Grandios: „Maria Stuart“ am Schauspielhaus Düsseldorf

Zweikampf zweier Königinnen und fasznierendes Intrigen-Spiel

von Andreas Rehnolt

Rainer Philippi, Wolfgang Michalek, Andreas Grothgar, Joscha Baltha, Thiemo Schwarz, Minna Wündrich - Foto © Sandra Then

Grandiose Inszenierung von „Maria Stuart“
am Schauspielhaus Düsseldorf

Zweikampf zweier Königinnen und fasznierendes Intrigen-Spiel
der männlichen Hofschranzen rund ums englische Königshaus

Regie: Laura Linnenbaum – Bühne: Valentin Baumeister – Kostüm: Ulrike Obermüller – Musik: Fiete Wachholtz – Dramaturgie: Janine Ortiz
Besetzung: Elisabeth, Königin von England: Minna Wündrich - Maria Stuart, Königin von Schottland, Gefangene in England: Judith Bohle - Robert Dudley, Graf von Leicester: Wolfgang Michalek - Georg Talbot, Graf von Shrewsbury: Thiemo Schwarz - Wilhelm Cecil, Baron von Burleigh, Großschatzmeister: Andreas Grothgar - Wilhelm Davison, Staatssekretär: Markus Danzeisen - Amias Paulet, Ritter, Hüter der Maria: Rainer Philippi - Mortimer, sein Neffe Joscha Baltha
 
Ein schräges, in zahlreichen rost- oder blutroten Stufen angelegtes Treppengebäude ist das England im Bühnenbild der „Maria Stuart“, die Regisseurin Laura Linnenbaum im Schauspielhaus Düseldorf in Szene setzte. Die Bühne von Valentin Baumeister ist mal Karriereleiter, mal Absturz-Rutschbahn der Hof-Intriganten am britischen Königshaus der Elisabeth von England, die von  Minna Wündrich mal selbstzweifelnd, mal hysterisch oder auch herrschsüchtig glaubhaft und überzeugend gespielt wird.
Maria Stuart als ihre königliche, schottische Gegenspielerin ist - gespielt von der frischen Judith Bohle - reizvoller, einschmeichelnder und vermeintlich leidender als eingesperrte und von hechelnden Möchtegern-Liebhabern umgarnte Gefangene, die in Land gekommen ist, um Elisabeth den englischen Thron streitig zu machen. Beiden Frauenrollen in dem rund zweieinhalb Stunden dauernden Schiller-Drama im Großen Haus des Düsseldorfer Schauspielhauses sind in dieser Inszenierung überragend und brillant.


Judith Bolhle, Minna Wündrich - Foto © Sandra Then

Die sechs Männer erscheinen trotzt ihrer vielen Worte und häufigen Präsenz auf der schräg-abschüssigen Bühne eher als Randfiguren. Obgleich sie tatsächlich diejenigen sind, die die beiden Königinnen im Amt belassen und sie - durchaus mit eigennützigen Plänen - führen. Herausragend in der Männerriege Andreas Grothgar als Baron von Burleigh, der fast geifernd den Kopf der Maria Stuart fordert und Wolfgang Michalek als Graf von Leicester, der um des eigenen Vorteils willen mal Maria Start, mal Elisabeth umschmeichelt und gleichzeitig verhöhnt.
Eine der besten und überzeugendsten Szenen ist ganz zu Anfang in dem nicht voll besetzten Theater zu sehen: Maria Stuart in unschuldiger, weißer Unterwäsche im englischen Kerker. Auf nacktem Boden erzählt sie von ihren mörderischen Taten an ihren schottischen Ehemännern und von den Heiraten mit den Meuchelmördern ihrer früheren Gatten. Auch wie sie Leicester und den Neffen des Kerkermeisters, Mortimer (Joscha Baltha) umgarnt und für ihre Pläne, Elisabeth zu ermorden einspannt, zeigt sie skrupellos, heimtückisch und vor nichts zurückschreckend und dabei ihre Schönheit bewußt einsetzend.

Glaubhaft gibt Minna Wündrich, wie die englische Königin sich windet und den Richterspruch des Todesurteils für Maria nicht befehlen will. Sie ist die Zweifelnde, die sich den höfischen Anforderungen nicht stellen will und die Verantwortung für den Tod der Kontrahentin bis zuletzt nicht übernehmen will. Glanzvoll in der Inszenierung die von Schiller frei erfundenen - tatsächlich nie passierten - Begegnungen der beiden majestätischen Gegenspielerinnen. Die Begegnung im Kerker zeigt Maria als stolze und hochkostümierte Königin und Elisabeth im schlichten goldenen Reitkostüm.


Judith Bohle - Foto © Sandra Then

Auch das letzte Treffen, fast wie eine Begegnung am Schafott in Szene gesetzt, überzeugt. Maria scheint im Königinnengewand mit allem abgeschlossen zu haben und geht mit Würde in den Tod. Elisabeth dagegen zweifelt bis zuletzt an ihrer Unterschrift unter das Todesurteil und erkennt erst am Ende des Stücks ihre Mitschuld durch ihr Zaudern und Hinauszögern einer Entscheidung. Alle Mitglieder ihres Hofrates versagen einen weiteren Dienst und gehen entweder in die Verbannung, ins Ausland oder in den Ruhestand. Warum die Regie zu Beginn und zum Ende den legendären Knef-Song „Für mich soll's rote Rosen regnen“ einsetzt, bleibt für die Zuschauer unklar. Langanhaltend und verdient der rauschende Applaus des Premierenpublikums für überzeugende Darsteller, eine hervorragende Regie und ein tolles Bühnenbild.
 
Weitere Informationen: www.dhaus.de