Schurkinnen und Schurken

von Detlef Färber

Detlef Färber - Foto © Silvio Kison
Schurkinnen und Schurken
 
Im Radio kommt was über eine Demo. Erst die gute Nachricht: Ein Politiker lobt die friedlichen Demonstrantinnen und Demonstranten - muß dann aber auch gleich zur Schattenseite der Sache kommen: zur Randale und zu den Störenfrieden. Wir sind schon ganz gespannt, wie der Mann das sprachlich lösen wird. Vielleicht mit „Chaotinnen und Chaoten“? Nein, er spricht nur von „Chaoten“, denn er ist ein Kavalier von altem Schrot und Korn. Recht hat er! Schließlich sind Männer beim Randalieren immer noch klar in der Mehrheit.
Doch schon der zweite Blick auf diesen Politkavalier macht Kummer. Eigentlich müßten die Freundinnen und Freunde von der Geheimen Sprachpolizei längst Sturm laufen gegen ihn. Denn der reinste Chauvinismus steckt hinter seinen guten Manieren. Selbst Randerscheinungen wie Randale werden hier unterschwellig zur Männersache erklärt. Geringschätzung schwingt dabei mit. Frauen werden auf schamlose Weise verharmlost. Das ist Positiv-Diskriminierung!
Na ja, vielleicht war es nur ein Ausrutscher, die krasse Ausnahme? Mal hören, was andere sagen: Unbekannte Diebe haben gestern ..., meldet die Polizei. Nanu? Wissen die Kommissare jetzt schon, daß es keine Diebinnen waren? Auch die Suche nach sprachpolizeilich zwingend gebotenen Floskeln wie „Täterinnen und Täter“ verläuft ergebnislos. Zu finden sind nicht mal „Betrügerinnen und Betrüger“ oder auch nur „Studienabbrecherinnen und Studienabbrecher“. Wo sind sie, die Schurkinnen unter den Schurken? Etwa schon gänzlich von der Bildfläche wegdiskriminiert? Scheint so. Und schuld sind wieder die Kavaliere, die Machos. Man muß ihnen schleunigst das Handwerk legen!
Oder sollte man sie doch begnadigen, weil sie's „nur gut gemeint“ haben? Wenn ja, dann müsste die deutsche Sprache gleich mit begnadigt werden. Unzählige unschuldige Wörter würden so aus ihrer jahrelangen Beugehaft freikommen. Und andre, die gerade frisch am Pranger stehen, dürften auf Bewährung hoffen.
 

© Detlef Färber