Frohe Ostern bei Weyhers
Ich traf jetzt einen Kollegen vorm HNF, der kennt den Gasthof Weyher nicht. Der lebt seit 30 Jahren in Paderborn und war noch nie im Haxtergrund. Wenn ich mir ausrechne, daß er jahrelang dem Apfelkuchen von Frau Weyher so nahe war, aber darauf verzichten mußte, dann kommen mir die Tränen. Was hätte alles aus ihm werden können? Natürlich, man muß erst die Süßigkeitensünden der Kindheit abschütteln, damit man erfährt, daß man nicht alles essen muß, was schmeckt. Vieles ist voller ätzender Farbstoffe und schwindlig machender Ingredienzien, daß man sich wundert, diesen Lebensabschnitt überhaupt überlebt zu haben. Mit acht Jahren etwa kann man an den Apfelkuchen von Frau Weyher herangeführt werden. Es muß ja nicht gleich ein ganzes Stück sein. Dafür sind auch die Männer da, daß sie aushelfen, mitessen und nichts verkommen lassen. Natürlich sollte man den Probierer bei diesem Erlebnis nicht allein lassen. Er sollte vor einer Wand sitzen und nicht abgelenkt sein durch herumlaufende Katzen und aufdringliche Spatzen. Was dann passiert nennt man Liebe. Durch den Genuß des Apfelkuchens sehen wir plötzlich die Welt mit anderen Augen. Man begreift die Ostwestfalen, achtet Tier- und Pflanzenwelt und liebt das Leben. Mein Kollege kennt immerhin Dark Vader und Alexander Senn von der FDP, aber ich bezweifle, daß die Jungs einen solchen Apfelkuchen backen können.
Ich sprach heute noch mit Herrn Weyher, der es bedauert, daß er uns nicht bei diesem schönen Wetter in seinem Kuchengarten verwöhnen darf. Leider gibt es im Augenblick in seinem Hofladen nur Kartoffeln zu kaufen, weil die dortigen Hausmacher Wurstwaren und Adelheids Spezialitäten häufig ohne Bezahlung mitgenommen wurden. Wer macht denn sowas? Das erinnert mich auch an Wernys Wieseneier, die man vor der Kapelle zur Hilligen Seele kaufen kann und wo nun ein Automat den Verkauf regeln muß, weil auch dort die Eier einfach eingesteckt wurden. Wie gemein wir geworden sind. Ich sprach jetzt noch im Haxtergrund mit einen Imker aus Dörenhagen, dem sieben Bienenvölker entführt wurden, und über die Giftköder, die für Hunde auf dem Monte Scherbelino verteilt werden, kann man nur den Kopf schütteln. Wie traurig aber war die Nachricht über die jungen 60 Obstbäume an der Husener Straße, die mithilfe eines Astkneifers zerstört wurden. Man muß was dagegen setzen. Das soll nicht von uns bleiben, wenn man sich mal an uns erinnern will. Ich möchte heute ein Ostergericht von Weyhers dagegen setzen, daß wir hoffentlich bald wieder essen dürfen, damit wir nicht verrohen und dankbar sind für alle Glücksbotschaften, die uns in unserer Heimatstadt begegnen.
Freuen wir uns auf Herrn Weyhers Rinderbouillon, seine Rouladen vom jungen Rind, Adelheids Salatteller und Kartoffeln und auf ihren Vanillejoghurt mit heißen Himbeeren und das für ca. 18 Euro 50. Frohe Ostern, Paderborn.
© 2021 Erwin Grosche
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