Neue Grußformen
bestimmen unseren Umgang
Der Handschlag ist in Zeiten von Corona tabu. Viele Jüngere unter uns wissen gar nicht mehr, daß man sich früher die Hand gegeben hat. Nach einem Jahr der handschlagfreien Zeit muß man ein Fazit ziehen. Der Mensch will wahrgenommen werden; ohne Begrüßungen verkümmern wir und treten ein in die FDP. Damit das Miteinander auch in Zeiten der Krise nicht abkühlt und gesellig bleibt, haben sich die Menschen in Paderborn zu alternativen Begrüßungsgesten durchgerungen.
a. Beginnen wir mit dem weit verbreiteten „Wuhan-Shake“. In Wuhan begannen die Anwohner, sich mit zwei lässigen Fuß-Klatschern zu begrüßen. Dabei stoßen sie den jeweils linken und den rechten Fuß aneinander. Dieser Gruß hat was Verspieltes und wir sagen dabei: „Mit den Füßen grüßen“
b. Beliebt ist auch der Ellenbogenstoß, wo sich zwei Personen mit ihren Unterarmen anstoßen. Das Freundschaftsangebot ist besonders bei Handwerkern beliebt, da dieser Gruß als männlich gilt und zeigt, daß man sich durchsetzen kann. Ich könnte mir vorstellen, daß es diesen Gruß auch noch geben wird, wenn wir uns wieder die Hand reichen dürfen. „Mit den Füßen grüßen, mit den Armen stoßen.“ Alle Kinder mögen auch den „Borchener Herzgruß“, der von Herzen kommt, weil nur jeder der Liebe gibt, auch Liebe empfangen kann. Man legt die Hand auf das Herz und lacht sein Gegenüber an. „Mit den Füßen grüßen, mit den Armen stoßen, mit dem Herz versüßen.“
c. Manche bevorzugen das „Namaste“, den Demutsgruß, indem man die Hände aneinander legt wie beim Gebet und eine Verbeugung andeutet. In Paderborn nennt man diesen Demutsgruß auch den Antoniusgruß, nach unserem Herrn Linnemann, der so seine Kunden aus dem Buchladen verabschiedete. „Mit den Füßen grüßen, mit den Armen stoßen, mit dem Herz versüßen, loben wir die Großen.“ Höhepunkt der Begrüßungsvariationen ist die Selbstumarmung.
d. Ein Selbstumarmer umarmt sich selbst, wenn er damit zeigen will, wie sehr er den anderen umarmen würde, wenn er nicht dessen Schutz sogar noch vor der eigenen Sehnsucht stellen würde. Nicht umsonst erinnert die Selbstumarmung an den Aufenthalt in einer Zwangsjacke, in der man sich aber nun freiwillig begibt, weil man sonst vor Sehnsucht nach dem anderen platzen würde. „Mit den Füßen grüßen, mit den Armen stoßen, mit dem Herz versüßen, loben wir die Großen: Namaste“ Bei tatkräftigen Menschen sieht man auch die Ghettofaust, wo man die zur Faust geballte Hand des anderen mit der eigenen zur Faust geballten Hand anboxt. Bei jüngeren Menschen war der Gruß schon immer beliebt, vor allem in der Hip-Hop-Szene. Bekannt ist er auch als „Ghettofaust" oder als „Riemekefaust“ oder „Fist Bump“. Udo Olschweski und die Jungs vom Ordnungsamt begrüßen sich so. „Mit den Füßen grüßen, mit den Armen stoßen, mit dem Herz versüßen, loben wir die Großen. Freudensprünge springen, lächeln kann man auch, Küsse laut erklingen, so ist hier der Brauch.“
© 2021 Erwin Grosche
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