„Davon glaube ich kein Wort!“

Michael Faraday in der Anekdote

von Ernst Peter Fischer

Ernst Peter Fischer

„Davon glaube ich kein Wort!“

Michael Faraday in der Anekdote

Von Ernst Peter Fischer
 

Ein Licht für die Welt
 
Zu den größten Figuren der Wissenschaft des 19. Jahrhunderts zählt der Brite Michael Faraday, der sich spätestens ab 1820 die Aufgabe stellte, „Verwandle Magnetismus in Elektrizität!“. Damals hatte er von dem dänischen Physiker Hans Christian Ørsted gelernt, daß dann, wenn ein elektrischer Strom eingeschaltet wird, eine in der Nähe aufgestellte Magnetnadel zu wackeln anfängt. Elektrizität wird zum Magnetismus, wie man sehen konnte, aber Faraday fand das Umgekehrte wichtiger, denn für eine Gesellschaft kam es doch darauf an, Strom zu erzeugen, und vielleicht konnte man dies in ausreichender Menge schaffen, wenn man einen ausreichend großen Magneten ausreichend schnell bewegte. Faraday brauchte mehr als zehn Jahre, um die passenden und genügend empfindsamen Gerätschaften hinzubekommen, die heute nur noch Langeweile im Physikunterricht hervorrufen, aber dann bekam er hin, was fachlich elektromagnetische Induktion heißt, und mit dieser Möglichkeit bekam die Zivilisation nach und nach ihr elektrifiziertes Gesicht. Faradays Entdeckung half, den Weg zu finden, auf dem Strom in großen Mengen erzeugt und in die Haushalte gebracht werden konnte. Als er seinen ersten Erfolg einem lokalen Politiker vorführen wollte, fragte der verdutzte Mann beim Blick auf all die Spulen und Drähte allerdings, wozu man das denn alles gebrauchen könne. „Im Moment sieht man zwar noch nichts“, hat Faraday ohne Zögern geantwortet, „aber ich bin sicher, daß sie eines Tages den Strom besteuern können und werden.“ Faraday verglich solch eine völlig neue Beobachtung in der Wissenschaft auch mit einem neugeborenen Kind, dem man schließlich auch nicht sofort ansehen könnte, was aus ihm werde und wozu es sich gebrauchen ließe. 
       Faraday stammt aus tiefsten sozialen Schichten, er absolvierte eine Buchbinderlehre und fing dabei an, die Bücher zu lesen, die er anfertigte. Als er die wissenschaftliche Fragerei entdeckt hatte, ging sie ihm nicht mehr aus dem Kopf, wie er der Dame seines Herzens, der später von ihm geheirateten Sarah einmal geschrieben hat:
       „Ich möchte Dir tausend Dinge sagen und, glaube mir, tiefempfundene Dinge für Dich. Aber ich bin kein Meister der Worte für diesen Zweck. Und umso mehr ich darüber grüble und an Dich denke, desto mehr treiben Chloride, Versuche, Öl, Davy, Stahl, Mannigfaltiges, Quecksilber und fünfzig andere mit der Arbeit verbundene Phantasien davor und treiben mich weiter und weiter in die Verlegenheit der Dummheit.“
       Der im Text erwähnte Name Davy meint den damals berühmten Elektrochemiker Sir Humphry Davy, dessen Vorlesungen Faraday in London hören konnte, was er dazu benutzte, um aus den dazugehörigen Notizen ein Buch zu machen. Als er es dem großen Davy überreicht, suchte der gerade einen Assistenten für sein Labor, und so konnte Faradays Karriere in der Forschung beginnen. Er macht daneben Karriere als „popularizer“ der Wissenschaft und ruft 1826 „Weihnachtsvorlesungen für Kinder“ ins Leben, die bis heute am Sitz der Royal Society in London abgehalten werden . Sein berühmtester eigener Beitrag dazu handelt „Die Naturgeschichte der Kerze“ ab, die bis heute als gedrucktes Buch zu kaufen ist und mit dem Vorschlag an die jungen Zuhörer endet, sich selbst als Kerze zu verstehen und in die Welt hinauszugehen, um sie mit dem erworbenen Wissen zu erleuchten.
 

© Bank of England

© Ernst Peter Fischer