Eine solche Besetzung bekommt man nicht alle Tage geboten

„Ticket ins Paradies“ von Ol Parker

von Renate Wagner

Ticket ins Paradies
Ticket to Paradise - USA 2022 

Regie: Ol Parker
Mit: Julia Roberts, George Clooney, Kaitlyn Dever, Maxime Bouttier,
Billie Lourd, Lucas Bravo u.a.
 
Natürlich geht es in erster Linie um Julia Roberts und George Clooney, Gewiß, sie ist Mitte 50, er ist Anfang 60, da ist für Hollywood der Lack längst ab. Zudem haben beide seit langem (eigentlich seit den „Ocean’s“-Filmen zu Jahrtausend-Beginn) nichts mehr gedreht, was übertriebene Beachtung der Medien oder gar Stürme auf die Kinokassen erzeugt hätte. Dennoch – die Namen waren einst so groß und strahlend, daß sie auch über die Jahrzehnte leuchten. Die beiden nun in einem „Rom-Com“-Film zu paaren („romantische Komödien“ als Gegengift der einstigen Traumfabrik zu einer immer härter und schwärzer werdenden Gegenwart) – das könnte wieder einmal ein Blockbuster werden. Wenn man Glück hat.
 
Julia Roberts und George Clooney spielen ein lang getrenntes Ehepaar in etwa ihrem originalen Alter. Daß solche Leute meist nur durch die gemeinsamen Kinder zusammen gehalten werden, ist realistisch, daß man sich aus tiefster Seele nicht leiden kann, auch. Roberts und Clooney sind souveräne Darsteller, sie lassen die Pointen fliegen, wenn sie einander bei unvermeidlichen Treffen angiften. Und dann müssen sie sogar zusammen nach Bali reisen, denn die Tochter will – und das ist für gute Amerikaner offenbar doch ein Schock – dort einen jungen Einheimischen heiraten. Da hat man sie nach Ende der Highschool mit ihrer besten Freundin für einen Urlaub ins Flugzeug gesetzt, damit sie danach brav zuhause Jus studiert… und nun das? Bali forever?
Apropos Bali, das stimmt nicht so ganz. Das lag für die Dreharbeiten nämlich in Neuseeland und wurde dort minimal aufgebaut – nicht mehr als ein Luxushotel am Strand, ein Dorf, schöne Einheimische in pittoresken Gewändern. Regisseur Ol Parker hat mit seinen „Indien“-Filmen vom Marigold-Hotel schon den Hang zur Exotik gezeigt, aber diese wird bei ihm nicht echt, ist nur hochglanzpolierte Kulisse. Der einzige Bali-Tempel aus der Ferne könnte auch aus dem Computer kommen, sonst verläßt man sich auf die Natur, die ja auch in Neuseeland sehr schön ist, und auf die reizenden Statisten.
 
Wie gesagt, der Bali-Teil hat vor allem den Zweck, daß Julia Roberts und George Clooney anreisen und versuchen, die Hochzeit der Tochter Lily (Kaitlyn Dever) zu hintertreiben. Ihr auserwählter junger Mann (Maxime Bouttier) ist zwar, wie es in den Presseunterlagen steht, echter Indonesier und ausgesucht hübsch, aber bitte – ein Einheimischer, der sein Geld mit Plantagen von Meerestang verdient wie schon sein Vater und Großvater! Der das gerne tut und auch hier bleiben wird, und Lily hat das einfache Leben am Meeresstrand auch fest vor.
Die Intrigen, die das Drehbuch für das Eltern-Paar Georgia und David vorgesehen hat, sind äußerst dünn. Die Handlung wird bloß von zwei Nebenfiguren ein wenig aufgeputzt, einem Verehrer von Georgia, dem Flugkapitän Paul (Lucas Bravo liefert die köstliche Studie eines verliebten Weicheis), und von Lilys Freundin Wren (Billie Lourd), deren Funktion nicht ganz klar wird (anfangs scheinen die Mädchen so eng, daß man schon erwarten konnte, die Eltern werden zu einer Lesben-Hochzeit eingeladen, aber kaum taucht ein Mann auf…).
 
Also, hoch geschminktes, fast peinlich künstliches, problemfreies Bali, das für das einfache Leben für Aussteiger wirbt, und – die beiden. Julia Roberts hat noch immer dieses wohl kalkulierte Lächeln von einst, sollte aber nicht zu oft die langen Pretty-Woman-Locken tragen, sonst merkt man erst so richtig, wie die Zeit vergangen ist (und wenn man krampfhaft schlank bleiben will, sieht man unvermeidlich etwas verhärmt aus…). Und George Clooney, der sich, wie man las, für diese Rolle viele, viele Kilo heruntergehungert hat, denn ein Papa in einem Hollywood-Film darf trotz grauer Haare nicht behäbig daherkommen, läßt den einstigen Liebhaber aufblitzen.
 
Allgemeines Happyend? Selbstverständlich. Dazu sind Rom-Com-Filme  das echte Leben bleibt außen vor. Und, ehrlich, eine solche Besetzung bekommt man (vor allem im Zeitalter der vielen nichtssagenden jungen Schauspieler-Gesichter) nicht alle Tage geboten.
 
 
Renate Wagner