Einblicke in und Einsichten über ein unbekanntes Land

Kai Strittmatter - "Gebrauchsanweisung für China"

von Frank Becker
Gebrauchsanweisungen sollte man lesen: vorher!

Der Kalender zählt nur noch wenige Tage Woche herunter, bis China die Welt zu den Olympischen Spielen in Beijing, Qingdao, Shanghai, Tianjin, Qinhuangdao, Shenyang und Hongkong begrüßt. Viele Sportler sind schon dort und einige unserer Leser haben vermutlich die Koffer bereits gepackt, um mit der einen oder ergatterten Karte bei einem Wettkampf dabei zu sein. Wer noch nie in China war, wird sich gewiß fragen: Was erwartet mich dort? Wie sind Land und Leute, Sitten und Gebräuche? Was tut man und was besser nicht, worauf muß ich achten und was kommt auf den Tisch? Fragen, die Kai Strittmatter, acht Jahre China-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung griffig, schlüssig und humorvoll in seiner "Gebrauchsanweisung für China" beantwortet.

Nun ist dieses Buch, das neben Tilman Spenglers China-Reportagen zum Besten seines Genres in deutscher Sprache gehört, kein Reiseführer im eigentlichen Sinne. Sie werden keine Stadtpläne, Hotelempfehlungen oder Einkaufstips finden. Es gibt keinen kurzgefaßten Sprachführer darin und auch keinen historischen Abriß. Für solche Auskünfte sind andere zuständig. Kai Strittmatter berichtet, wie die Chinesen sind und wie sie leben. Das allerdings tut er, der tiefe Einblicke in die chinesische Kultur und Geschichte hat nehmen können, tiefschürfend, bestens informiert und bei aller Sachlichkeit höchst unterhaltsam. Dabei nimmt sich Strittmatter auch Themen vor, die dem offiziellen China derzeit besonders weh tun, wie z.B. die Internet-Zensur: 30.000 (!) Beamte überwachen jeglichen ein- und ausgehenden E-Mail- und Internet-Verkehr.

Grotesk wirkt das Bemühen der chinesischen Behörden, den Bürgern das Essen von Wildtieren abzugewöhnen oder sie dazu zu bewegen, nicht im Schlafanzug spazieren zu gehen, Züge des Grotesken hat auch der Kampf gegen die "vier Plagen": Mücken, Fliegen, Spatzen und Ratten (von den Kakerlaken mal ganz abgesehen), den Strittmatter sehr plastisch zu schildern vermag. Das ist es übrigens, was seine Texte so herrlich frisch macht: die Plastizität seines Erzählstils. Wir erfahren viel Interessantes über sanitäre Eigenheiten, Mode, Sprache, Ernährung, Kulinarik, Philosophie, Selbstverständnis und Freizeitgebaren der Chinesen. Und bitte: alles lesen, vom Anfang über den Anfang bis zu den wichtigen Tips zum Schluß. Ein wunderbares, ein köstliches Buch, das dem Liebhaber des literarischen Feuilletons,
dem Touristen, ja auch und besonders dem Reisejournalisten solides Rüstzeug für seine Fahrt ins Reich der Mitte mitgibt.

Kai Strittmatters "Gebrauchsanweisung für China", Kolumnen und Feuilletons über ein Land, das uns nach der Lektüre gar nicht mehr so unbekannt vorkommt, sollte lesen, wer das China von heute besuchen und verstehen möchte. Bevor er hinfährt. 

Beispielbild

Kai Strittmatter
Gebrauchsanweisung für China

© 2008 Piper Verlag


überarbeitete Neuausgabe
Erschienen: Juli 2008
272 Seiten
Integralbindung
€ 14,90 [D], € 15,40 [A], sFr 26,90
ISBN: 9783492275743

Weitere Informationen unter:
www.piper.de