Mangelware reiner Wein

Die Regierung drückt sich vor der Wahrheit

von Lothar Leuschen

Foto © Anna Schwartz
Mangelware reiner Wein
 
Die Regierung drückt sich vor der Wahrheit
 
Von Lothar Leuschen
 
Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß. Mit zunehmender Realitätsverweigerung verfährt danach die Ampel-Regierung. Grenzenlose Unterstützung für die Ukraine,  grenzenlose Bereitschaft, den Bundeshaushalt neu zu verschulden und gleichzeitig alle Bürgerinnen und Bürger nichts vom Krieg an der Ostgrenze der EU spüren zu lassen. Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß. Dafür ist Bundeskanzler Olaf Scholz sogar bereit, dem russischen Diktator und Kriegstreiber Wladimir Putin täglich annähernd eine Milliarde Euro aus bundesdeutschen Kassen zu überweisen. Früher hieß es, Fressen komme vor der Moral, heute sind es Gas und Öl. Laut Scholz gilt es, durch Energie aus Rußland die deutsche Wirtschaft vor einer Rezession zu bewahren. Das ist seit Wochen sein Mantra. Die Letzte, die zum Thema Folgen des Krieges und Kosten für die Unterstützung der Ukraine die reine Wahrheit gesagt hat, war Außenministerin Annalena Baerbock. Sie wies damals auf unmittelbare Auswirkungen auf jeden einzelnen Deutschen hin. Seither allerdings versucht die Ampelregierung und darin vor allem die FDP,  Nebenwirkungen des Krieges mit neuen Schulden zu unterdrücken, die sie euphemistisch „Ergänzungshaushalt“ nennt.
 
Dabei ist es höchste Zeit, sich ehrlich zu machen. Selbstverständlich wirkt sich der Angriff Putins auf die Ukraine auch auf Deutschland aus. Und ebenso selbstverständlich ist es unmoralisch, Putin in seinem verbrecherischen Handeln auch noch zu unterstützen. Deshalb ist es auch notwendig, den Bezug von Öl und Gas aus Rußland zu stoppen, die vorhandenen Energiereserven vorwiegend der Wirtschaft zur Verfügung zu stellen, Ersatz zu beschaffen, wenn auch in Katar, und unmittelbare Folgen auf die Bürgerinnen und Bürger so zu lindern, daß der Stärkere mehr Last trägt als der Schwächere. Das ist keine linksgrüne Ideologie, sondern eine Grundregel der sozialen Marktwirtschaft, die einst von der Union groß gemacht worden ist. Ja, es kommt eine Zeit des Darbens auf Deutschland zu. Sie beginnt mit letztlich unhaltbaren Versprechungen und mit einem Mangel an reinem Wein.
 
 
Der Kommentar erschien am 24. März 2022 in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.