„Davon glaube ich kein Wort!“ Ein Besuch bei Hitler Von Ernst Peter Fischer
Wie dem auch sei: Planck ist von Historikern als Physiker, Philosoph, Prediger und Politiker bezeichnet worden, wobei er als Repräsentant sowohl seiner Wissenschaft als auch seiner Universität viele unangenehme Begegnungen mit Vertretern der Staatsmacht auszuhalten hatte. Am schlimmsten galt ihm sein Zusammentreffen mit Adolf Hitler, bei dem Planck seinen Erinnerungen und späteren Aufzeichnungen zufolge zwar versucht hat, sich für den Verbleib verdienstvoller jüdischer Wissenschaftler einzusetzen, von denen einige mit Nobelpreiswürden versehen waren und als Direktoren von Kaiser-Wilhelm-Instituten, die nach dem Zweiten Weltkrieg Plancks Namen bekommen haben. Aber sein „Besuch bei Adolf Hitler“ fand im Mai 1933 statt, und damals antwortete der Führer auf Plancks Bitte um Verschonung der jüdischen Gelehrten:
„Gegen die Juden an sich habe ich gar nichts. Aber die Juden sind alle Kommunisten, und diese sind meine Feinde, gegen sie geht mein Kampf.“
Als Planck anmerkte, damit betreibe Deutschland so etwas wie eine Selbstverstümmelung, da die vertriebenen Gelehrten ihre wissenschaftliche Arbeit, von der moderne Gemeinwesen und Staaten abhängen, im Ausland fortsetzen würden. Auf diese Bemerkung reagierte Hitler mit der bedrohlichen Feststellung, „Unsere völkische Politik wird weder rückgängig gemacht noch abgeändert werden, auch nicht für die Wissenschaftler. Wenn die Entlassung jüdischer Wissenschaftler die Vernichtung der zeitgenössischen deutschen Wissenschaft bedeutet, dann werden wir eben einige Jahre ohne Wissenschaft auskommen“. Und während sich Hitler in Rage redete, „schlug er sich kräftig auf das Knie … und schaukelte sich in eine solche Wut hinaus, daß mir nichts übrig blieb, als zu verstummen und mich zu verabschieden.“
Der Autor erlaubt sich an dieser Stelle erneut einen kleinen persönlichen Schlenker, der mit seinem Deutschlehrer verbunden ist, den er so geschätzt hat wie Planck seinen Physiklehrer. Mein Deutschlehrer, ein Oberstudienrat namens Heinrich Hahne, der auch mit Glossen und Aufsätzen im Feuilleton der FAZ vertreten war, hatte 1934 mit seinem Studium in Berlin begonnen, und er hat in einem Buch mit dem Titel „Wortwörtlich“ davon erzählt, wie er mit Kommilitonen bei einer Sitzung der Akademie der Wissenschaften Unter den Linden zuhören durfte, an deren Ende die Gruppe in einer Fensternische wartete:
„Dann kam Max Planck die Treppe herunter. In seinen engen Röhrenhosen setzte er behutsam Schritt für Schritt und orientierte sich mit der Hand am Geländer. Über dem Klappkragen mit der schweren Krawatte erhob sich der mächtige Kopf. Wir traten noch weiter zurück und grüßten ihn. Er nahm von uns keine Notiz, und wir waren froh darüber; denn hätte er uns beachtet, und unter Umständen aus irgendeinem Grunde sogar angesprochen: wir wären in den Boden versunken.“
Etwas von dieser Verehrung hat der Lehrer dem Schüler mit auf den Lebensweg gegeben, der es als sein kleines Glück empfindet, ein paar Monate gemeinsam mit Planck auf der Welt gewesen zu sein. Als der große Mann im Oktober 1947 starb, war der kleine Knabe neun Monate alt.
© Ernst Peter Fischer
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