Gott erbarme Dich - schauen deutsche Lustspiele neuerdings so aus?

„Es ist nur eine Phase, Hase“ von Florian Gallenberger

von Renate Wagner

Es ist nur eine Phase, Hase
Deutschland 2021

Regie: Florian Gallenberger
Mit: Christoph Maria Herbst, Christiane Paul, Jürgen Vogel u.a.
 
Schauen deutsche Lustspiele neuerdings so aus? Dann Gott erbarme Dich, wenn es dermaßen dumm und peinlich zugeht. Als „Entschuldigung“ für die Wahl des Drehbuchs mag gelten, daß der Roman „Es ist nur eine Phase, Hase“ von Maxim Leo und Jochen-Martin Gutsch lange auf der Bestseller-Liste stand. Mit dem Untertitel „ein Trostbuch für Alterspubertierende“ angeboten, hat es offenbar den müden Humor einer Generation 50+ gefunden, die gerne noch möchte, aber nicht mehr kann. Was? Na, leben halt.
 
Man wird ins wohlhabende deutsche Intellektuellenmilieu geführt. Paul (Christoph Maria Herbst) ist Buchautor, Emilia (Christiane Paul) Synchronsprecherin, beide schrammen irgendwann in absehbarer Zeit an die 50, sehen aber (sie zumindest) doch jünger aus, wie das heute nicht ungewöhnlich ist.
Sie haben drei Kinder: die älteste Tochter Fe (Emilia Nöth) sieht aus wie ein Punk und stößt nur pappige  Bosheiten aus. Sohn Bo (Wanja Valentin Kube) könnte man mit seinen langen Locken für ein Mädchen halten, und nur Marie (Bella Bading), die Kleinste, scheint (noch) mit sich selbst identisch. Daß es kein Vergnügen ist, eine solche Schar aufzuziehen, würde niemand auszusprechen wagen, ist auch nicht das zentrale Problem des Films, obwohl  die Kinder am Ende, wenn es um den Familienfrieden geht, natürlich eine wichtige Rolle spielen.
Kurz, Paul und Emilia sind nicht mehr jung und fühlen es auch, Emilia wird von ihrer Freundin Heike (Barbara Philipp) geradezu aufgehetzt, die es empörend findet, daß man in ihrem Alter von der Männerwelt eigentlich schon sexuell aussortiert wird. Die beiden besuchen meist Yoga-Kurse, aber als sie einmal – in Erinnerung an selige Zeiten – in eine Disco ausbüchsen, passiert es – ein junger Mann (Nicola Perot) ist gerne zu einem One-Night-Stand bereit, und das gefällt Emilia besser als das, was der Gatte (ohnedies kaum mehr) zu bieten hat. Folglich meint sie, eine Trennung wäre gut, setzt den Ehemann vor die Tür und holt den Liebhaber herein. Soll ja nicht für ewig sein. Ist ja nur eine Phase, Hase.
 
Die Probleme von Paul hat man in jeder Hinsicht kennen gelernt, von mangelnder sexueller Lust bis Prostata, von zu viel Bauch bis keine Muskeln, was immer Männer jenseits der ersten Schaffenskraft zu beklagen haben. Das bespricht er mit seinen Freunden Theo (Jürgen Vogel) und Jonathan (Peter Jordan), deren Ratschläge und Lebensweisheiten sich außerordentlich blöde anhören.
Man muß nicht die ganze aufgelegte Geschichte erzählen (samt Flirt mit der Lehrerin der Tochter –  Jytte Merle Böhrnsen – was dann auch keine Lösung ist), jedenfalls hat der Film das denkbar peinlichste Finale, das man sich nur denken kann, wenn Paul der Gattin bei seinem „Schlußmonolog“ (in der Talk Show , wo er sein Buch vorstellt) frontal in die Kamera schluchzt, wie unerträglich das Leben ohne sie und die wunderbaren Kinder ist.
Daß Regisseur Florian Gallenberger, der schon viel Besseres gemacht hat („John Rabe“), so viel Schmalz und Zucker von der Leinwand triefen läßt, wie man es lange nicht gesehen hat und lieber nicht mehr sehen will, ist schier unbegreiflich.
 
Keine Frage, daß Christiane Paul und Christoph Maria Herbst (der seine bekannte Glatze hier unter eine Zottelperücke versteckt) exzellente Schauspieler sind, aber was sie da an bedeutungsvollen Blicken und zuckenden Mundwinkeln absetzen müssen, ist geradezu grotesk. Welch eine Verschwendung an Schauspielern, zumal in einem Film, der von den wahren Problemen, um die es hier ginge, gar nichts erzählt, aber unaufhörlich ein Klischee ans andere stückelt.
 
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Renate Wagner