Brot statt Böller?

120 Millionen Euro für Silvesterfeuerwerk

von Lothar Leuschen

Foto © Anna Schwartz
Brot statt Böller?
 
120 Millionen Euro für Silvesterfeuerwerk
 
Von Lothar Leuschen
 
Alle Jahre wieder dieselbe Debatte. Deutschland ballert sich mit bunten Raketen ins neue Jahr und gibt nach Schätzungen des Verbandes der pyrotechnischen Industrie in diesen Tagen dafür etwa 120 Millionen Euro aus. Das ist ungefähr so viel wie zuvor 2019, als die Welt von Corona nicht viel ahnte. 120 Millionen Euro sind sehr viel Geld, und vermutlich fiele jedem augenblicklich einiges ein, was mit so einer Summe besser angestellt werden könnte, als sie am Nachthimmel über Deutschland im Wortsinne zu verpulvern.

Tatsächlich mahnen jedes Jahr Sozialverbände und politische Organisationen zur Zurückhaltung. Mit den vielen Millionen Euro könne Sinnvolleres geschehen, beispielsweise zur Unterstützung der Welthungerhilfe. Und Umweltschützer erinnern an den Anteil an der jährlichen Luftverschmutzung dieser nur 60 Minuten zwischen 0 und 1 Uhr, in der bunt explodierende Sprengkörper das alte Jahr verabschieden und das neue Jahr begrüßen sollen. Und all diese Einwände sind unwiderlegbar berechtigt. Hinzu kommt, daß die vermeintlich ungefährlichen Raketen Jahr für Jahr Verstümmelung an Gliedmaßen verursachen und andere Unvorsichtige sogar das Augenlicht kosten. Alkohol und Pyrotechnik sind natürliche Feinde. Es gibt mithin genügend Gründe, auf den lärmenden Jahresübergang zu verzichten.

Andererseits ist das Spektakel am Neujahrshimmel allerdings immer auch eine Augenweide und nicht mit einer Drohnen-Lichtshow zu ersetzen, wie es zuletzt ein paar Grüne vorschlugen. Das Jahr 2022 war ein anstrengendes. Es laut und leuchtend zu verabschieden und mit einem bunten Himmel ein neues, hoffentlich besseres Jahr zu begrüßen, sollte nicht von Umwelt- und Brot-statt-Böller-Debatten begleitet werden. Ein bißchen Freude schadet nicht in diesen Zeiten. Gut wäre aber, wenn ab 2. Januar auch einmal darüber nachgedacht werden könnte, ob ein zentrales Feuerwerk pro Stadt nicht ausreicht. Das wäre sicherer, billiger und besser für die Luft.
 
 
Der Kommentar erschien am 30. Dezemberr 2022 in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.