Eine Huldigung

„Respect“ von Liesl Tommy

von Renate Wagner

Respect
USA  /  2021 

Regie:  Liesl Tommy
Mit:  Jennifer Hudson, Forest Whitaker, Marlon Wayans u,a,
 
Der Nachholbedarf von Amerikas schwarzer Bevölkerung ist enorm. Eine Flut von Biographien überschwemmt den Kinomarkt, und die großen „schwarzen“ Ladies der Musik eignen sich auf Grund ihrer nachhaltigen Bekanntheit sehr dafür. Besonders eine Persönlichkeit wie Aretha Franklin (1942-2018) verdient ein „Gedenken“, schließlich ist ihr Anteil an der Bürgerrechtsbewegung und an der Frauenbewegung genau das, was unserem Verständnis für richtiges Verhalten entgegen kommt.
Im Prinzip ähneln einander die Geschichten der erfolgreichen schwarzen Sängerinnen – grandiose Talente, die von einer repressiven Männerwelt (ob schwarz, ob weiß) ausgebeutet wurden. Im Fall von Aretha war es anfangs und vor allem der Baptisten-Prediger-Vater, der sie schon als Kleinkind vorführte – weil sie so leidenschaftlich gern und gut sang. Und das war in seinem Beruf eine wirkungsvolle Unterstützung. Und da lauerte auch, im Film nicht präzisiert, Mißbrauch im Hintergrund, als sie – selbst noch ein Kind – zwei Kinder bekam.
 
Der Schnitt zur jugendlich-erwachsenen Aretha zeigt dann Jennifer Hudson in dieser Rolle, auf die sie lange warten mußte, um nun ihr ganzes Talent entfalten zu können. Die junge Aretha wird  – wiederum von dem geldgierigen Vater – in ihre Karriere gehetzt. Dabei darf Hudson viele Franklin-Songs singen, sie kann es, und die Fans werden entzückt sein.
Aretha hatte mit Gospel begonnen, aber sie konnte viel mehr,  und Agenten wußten Stimme und Persönlichkeit auszunützen. Das ist, offen gesagt, eine Künstlerbiographie wie viele, vom Vater (Forest Whitaker spielt den „Bösewicht“) gehetzt, vom Manager Ted White (Marlon Wayans) unterstützt, um endlich gegen die väterliche Gewalt aufzubegehren. Der wehrt sich lange: „You are not leaving this family for this piece of trash“ (man ist nicht sehr vornehm untereinander)… Und doch wurde dieser Ted White ihr erster Ehemann (natürlich hat er sie unglücklich gemacht). Das wahre Opfer war, daran kann kein Zweifel offen bleiben, Aretha.
Man verfolgt dann die Karriere der zunehmend erfolgreichen Frau, obwohl die Männer die meiste Zeit über ihren Kopf hinweg diskutierten, was sie tun sollte und viele Krisen nicht auf sich warten ließen. Aber der Erfolg, der Aufstieg zur Ikone des „Soul“, die Millionen verkaufter Platten, die vollen Konzertsäle, das war ihre Leistung. Am Ende gibt es die rührselige Versöhnung mit dem Vater – „Du hast mich alles gelehrt“. „Und Du  hast alle meine Erwartungen übertroffen“…
 
Natürlich wird nicht vergessen, daß der Weg zum Selbstverständnis auch das soziale Bewußtsein nach sich zog, das ihre schwarzen Landsleute und die Frauen allgemein einschloß. Das entwickelt sich so „klassisch“, daß es ein wenig klischiert wirkt, und es ist natürlich auch das Anliegen der Regisseurin, der als farbige Südafrikanerin geborene, nun in den USA lebenden Liesl Tommy.
Man kann von einer konventionellen Story, die als (verdiente) Huldigung gedacht ist, nicht mehr verlangen, als sie hergibt, aber man muß aus politischer Korrektheit nicht in Begeisterung darüber ausbrechen. Fans von Aretha Franklins Gesang sollten den Film am besten als langes Konzert mit ein paar Spielszenen dazwischen konsumieren. Und das Ende ist kostbar – die echte, alte Aretha im Pelzmantel, die sich ans Klavier setzte und sang – atemberaubend.
 
 
Renate Wagner