Swingen und träumen, grooven und tänzeln

Eckart Runge / Jacques Ammon – „Baroque in blue“

von Frank Becker

Swingen und träumen,
grooven und tänzeln
 
Eckart Runge und Jacques Ammon
reißen mit „Baroque in blue“ elegant Grenzen ein.
 
Mit dem melancholischen Intro von Joaquín Rodrigos Concierto de Aranjuez eröffnen Eckart Runge und Jacques Ammon Chick Coreas Fusion-Titel Spain, mit dem er 1971 reüssierte. Cello und Klavier zeigen sich beidem gewachsen, wobei Ammon unüberhörbar dem großen Oscar Peterson Reverenz erweist. 
 
Was folgt ist eine kongenial den Originalen abgelauschte Perlenkette, dicht auf dicht wechselnd mit Barock und Jazz, Zeitgenossen und Komponisten des 18. Jahrhunderts bestückt – 75 Minuten pures Hörvergnügen. Naht- und bruchloslos geht Händels Larghetto in Gershwins schmelzendes It Ain't Necessarily So über, und man vergißt, wie übrigens durchweg, daß hier nur zwei (notabene geniale) Musiker am Werk sind. Die swingen und träumen, grooven und tänzeln mit Gluck und Vivaldi, Piazzolla und Legrenzi, J.S. Bach und Miles Davis. Die Grenzen der Genres verschwimmen unter Runges sensiblem Strich auf seinem Amati von 1595 und Ammons kultiviertem Anschlag auf seinem Steinway D-274 auf grandiose Weise. Das ist mal mitreißend aufregend, mal delikat und pikant, dann wie in Kapustins Burlesque lupenreiner Stride – ein Zusammenspiel von so hoher Kultur, wie man es selten erlebt und mit großem Vergnügen hört. Zärtlich werden Auszüge aus J.S. Bachs  Gambensonate G-dur BWV 1029 präsentiert, kraftvoll Astor Piazzollas Escualo und traumhaft elegisch als i-Tüpfelchen zum Schluß Miles Davis´ Standard Blue in Green.

Seit Jacques Loussier 1959 (Play Bach) und die Swingle Singers 1963 (Bach’s Greatest Hits) auf ebenso leichte wie geniale Art die Verbindung zwischen Barockmusik und Jazz geknüpft haben, haben es ihnen viele andere Künstler erfolgreich nachgetan. „Baroque in blue“ gibt der Vereinigung der Epochen und Stile im Jazz neue Würze. Ein kostbares, köstliches Album, das den Feierabend, die Blaue Stunde vergoldet. Dafür unser Prädikat: der Musenkuß.

Eckart Runge / Jacques Ammon – „Baroque in blue“
© 2019 NDR Kultur / 2022 Berlin Classics (CD)
Eckart Runge (Cello) - Jacques Ammon (Piano)
Mit Werken von: Johann Sebastian Bach (1685-1750), Georg Friedrich Händel (1685-1759), George Gershwin (1898-1937), Nikolai Kapustin (1937-2020), Chick Corea (1941-2021), Miles Davis (1926-1991), Christoph Willibald Gluck (1714-1787), Birelli Lagrene (geb. 1966), Antonio Vivaldi (1678-1741), Giovanni Legrenzi (1626-1690), Astor Piazzolla (1921-1992), Lucio Amanti (geb. 1977)
Im Einzelnen:
1. Chick Corea: Spain – 2. Georg Friedrich Händel: Larghetto aus der Violinsonate g-moll HWV 364b – 3. George Gershwin: It Ain't Necessarily So – 4. Christoph Willibald Gluck: Ballett aus „Orpheus & Eurydice“ – 5. Bireli Lagrene: Made in France – 6. Antonio Vivaldi: Largo aus der Cellosonate Nr. 6 – 7. Lucio Amanti: Ballad. Calmo aus der Jazz-Sonate Nr. 1 – 8. Nikolai Kapustin: Burlesque op. 97 – 9. Johann Sebastian Bach: Vivace aus der Gambensonate G-dur BWV 1029 – 10. Heitor Villa-Lobos: Aria aus „Bachianas Brasileiras“ – 11. Johann Sebastian Bach: Adagio aus der Gambensonate G-dur BWV 1029 - 12 Nikolai Kapustin: Nearly Waltz op. 98 – 13. Johann Sebastian Bach: Alegro aus der Gambensonate G-dur BWV 1029 – 14. Giovanni Legrenzi: Lumi Potete Piangere aus „La Divisione del Mondo“ – 15. Astor Piazzolla: Milonga del Angel – 16. Johann Sebastian Bach: Gambensonate BWV 1029; Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ BWV 639 - 17. Astor Piazzolla: Escualo - Miles Davis: Blue in Green
Gesamtzeit:  1:14:55
 
Weitere Informationen: www.berlin-classics-music.com