Zeichner als Kinderfreunde (1)

von Joachim Klinger

Joachim Klinger, Selbstporträt
Zeichner als Kinderfreunde
 
1
 
Wenn man einem Menschen nachsagt, er sei ein Kinderfreund, dann ist das eine bedeutsame Charakterisierung, die sich auf Beobachtungen und Erfahrungen stützt. Wenn ich einen Zeichner als Kinderfreund vorstelle, dann beziehe ich mich nur auf Werke, die er für Kinder (oder jedenfalls vor allem für Kinder) gemacht hat.
Man wird mir zustimmen, wenn ich E.O. Plauen, Erich Ohser aus Plauen (1903 – 1944), einen Kinderfreund nenne. Mit seiner Bilderfolge „Vater und Sohn“, die mehrere Alben füllt und auch heute noch publiziert wird, hat er der Liebe zwischen einem Vater und seinem Sohn ein bleibendes Denkmal gesetzt. Kinder aus aller Welt freuen sich an den Geschichten von „Vater und Sohn“, die wie „Max und Moritz“ von Wilhelm Busch zeitlos zu sein scheinen.
Dann denke ich an Walter Trier (1890–1951), der mit seinem „Das Eselein Dandy“ die Herzen der Kinder erobert hat. Bei seiner Emigration nach London (1936) soll er als Einziges seine Spielzeugsammlung mitgenommen haben. Beim Magazin „Lilliput“ gestaltete er eine große Zahl von Titelblättern, einfach, farbig und lustig, die aktuelle Freude erregten, aber auch andauernde Sammelleidenschaft auslösten. Unvorstellbar auch der Erfolg der Kinderbücher von Erich Kästner ohne die lapidaren, aussagekräftigen Umschlagbilder und Illustrationen im Text von Walter Trier.
Als Dritten in dieser Reihe der erfolgreichen und bis heute beliebten Künstler nenne ich Fritz Koch-Gotha (1877–1956) und weiß, daß jedem Leser „Die Häschenschule“ (aus dem Jahr 1923 mit immer neuen Auflagen) einfällt. „Das Hühnchen Sabinchen“ und „Waldi“ folgten und erlangten einen hohen Bekanntheitsgrad, nicht aber die sagenhafte Berühmtheit der „Häschenschule“.
 
 

Gemeinsam haben die drei Zeichner, daß sie als Pressezeichner und Karikaturisten ihren Ruf begründeten. Sie arbeiteten für Tageszeitungen, Unterhaltungsblätter und die großen Illustrierten, insbesondere in Berlin.
Dabei war der Tätigkeitsbereich von Walter Trier noch breiter angelegt. Er entwarf auch Dekorationen, Kostüme, Wandbilder und war für die Werbung tätig (z.B. Zigaretten-Sammelbilder).
E.O. Plauen, Walter Trier und Fritz Koch-Gotha sind bis heute unvergessen und haben mancherlei Würdigungen erfahren. In Plauen gibt es ein eigenes Museum für Erich Ohser, Walter Trier wurde z.B. mit dem „Großen Trier-Buch“ geehrt (R. Piper Verlag, München und Zürich, 1972), und Fritz Koch-Gotha wurde 1947 Ehrenbürger von Rostock und auch in der DDR geschätzt.
Monographien sowohl von Walter Trier als auch von Fritz Koch-Gotha erschienen im Münchner Verlag Rogner & Bernhard in der Reihe „Klassiker der Karikatur“ (Band 4 und Band 6) in den 60er/70er Jahren des 20. Jahrhunderts.


Lesen Sie nach diesem Auftakt morgen an dieser Stelle den zweiten Teil
von Joachim Klingers Artikel, der sich eingehender Ferdinand Barlog widmet.