Eine Perle der Jazz-Geschichte

Oscar Peterson – „On A Clear Day“

von Martina Weinmar / Frank Becker

Eine Perle der Jazz-Geschichte
 
Bisher unveröffentlichte Live-Aufnahme
des Konzertes in Zürich 1971

Wenn ein bis dato völlig ungehörter (und unerhörter) Schatz entdeckt wird, ist das ein Grund zur Freude; und wenn dieser Schatz von einem Meister der Tasten wie Oscar Peterson (1925-2007) stammt, umso mehr. Mit der Veröffentlichung von „On a Clear Day“ durch die Mack Avenue Music Group / Two Lions Records: The Oscar Peterson Trio - Live in Zurich, 1971 haben wir die Möglichkeit, ein halbes Jahrhundert danach noch einmal eine äußerst seltene Version des Trio-Formats zu hören, für das der bedeutende Künstler so bekannt war. Oft hat Oscar Peterson seine Trio-Besetzung geändert, hier findet sich nun eine äußerst rare Formation mit Louis Hayes (* 1937, den wir durch seine Zusammenarbeit mit Wes Montgomery, Horace Silver, Grant Green und Tommy Flanagan kennen und schätzen) und dem dänischen Ausnahme-Bassisten Niels-Henning Ørsted Pedersen (1946-2005, der den unvergessenen Ray Brown ersetzte). Die beiden haben vor diesem Auftritt nur auf einem einzigen Studioalbum zusammengefunden - Great Connection. Dieser Auftritt, der ganz am Ende der Tournee aufgenommen wurde, zeigt die Gruppe auf dem Höhepunkt ihrer grandiosen kreativen Meisterschaft.

Oscar Peterson war kein Anführer, der von seinen Mitmusikern einfach nur erwartete, daß sie seinen eigenen Vorstellungen von der Musik entsprachen. Stattdessen schöpfte er aus ihrer individuellen Kunstfertigkeit, um für jede einzelne Manifestation seines Trio-Konzepts eine einzigartige Einheit zu bilden. Wie jeder, der mit Petersons spezieller Kunst, seinem einzigartigen Anschlag vertraut ist, erwarten kann - besonders bei Live-Auftritten - ist die Musik ausdrucksstark, provokativ und manchmal wild in ihrer Intensität. Peterson nimmt im Allgemeinen keine Gefangenen, explosive Läufe bauen auf explosive Läufe auf, jedoch immer mit einer liebevollen Sensibilität, die mitreißt und gleichzeitig den Atem raubt. Ørsted Pedersen und Hayes sind immer eins mit dem Meister, und zusammen schaffen sie in den 62 Minuten ein nahtloses Miteinander ungeheurer Musikalität und spürbarer Freude, deren Funken aufs Publikum übersprang - belegt durch die begeisterte Reaktion des auf jedes Stück und den jubelnden Schlußapplaus.

Bei den acht Titeln handelt es sich um eine Zusammenstellung von Songbook-Klassikern von u.a. Richard Rodgers, Alan Jay Lerner, Johnny Mandel und Benny Godman - Standards und von der westlichen Klassik inspirierten Liedern - alle mit dem persönlichen Peterson-Touch.
Der zitatenreiche Dialog Pedersen/Peterson in „Soft Winds“ ist hier besondere Erwähnung wert. Den Auftakt des Sets macht das temporeiche und äußerst lebhafte »The Lamp is Low«, ein explosiv und virtuos, und den Schluß bildet »On the Trail« - mit dem Peterson-typischen fast unglaublichen atemberaubenden Tempo und Anschlag im Zentrum. Ein wahrhaft königlicher Abschluß eines einzigartigen Konzerts. Für diese Entdeckung gebührt den Herausgebern unser Prädikat, der Musenkuß. Unsere Schallplatte des Monats.
 
Oscar Peterson – „On A Clear Day“
Bisher unveröffentlichte Live-Aufnahme des Konzertes in Zürich 1971.
Oscar Peterson (p) – Niels-Henning Ørsted-Pedersen (b) – Louis Hayes (dr)
Titel:
1. The Lamp Is Low – 2. Younger Than Springtime – 3. On a Clear Day – 4. Young and Foolish/A Time for Love – 5. Soft Winds – 6. Mack the Knife – 7. Where Do I Go from Here? – 8. On the Trail
Gesamtzeit: 1:02:46
 
Weitere Informationen: www.mackavenue.com