Erdnüsse / Kleinkram) weltweit in 2.600 Zeitungen und haben noch heute etwa 200 Millionen Fans, darunter auch der frühere amerikanische Präsident Bill Clinton. Der nannte Schulz „ein amerikanisches Heiligtum - ein Künstler, Philosoph und scharfer Beobachter der menschlichen Natur“. Ein anderer US-Präsident, Barack Obama, erklärte zum „Peanuts“-Schöpfer, was den so genial machte, sei, „daß er die Kindheit mit all der zarten Komplexität betrachtet hat, die sie verdient.“ 
Der erste schwarze Präsident der Vereinigten Staaten wußte sicherlich auch, daß Schulz 1968 mit dem Auftritt Franklins, des ersten schwarzen Jungen, dem nicht mehr die damals üblichen Stereotypen von Klischees anhafteten, den ersten Comic-Strip schuf, in dem die Rassentrennung aufgehoben war. Für den deutschen Illustrator und Schriftsteller Martin Baltscheid war Schultz „ein Comiczeichner, dessen wunderliche Arbeit darin bestand, eine Figur zu erschaffen, die an meiner Stelle lebt, leidet und die Welt erfährt, daran zu Grunde geht und wieder aufersteht. Jeden Tag.“
 
Im Laufe der Jahre entwickelte Schulz die Stars der „Peanuts“, die bis heute in zahllosen Comicbänden und Filmen und in Köpfen ihrer Fans lebendig sind weiter. Da ist natürlich voran der mit schmaler Haartolle glänzende notorische Pechvogel Charlie Brown, dann der Tausendsassa-Beagle-Hund Snoopy, dessen Gedankenflüge ihn abenteuerliche Phantasie-Welten entführen, die kratzbürstige Lucy van Pelt, die auch schon mal handfesten psychologischen Rat gibt (The doctor is in) und ihr Bruder Linus, der sensible Philosoph mit der Schmusedecke. Und auch der musikalische Schröder mit seinem schwarzen Kinderpiano, Charlie Browns kleine Schwester Sally, die spröde Marcie, Peppermint Patty, das von Charlie angeschwärmte kleine rothaarige Mädchen, der Schmutzfink Pig Pen und der kleine gelbe Vogel Woodstock, ein philosophischer Widerpart von Snoopy beleben die „Peanuts“-Comics.
 
Die liebenswerte Comic-Bande ist auch mit 70 noch lange nicht im Rentenalter. Dafür sorgt hierzulande auch der Hamburger Verlag Carlsen-Comic, der nicht müde wird, die Peanuts-Abenteuer in unterschiedlichsten Neuauflagen an die Leserschaft zu bringen. Bis heute bringen sie Millionen von Lesern zum Lachen, Schmunzeln und Nachdenken. In mehr als 75 Ländern sind Generationen mit den „Peanuts“ aufgewachsen. Die sind - so der Verlag - „so vielfältig, wie das Leben selbst“.  
Wunderbar, wenn Linus hinter seinem Schnuckeltuch versteckt seufzt und der genervten Lucy erklärt, das Seufzen sogar biblisch sei. „Ebenso nimmt sich der Geist unserer Schwachheit an. Wir wissen ja nicht, wie es sich gehört, zu beten. Da tritt der Geist selbst für uns ein mit unaussprechlichen Seufzern“, zitiert er aus dem achten Kapitel des Römerbriefs. Auch Charlie Brown hat im Verlauf der 70 Jahre manche Erkenntnis von sich gegeben. Etwa: „Es heißt, wenn man ein besserer Mensch wird, führt man auch ein besseres Leben.“ 
 
Der Peanuts-Schöpfer Schulz meldete sich während des Zweiten Weltkriegs zur Armee. Er gehörte der 20. gepanzerten Division der US-Armee an, die das Konzentrationslager Dachau befreite. Nach dem Ende des Krieges fand er als Lutheraner Arbeit in einem katholischen Verlagshaus und schrieb Sprechblasen-Texte für ein frommes Comic-Heft. Einige Jahre lang erteilte er Unterricht in einer methodistischen Sonntagsschule. Daran erinnert vielleicht die Episode der „Peanuts“, in der Sally Charlie Brown verrät, welcher Schreck ihr in die Glieder gefahren war: „Wir haben heute in der Schule gebetet!“
 
Beide Seiten in dem damals in den USA tobenden Kulturkrieg um das Schulgebet wollten diesen Tagesstreifen in ihrer Propaganda verwenden. „Beiden verweigerte Schulz die Abdruckgenehmigung“, so Patrick Bahners in dem 2005 erschienen Buch „Peanuts - Klassiker der Comic-Literatur“. Charlie Brown trainiert die vermutlich schlechteste Baseballmannschaft dieser Welt, traut sich nicht, dem rothaarigen Mädchen aus der Parallelklasse zu gestehen, daß er sich nichts mehr wünscht, als das Pausenbrot mit ihr zu teilen und ist laut Schulz trotzdem „kein Loser“, sondern ein Junge voller Hoffnung und auch ein Träumer, zumindest ein Tagträumer.
 
Die Peanuts gelten bis heute als der erfolgreichste Comic-Strip. Das hängt auch damit zusammen, daß Schulz die „wonderful world of Peanuts“ 50 Jahre lang mit Aktuellem und auch Zeitgeistigem weiterentwickelt hat. Der geistige „Peanuts“-Vater sagte einmal in einem Interview auf die Frage, ob er religiös sei und noch in die Kirche gehe: „Ich glaube nicht, daß Gott angebetet werden will. Wir erweisen Gott die größte Ehre, wenn wir liebevoll miteinander umgehen.“


© United Feature Syndicate

Redaktion: Frank Becker