Darin war er komisch

Hans Kossatz zum 120. Geburtstag

von Frank Becker

Argon-Verlag, Berlin 1967

Darin war er komisch
 
Hans Kossatz zum 120. Geburtstag
 
Hans Kossatz, heute vor 120 Jahren  in Brandenburg an der Havel geboren, gehört mit seinem unvergleichlichen Federstrich bis heute zu den markantesten „Insulanern“, die nach 1945 mit ihrem Zeichenstift von (West)Berlin aus mit Witz und Schnauze die Stimmung in der geteilten Stadt aufhellten. Mit Kollegen wie Patt Rehberg, Will Halle, Horst von Möllendorf, „Tüte“ Hagedorn, Hans J. Stenzel, Erwin Kutz und Wolfgang Fürstenau (um nur einige der wichtigsten zu erwähnen) würzte er den Alltag der geteilten Hauptstadt mit Humor der typischen Berliner Art. Besonders während der russischen Blockade West-Berlins 1948/49 machten sie den Berlinern Mut, mit unverblümten Witzeleien, scharfen Karikaturen, lakonischem Fatalismus, aber nie auch nur mit dem Gedanke ans Nach- oder Aufgeben. Liebenswerter Humor mit Schnauze war ihrer aller Prinzip. Hans Kossatz und seine Freunde erlangten wie die Kabarettisten von Günter Neumanns Die Insulaner" dadurch eine ungeheure Popularität, die auch in den folgenden Jahrzehnten anhielt.
 
 
© Ropp Verlag, 1954

Hans Kossatz machte sich als großer Könner kleiner Pikanterien durch seinen unverkennbaren Stil und damit, daß er den Finger in die Wunde zu legen wußte, einen sehr guten Namen als Karikaturist. Seine tagesaktuellen brillanten Karikaturen z.B. im Berliner Tagesspiegel aus 20 Jahren sind ohne Zahl und punktgenau. Sehr begehrt war er auch als Buchillustrator und als Schöpfer unvergeßlicher Buchumschläge, die oft genug den Verlagen zu höheren Verkaufszahlen verhalfen. Dabei machte es keinen Unterschied, ob es Romane, Jugendbücher, Kabarett oder Witze-Sammlungen waren. Hans Kossatz´ sympathische Umschlagzeichnungen und Textillustrationen waren Kaufanreiz und adelten u.v.a. Bücher von Erich Kästner (Emil und die drei Zwillinge), Franz Bauer (Auf unserm Hof da stimmt was nicht), Curt Seibert (Das Anekdotenbuch), Günter Neumann (Die Insulaner), Rolf Ulrich (Die Stachelschweine), Frank B. Gilbreth (Im Dutzend billiger), Curt Flatow (Striptease im Löwenkäfig), Leo Slezak (Der Rückfall), Hans Nicklisch (Vater, unser bestes Stück), Siegfried Fischer-Fabian (Venus mit Herz und Köpfchen), Paulus Potter (Die Spree-Laterne), Jo Hanns Rösler (Das schönste Mädchen der Welt) und Hans Reimann (Hast Du Töne?). Das ist natürlich nur eine völlig unvollkommene Auswahl. Weitere Titel finden Sie unten. Auch hier war es oft Berliner Literatur, der er mit seinen Bildern seinen Stempel aufdrückte und die dadurch unverwechselbar wurden. 
 

© 1957 Verlag Illustrierte Presse

Hans Kossatz ganz großer Wurf wurde die Serie von Zeichengeschichten um Dackel Willi und die Familie Kaiser, die von 1953, zunächst in der Deutschen Illustrierten und nach deren Zusammenlegung mit der Bunten Illustrierten im Jahr 1958 von 1962 bis 1966 in der beliebten Illustrierten Bunte erschien. Unser Hauszeichner Joachim Klinger schreibt dazu:
„Im Comic-Strip kann es nicht eine Reihe zentraler Figuren geben. Deshalb funktioniert die Bildergeschichten-Serie von Hans Kossatz, die uns den Dackel Willi und Familie Kaiser präsentiert, nur deshalb, weil Dackel Willi die zentrale Figur ist, die Familie Kaiser mit Vater, Mutter und zwei Kindern in Atem hält und in aller Regel den Verlauf der Handlung bestimmt. Hans Kossatz, der sein „Handwerk“ als Karikaturist ebenso gut beherrscht wie Möllendorff und Ohser, hat so „dackeltypische“ Geschich­ten geliefert, daß man sagen möchte, dieses Thema sei ein für alle Mal ab­schließend behandelt. Jeder Dackel-Besitzer wird das bestätigen.
Die Zeichnungen sind keß und flott wie der Dackel selbst und finden auch den Beifall humorvoller Menschen, die nicht als Tierfreunde gelten können.“
 
