Der wandelnde Geist
Lee Falks Phantom
Er war für uns Jungs die Verkörperung des maskierten edlen Helden, der, nur begleitet von seinem (natürlich weißen) Pferd Hero und seinem treuen Schäferhund Devil (in einigen Heften hieß er Wolf) im Herzen Afrikas und sonst wo Schurken das Handwerk legte. Die Pistolen Kaliber .45, die er zu seinem hautengen, seinen muskulösen Körper betonenden Kostüm am Gürtel trug und die er treffsicher einzusetzen wußte, töteten nicht. Er trug sie zur Selbstverteidigung allein zu dem Zweck, seine Gegner zu entwaffnen. Sein Faustschlag hingegen war seine vernichtende Waffe, mit der er beim Schlag mit den Totenkopfring die Verbrecher zeichnete und dem P-Ring seine Schützlinge markierte. Er war der Lone Ranger des Dschungels, der Zorro südlich des Äquators, ein weltlicher Superman mit dem Mythos der Unverwundbarkeit – wobei er gelegentlich als Mr. Walker durchaus auch in anderen Weltgegenden auftauchte. Seinen Mythos bezog Phantom, der in einer Totenkopfhöhle mitten um Urwald lebte, seit Generationen aus der Weitergabe seines Geheimnisses und der Vererbung seiner Fähikeiten vom Vater auf den Sohn. Als ewiger Wandelnder Geist herrschte er scheinbar seit mehreren hundert Jahren im Dschungel, wo nur die Pygmäen sein Geheimnis kannten und bewahrten.
Natürlich waren wir als schmökernde 12jährige nicht an einer einfachen Lösung des Mysteriums interessiert. Wir wollten unseren Helden einschreiten und siegen sehen, sei es gegen Gangster, Piraten, böse Tierfänger oder andere skrupellose Geschäftemacher, die Afrika ausbeuteten. Wobei mir einfällt, daß man gerade heute wieder so ein Phantom im Herzen Afrikas recht gut gebrauchen könnte, sieht man, wie Afrika von westlichen Ölfirmen, der politischen russischen Mafia und chinesischen „Investoren“ skrupellos ausgebeutet wird. Aber das ist ein Traum, wie wir ihn nur als Halbwüchsige träume konnten.
Die Phantom-Hefte und die Phantom-Strips in Zeitungen haben wir begeistert konsumiert, ohne uns Gedanken über die Story ihrer Entstehung zu machen. Die Hefte wurden von den einen gelesen und mit der Erwartung der Fortsetzung weggelegt, anderen waren sie schon früh begehrte Sammlerobjekte.
Nun hat ein spät berufener, doch interessierter und konsequenter Sammler und Kenner nicht nur der Phantom-Comics, sondern der Comic-Szene schlechthin, eine Comic-Generation danach für die Edition Alfons ein Buch über den Helden meiner Kindheit geschrieben, das die ganze Geschichte von Phantom, international und national vorstellt und aufschlüsselt: Christian Blees. Anstatt nun selber noch einmal die Entwicklungsgeschichte der Phantom-Comics zu formulieren, sei mir das Zitieren des Klappentextes gestattet.
„Am 17. Februar 1936 erschien der erste Comicstrip von Phantom in den USA. Bald darauf trat die mysteriöse, von Lee Falk erdachte Figur einen weltweiten Siegeszug an. Auf dem Höhepunkt des Erfolges wurden die täglichen Abenteuer des Dschungelhelden weltweit von 100 Millionen Menschen gelesen. Dabei sahen sich Phantom-Fans im deutschen Sprachraum bislang mit einer schier unüberschaubaren Vielfalt an Comicheften, Alben und Taschenbüchern konfrontiert, deren Inhalte zudem meist stark bearbeitet waren.
Christian Blees' Buch erzählt erstmals auf Deutsch die Publikationsgeschichte des faszinierenden Helden und geht dabei ausführlich auf die verschiedenen Quellen ein, die den hierzulande erschienenen Ausgaben zugrunde liegen. Darüber hinaus wird anhand zahlreicher Beispiele erläutert, wie einzelne Redaktionen unzählige Geschichten nicht nur kürzten oder bearbeiteten, sondern inhaltlich bisweilen sogar völlig verfälschten. Umfangreiche, akribisch zusammengetragene Listen ermöglichen es außerdem, jede Story auf Anhieb zweifelsfrei zu identifizieren. Lee Falks Phantom ist ein Referenzwerk nicht nur für Phantom-Fans, sondern für alle Comicinteressierte.“
„Lee Falks PHANTOM“ von Christian Blees ist zweifellos der ultimative Wegweiser durch den bisher undurchdringlichen Dschungel der deutschsprachigen Veröffentlichungen. Mit brillant recherchierten Artikeln, ausführlichen Bibliografien aller Phantom-Comics und ihrer deutschsprachigen Veröffentlichungen diverser Verlage, mit Informationen über die Zeichner des Phantom sowie mit Kapiteln über internationale Phantom-Comics mit zahllosen Abbildungen. Ein Buch von hohem Informations- und Unterhaltungswert. Ein absolutes Muß für Comic-Fans und von uns mit unserem Prädikat, dem Musenkuß belohnt. Unser Buch des Monats.
Christian Blees – „Lee Falks PHANTOM“
Aus der Reihe »Texte zur Graphischen Literatur« in der Edition Alfons.
© 2022 Edition Alfons, 239 farbige Seiten, Broschur, 17 x 24 cm – ISBN: 978-3-946266-35-8
29,95 €.
Das Inhaltsverzeichnis:
Vorwort: Ein Abenteuer als Trauerspiel
Einleitung: Ein Schiff wird kommen Teil 1: Wurzeln und Quellen Kapitel 1: Wie alles begann Kapitel 2: Phantom und seine Welt Kapitel 3: Die Ära Moore und McCoy Kapitel 4: Die Ära Sy Barry Kapitel 5: Reprints in US-Comic-Books Kapitel 6: The Phantom bei Gold Key Kapitel 7: The Phantom in den King Comics Kapitel 8: The Phantom bei Charlton Kapitel 9: Die Fratelli-Spada-Storys aus Italien Kapitel 10: Die Team-Fantomen-Storys aus Schweden Teil 2: Phantom in Deutschland Kapitel 11: Der Weg in deutsche Zeitungen Kapitel 12: Phantom im Aller Verlag Kapitel 13: Im Visier der Jugendschützer Kapitel 14: Phantom im Semic Verlag Kapitel 15: Phantom im Moewig Verlag Kapitel 16: Phantom im Bastei Verlag Kapitel 17: Geschichten von Peter Mennigen Kapitel 18: Die Reihe Phantom Spezial Kapitel 19: Dem Ende entgegen Kapitel 20: Die Phantom-Taschenbücher Kapitel 21: Die Phantom-Romane Kapitel 22: Vereinzelte Publikationen im Laufe der Jahrzehnte Teil 3: Dschungelpfade – Übersicht sämtlicher auf Deutsch veröffentlichten Geschichten Nachwort: In Batmans Schatten Literaturverzeichnis: Die Phantom-Chroniken Stichwortverzeichnis Abbildungsverzeichnis Weitere Informationen: https://www.reddition.de/
|