Auch typisch für die Katholische Kirche ...

„Serviam – Ich will dienen“ von Ruth Mader

von Renate Wagner

Serviam – Ich will dienen
Österreich 2022

Drehbuch und Regie: Ruth Mader
Mit:
Maria Dragus, Leona Lindinger, Fritz Karl, Udo Samel, Petra Morzé u.a.
 
Wer in den Film „Serviam“ geht, ohne Näheres darüber zu wissen, findet sich zuerst in einer Klosterschule wieder (daß es Mitte der 80er Jahre, irgendwo in Niederösterreich, ist, erfährt man eigentlich nicht). Genauer gesagt – man ist im Internat. Und auch dort verengt sich der Blick wieder auf eine Handvoll vereinzelter Schülerinnen, die dort in der angeblichen Elite-Schule „eingeschlossen“ sind, sowie auf eine Schwester, die namenlos bleibt, aber die Hauptfigur ist.
Wie sie aus den Mädchen jene herausselektiert, die man am ehesten zu Glaubensextremen hin manipulieren kann, ist die erschreckende Erkenntnis des Beginns, wenn die junge Martha freiwillig einen Bußgürtel mit scharfen Metallteilen anlegt und nach noch mehr Schmerzen bittet, um Buße für die Sünden der Welt zu tun. Die Schwester billigt das mit milden Worten.
 
Hier meint man sich in dem Film „Serviam“ von Regisseurin Ruth Mader (die auch zusammen mit Martin Leidenfrost das Drehbuch geschrieben hat) auf sicherem Boden, Religiösen Fanatismus gibt es nicht nur bei Moslems, sondern bekannterweise auch bei Christen, und er kann durchaus verbrecherische Dimensionen annehmen, wenn da etwa die seelische und körperliche Gesundheit von Kindern aufs Spiel gesetzt wird. Nicht, daß die Schwester selbst es so sähe – der Darstellerin Maria Dragus funkelt auch nicht vordergründig der Satan des Fanatismus aus den Augen, aber die ungeheure Gespanntheit, die sie zeigt, macht schön klar, daß hier einiges nicht stimmt.
Es tut sich nicht viel im Klosterinternat, verschüchterte Mädchen begehren nicht auf, tuscheln ein wenig, aber konspirieren auch nicht wirklich, obwohl eine von ihnen, Sabine (Leona Lindinger) doch neugierig wird, als Martha (Sophia Gómez-Schreiber) verschwindet, angeblich von ihren Eltern abgeholt.
Gelegentlich tauchen Eltern auf, entweder aggressiv (Udo Samel) oder leicht zu besänftigen (Fritz Karl als Vater von Martha). Was im übrigen im Internat vorgeht, läßt die Regisseurin absichtsvoll (und eigentlich für den Zuschauer ärgerlich) im Dunkeln.
 
Denn dann erst stellt sich heraus, daß dieser Film eigentlich als „Thriller“ geplant ist, und woher dieser Anspruch kommt, bleibt unklar. Nur weil die Schwester die kranke Martha in einem oberen Stockwerk, das für die Schülerinnen verboten ist, versteckt? Nur weil man „Hitchcock“ mit geheimnisvollen Ingredienzien (Musik, Kamerafahrten) beschwören will? Ein bißchen billiger Formalismus dafür, daß es keinerlei echtes Spannungspotential gibt, was dieses Genre immerhin benötigte. Auch keine Leichen im fünften Stock - nicht die leiseste Berechtigung von einem Thriller zu sprechen, der, nehmt alles nur in allem, eigentlich eher langweilig ist?
Immerhin wird klare Kritik an der Kirche geübt, wenn Sabine dann doch mit ihrem Verdacht zur Mutter Oberin geht, diese scheinbar verständnisvoll zuhört, verspricht, sich um die Angelegenheit zu kümmern – und dann in einem Telefonat mit der Schwester nur festhält, daß sie von nichts wissen will. Petra Morzé macht diese Heuchelei bei perfekter Fassade sehr klar.
Und das Ende? Auch typisch für die Katholische Kirche (die ja ihre überführten Pädophilen wieder für die Arbeit mit Kindern eingesetzt hat). Die fragliche Schwester wird zwar entfernt – aber wohin? Ins ferne Afrika, wo sie von schwarzen Kindern hoffnungsfroh empfangen wird, damit sie an ihnen ihr geistiges Zerstörungswerk fortführen kann. Wäre die Regisseurin auf dem Boden der Realität geblieben, statt einen nebulösen Krimi anzustreben, wäre bei dem Film mehr (wenn auch nichts wirklich Neues) herausgekommen…
 
 
Renate Wagner