 
       © o.J. Tomus Verlag

Sein 1976 zusammen mit Hildegard Knef herausgegebenes Berliner Sehnsuchts-Buch Heimweh-Blues gehört nach wie vor für Berliner zu den schönsten Berlin-Büchern. Hans Kossatz ist vor 35 Jahren in Berlin, der Stadt seines Herzens, gestorben. Er wurde 84 Jahre alt.
 
Werke (Auswahl):
Na bitte! Auf die Schippe genommen - Blanvalet, Berlin 1955
Die Stachelschweine (mit Ulrich/Herbst/Thierry) – Blanvalet, Berlin 1956
Dackel Willi und Familie Kaiser, 50 Bildgeschichten - Verlag Illustrierte Presse, Stuttgart 1957
Lache mit Willi, Die Erlebnisse eines Dackels - Tomus Verlag, München 1962
Struwwelpeter im Heilbad (mit Walther Ottendorff-Simrock) – Flöttmann, Gütersloh o.J.
Darin bin ich komisch - Argon-Verlag, Berlin 1967
Offen gestanden, so war das mit mir, Die illustrierte Beichte - Argon-Verlag, Berlin 1969
Striptease im Löwenkäfig (mit Kurt Flatow) – Verlag Freund, Berlin 1975
Heimweh-Blues (mit Hildegard Knef) – Verlag Freund, Berlin 1976
Ein Preuße erinnert sich – Tomus Verlag, München o.J.
Kossatz´ lustige Berlin-Chronik – Verlag der Tagesspiegel, Berlin 1985
 
Beiträge u.a. in:
Kleine Brise Berliner Luft, eingefangen mit dem Zeichenstift – Ullstein Verlag, Berlin 1956
Berliner Luft – Sigbert Mohn Verlag, Gütersloh 1959                                                                                      
Rechts und links von Kurfürstendamm, Berliner Karikaturen – Ernst Staneck Verlag, Berlin 1961
Illustrationen, Titel (Auswahl):
Peter Mattheus Kleeblatt wider Willen – Franz Schneider Verlag, 1936/1955
Hans Reimann, Der Spaßvogel – Karl Kurtius Berlin, 1940
Georg Fröschel, Himmel, meine Schuhe – Vier Tannen Verlag, 1948 / Schneider o.J.
Franz Bauer, Auf unserm Hof da stimmt was nicht – Franz Schneider Verlag 1952/1966
Paulus Potter, Die Spree-Laterne – Ropp Verlag, 1954
Günter Neumann, Die Insulaner, Bd. 1-3 – Blanvalet Verlag 1954-1957
Alberti, Das dicke Witzbuch – Gebrüder Weiss Verlag, ca. 1955
Frank B. Gilbreth, Im Dutzend billiger – Blanvalet Verlag 1956
Frank B. Gilbreth, Aus Kindern werden Leute – Blanvalet Verlag 1958
Jo Hanns Rösler, Das schönste Mädchen der Welt – Gebrüder Weiss Verlag, 1956
Hans Nicklisch, Vater, unser bestes Stück – Blanvalet Verlag, 1955
Hans Nicklisch, Ohne Mutter geht es nicht – Blanvalet Verlag, 1957
Curt Seibert, Die Tafelrunde – Gebrüder Weiss Verlag, Berlin 1957
Jo Hanns Rösler, Die Dame aus der Morgenzeitung – Gebrüder Weiss Verlag Berlin, 1957
Curt Seibert, Das Anekdotenbuch – Gebrüder Weiss Verlag, Berlin 1960
S. Fischer-Fabian, Müssen Berliner so sein… – Argon Verlag Berlin, 1960
Hans Reimann, Hast du Töne? – Gebrüder Weiss Verlag, ca. 1960
S. Fischer-Fabian, Venus mit Herz und Köpfchen – Argon Verlag, 1963
Christel Ehlert, Traubenzucker und Baldrian – rororo 1967
Erich Kästner, Emil und die drei Zwillinge – Büchergilde o.J.
Paul Feichten, Das Paradies der Witze – Gebrüder Weiss Verlag, Berlin
 
 
© 1969 Argon-Verlag, Berlin