Bilderlust pur

„Heimliche Blicke“ - vom Zauber der frühen erotischen Photographie

ein Film von Wolfgang Dresler

Bilderlust pur

Der Zauber der frühen erotischen Photographie

Trefflicher könnte man diese anregende Filmreise in die Frühgeschichte der Photographie wohl kaum beschreiben. Akte, erotische und leicht anstößige Bildphantasien passieren Revue. Es sind die Aufnahmen der ersten Photographen, die meist anonym geblieben sind. Bilder zwischen Kunst, Kitsch und Unmoral entstanden in der Blütezeit der Daguerreotypie. 1839 von Louis Daguerre erfunden, war die Daguerreotvpie das erste photographische Verfahren, bei dem die reale Welt als chemisch festgehaltenes Spiegelbild auf eine versilberte Kupferplatte gebannt wurde. Ein einmaliger Vorgang, nicht zu vervielfältigen, jedes Bild ein Unikat. Erst Mitte dieses Jahrhunderts entdeckten Sammler und Museumsleute die Faszination und das künstlerische Potential der frühen Photographie wieder und erforschten ihre Geschichte. Und so erzählt „Heimliche Blicke“ fesselnd von der abwechslungsreichen Frühgeschichte der Photographie und den ersten erotischen Bildern.
       Die Geschichte des Aktphotos ist so alt wie die Geschichte der Photographie. Schauplatz der Geschichte ist Paris, die Hauptstadt des 19. Jahrhunderts und seit jeher auch die Stadt der Liebe. „Heimliche Blicke“ - 1840 bis 1860, als die Bilder scharf wurden. Die Daguerrotypisten und ihre Wunderkästen hatten neben Porträtaufnahmen und Stadtansichten schon bald ein weiteres lukratives Betätigungsfeld gefunden. Reizvolle erotische Wunschträume wurden auf die Silberplatte gebannt. Das geschah meist heimlich. Lichtbilder nackter Menschen waren verboten, wenn sie nicht zur „künstlerischer und wissenschaftlicher Belehrung“ aufgenommen wurden. Für Aufnahmen, die heute charmant und kurios erscheinen, mußte der Photograph Mitte des 19. Jahrhunderts einiges riskieren. Die Zensurbehörden waren streng. Doch die betuchten Besitzbürger. die sich diese exklusiven und kostspieligen Aktaufnahmen leisten konnten, hielten das aufblühende Photogewerbe in Gang. Mit der Suche nach dem gewissen erotischen Kick spornten sie auch die Phantasien der Photographen an.
       Ganz allmählich fielen für die private Photo-Peepshow sämtliche Hüllen. Schwüle Enthüllungsszenen in Batist, Spitze und Seide, dargestellt von fülligen Damen, waren nur das neckische Vorspiel. Die aufreizende Teilentblößung wurde zum Ganzakt, den die verschiedensten Accessoires (Schmuck. Juwelen, Strumpfbänder) noch betonten. Dazu legten die Daguerreotypisten Wert auf Perfektion. Beleuchtung, Pose, Bildaufbau und Ausdruck - kunstvoll inszenierten sie ihre lasziven Stilleben. Die Illusion der Wirklichkeit wurde dabei noch verstärkt durch die liebevolle Handkolorierung der Daguerrotypien. Einige Bilder deuten an. andere zeigen alles, manche sind unfreiwillig komisch, manche strahlen eine fast übersinnliche Schönheit aus. Das Frivole und das Kuriose, das Künstlerische und das Obszöne, alles spiegeln diese frühen Aktphotographien wider.
       Daneben beleucht „Heimliche Blicke“ auch andere Aspekte der Frühgeschichte der Photographie. Kulturgeschichtliche und kunsthistorische Hintergründe werden kurzweilig ausgebreitet. Namhafte Sammler und Fachleute kommen zu Wort. Uwe Scheid, einer der bedeutendsten Sammler, gewährt Einblicke in seine sensationelle Collection erotischer Daguerreotypien. (Rolf Selas)
 
Bei vimeo ist dieser kleine filmische Solitär unter dem Link https://vimeo.com/482054550 zu betrachten - und zwar mit dem Kennwort „heimlich“ (aber das bleibt unter uns…). Übrigens: Die Sammlungen, die Wolfgang Dresler vor 23 Jahren aufnehmen konnte, gibt es heute nicht mehr, der Film enthält also unwiederbringliches Bildmaterial.
 
Heimliche Blicke - vom Zauber der frühen erotischen Photographie
In Paris auf den Spuren der frühen Aktphotographie.
Heimliche Blicke - Dokumentarfilm von Wolfgang Dresler aus dem Jahr 1997
Material: Betacam SP und DVcam - Bildformat 4:3
Gesamtspieldauer: 38:11
Mehr historisches Filmmaterial: www.tackerfilm.de