Kann das Glück sich irren?
Für einen Tag war die Ostwestfalenmetropole unter einer Schneedecke verschwunden. Selbst die tausend Baustellen sahen geschmückt aus, als wollte jemand heiraten. Hatte das Glück sich geirrt und wollte eigentlich im Sauerland niederkommen? Wie schön, an die Makellosigkeit der Welt erinnert zu werden. Da gehört auch Schnee und Winter im Frühling dazu. Das Glück ist nicht perfekt. Wenn ein Glückspfennig Glück bringen würde, hätten wir als Währung nicht den Euro. Wenn die Menschen nicht dauernd nach dem Glück suchen würden, wären sie viel zufriedener. Manche Männer fragen sich, warum bin ich mit meiner Ehefrau verheiratet und nicht mit der Frau meines Nachbarn? Warum hat er einen BMW und ist so ein schlechter Autofahrer? Warum bin ich nicht Nachfolger von Udo Olschewski geworden, sondern Claus Josephs? Kann Glück sich irren? Waren nicht eigentlich wir gemeint gewesen, als es um die Verteilung der guten Gaben ging? Gestern sah ich einen Autofahrer, der genau bei dem letzten Aufflackern der Grünphase noch über die Kreuzung gekommen ist. Das hätte auch ich sein können, wenn ich schneller gefahren wäre. Heute Morgen sah ich vor der Haustür meines Nachbarn weiße Sneakers stehen. Es waren genau die Turnschuhe, die ich mir schon immer gewünscht habe. Hatte das Glück sich vertan und die weißen Turnschuhe vor der falschen Tür abgestellt? Am Nachmittag traf ich dann meinen Nachbarn beim Müll rausstellen. Er trug die Sneakers und fühlte sich sichtlich unwohl darin. „Das sind meine Turnschuhe“, hätte ich am liebsten gesagt. „Sie sind ihnen doch viel zu klein.“ Später ging ich zur Kilianskirche, um im dortigen Schaukasten nach neuen Events zu schauen. Auf dem Weg dorthin entdeckte ich ein Glückssymbol, das von Kindern gemalt wurde. Unter einem Herz stand der Satz: „Glück für die Ukreine!“ Würde sich das Glück von diesem Wunsch abwenden lassen, nur weil das Wort „Ukraine“ falsch geschrieben worden war? Ich fahre gerne hinter den LKWs der Firma Stute her, und schreibe mir ihre Führerhauszahlen auf. Einmal überholte ich auf einer Fahrt von Dortmund nach Paderborn sechs Stute-LKWs, die alle unterschiedliche Nummern hatten. Ich schrieb mir sofort die Zahlenfolge 14, 37, 38, 40, 46, 49 und 2 auf. Wollte mir das Glück damit ein Zeichen senden? Ich tippte sofort Lotto Totto und kreuzte die Glückszahlen an. Was war ich enttäuscht, als diese Zahlen am Samstag nicht gezogen wurden. Hatte das Glück sich geirrt? Letztes Wochenende erlebte ich dann die erneute Ziehung der Lotto-Zahlen und staunte nicht schlecht, als genau diese sechs Zahlen 14, 37, 38, 40, 46, 49 und 2 eine Million erbrachten. Zum Glück brauche ich kein Geld um glücklich zu sein und kann auch dem Glück eine gewisse Zerstreutheit verzeihen. Das Glück ist auch nur ein Mensch. Neulich schenkte mir ein Mann aus D. (sorry Schwaney) ein vierblättriges Kleeblatt. Ich preßte sofort die Glückskleeblätter in meinen Impfausweis und war froh einen neuen Freund gefunden zu haben. Das ist Glück.
„Worin liegt das Geheimnis eines Glücks, das den Menschen, die leiden, nicht weh tut, sondern sie aufrichtet? Es ist die Freude des Armen, ein Glück, dass man nicht besitzt, sondern unwillkürlich teilt.“ (Frère Roger, Gründer der Communauté von Taizé)
© 2022 Erwin Grosche
|