Der Markt regelt es nicht

Habeck will China-Kontakte stärker kontrollieren

von Lothar Leuschen

Foto © Anna Schwartz
Der Markt regelt es nicht
 
Habeck will China-Kontakte stärker kontrollieren
 
Von Lothar Leuschen
 
Die Anamnese stimmt zweifellos. Deutschlands Wirtschaft ist von China deutlich abhängiger als Chinas Wirtschaft von Deutschland. Das ist das Resultat einer Entwicklung über Jahrzehnte. Und bisher hat es auch kaum jemanden weiter gestört. Schließlich rollte der Euro und war die Werkbank im Reich der Mitte der Garant dafür, dass Kunden in Deutschland Produkte verhältnismäßig günstig einkaufen konnten. Die Wirtschaft profitierte, die befürchteten Folgen für den hiesigen Arbeitsmarkt blieben weitgehend aus oder verschwanden schnell, wenn sie branchenspezifisch irgendwo auftauchten.
 
Das Geschäft mit China geht immer noch gut. Aber nun hat es keine besonders glänzende Zukunft mehr. Die von Kanzler Olaf Scholz wortreich beschriebene Zeitenwende ordnet die ganze Welt neu. Und jede Macht sucht ihre Rolle. China hat sich schon lange  für Platz 1 entschieden und ist offenbar willens, jedes Mittel einzusetzen, sein Ziel zu erreichen.  Taiwan muß akut um seine Freiheit bangen. Und viele Chinesen wissen längst, wie ernst es ihren Machthabern ist.
 
Wegen dieser Gesamtlage ist es richtig, daß Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sich offenbar anschickt, das Verhältnis deutscher Unternehmen zu China zu korrigieren. Daß chinesische Unternehmen Firmenbeteiligungen in Deutschland kaufen können, der umgekehrte Weg aber so gut wie unmöglich ist, beschreibt die aktuelle Lage gut. Sie hat letztlich auch dazu geführt, daß beispielsweise die deutsche Automobilindustrie fast wehrlos am Tropf Chinas hängt.
 
Nun drängt sich die Frage auf, welchen Trennungsschmerz der Wirtschaftsminister Unternehmen zumuten will. Denn es darf als sicher gelten, daß manche auf der Strecke bleiben, wenn die Geschäfte mit China nicht mehr so gut funktionieren, weil der deutsche Staat sie stärker kontrolliert. Dann kommt es für die Ampel-Regierung zum Schwur. Sie muß die Frage beantworten, wie viel ihr diese Firmen wert sind. Denn der Markt regelt viel, aber er regelt nicht alles.
 
 
Der Kommentar erschien am 2. Dezemberr 2022 in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.