„Gewinnen ist auch eine Art von Arbeit“

Gustav Gans feiert im Januar seinen 75.Geburtstag

von Andreas Rehnolt

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„Gewinnen ist auch eine Art von Arbeit“
 
Gustav Gans, der Glückspilz aus der Comicmetropole Entenhausen
feiert im Januar seinen 75.Geburtstag
 
Von Andreas Rehnolt
 
Entenhausen - Der Glückspilz und Faulpelz aus der Comicmetropole Entenhausen, Gustav Gans, feiert im Januar seinen 75. Geburtstag. Der Cousin von Dauerpechvogel Donald Duck braucht nicht zu arbeiten und hat auch überhaupt keine Lust dazu. Wen wunderts, wenn ihm doch alles, was er sich wünscht vor die Füße fällt und jedes gezogene Los ihm den Hauptgewinn verschafft. Nur ein einziges Mal in seinem Leben, gesteht er in einer Geschichte, „in einem Zustand geistiger Umnachtung“ habe er gearbeitet und dabei einen Kreuzer verdient. Danach habe er sich so entsetzlich geschämt, daß er „das Geldstück in seinen Tresor gepackt und nie wieder betrachtet“ habe, beichtet er unter Tränen den übrigen Ducks.
 
Vor allem bei Geldonkel Dagobert hat der eitle, egoistische und selbstverliebte Gustav mit seiner Haltung Arbeit und Geld gegenüber keine Chance auf Sympathie. Der extrem reiche Onkel von Donald, Dagobert Duck, der seinen ersten selbstverdienten Zehner wie eine Ikone behandelt und aufbewahrt, empfindet Gustavs Nichtstuerei „als verachtenswert“. Für Donalds Neffen Tick, Trick und Track ist der Verwandte mit seinen pomadierten, gerollten Locken vor allem derjenige, der ihren geliebten Onkel Donald in der Regel mit seinem unerträglichen Glück meist alt aussehen läßt.
 
Der Schöpfer zahlreicher Duck-Charaktere, der geniale Zeichner Carl Barks (1901-2000) charakterisierte den Glückspilz mehr als einmal als „Nichtstuer, Rumtreiber, Windbeutel und Liebhaber schnellen Geldes“. Gustav selbst, der 1948 erstmals in einem Comic in Entenhausen (Duckburg) auftauchte, sieht das freilich alles ganz anders. Für ihn ist das Gewinnen und das Wünschen auch eine Art von Arbeit, so der Gamaschenträger, der in einigen der Geschichten verzweifelt, weil er ausgerechnet an seinen Geburtstagen vom Pech verfolgt wird.
 
Zu seinem Glück kam Gustav übrigens gänzlich ohne eigenes Zutun. Angeblich hatte ein Maler auf dem elterlichen Hof einen dreifachen Distelfink als Symbol für dreifaches Glück auf die Scheunenwand gemalt, und das soll seine Mutter Daphne sowie Gustav zu Glückspilzen gemacht haben. Ohne Pechvogel Donald Duck hätte es vermutlich in Entenhausen auch keinen Glückspilz Gustav Gans gegeben. Die Rolle des Antagonisten Gustav besteht ganz allgemein wie im Drama darin, die Handlungsabsichten des Protagonisten Donald zu durchkreuzen. Und das tut er bei jedweder Gelegenheit und dabei weidet er sich an Donalds chronischem Pech und demütigt ihn noch dazu nach Herzenslust.
 

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Für die Ducksche Kernfamilie stellt Gustav oft genug keinen Glücks- sondern vielmehr einen Giftpilz dar. In Kreisen der Donaldisten, die sich wissenschaftlich mit den Bewohnern von Entenhausen befassen, gibt es sogar die Einschätzung, Gustav Gans sei eine Art „Spaltpilz im Familiengefüge der Ducks“. Donalds Dauerfreundin Daisy wird nicht selten auch von Gustav umworben, wenn er etwa zu einer Bootstour, einem Picknick oder einem Tanzwettbewerb will. Doch Daisy macht fast immer keinen Hehl daraus, daß ihr Donald als Begleiter lieber wäre. Möglicherweise ahnt die hübsche Daisy, daß es bei Gustav neben der Liebe zu sich selbst keinen Platz für Mitgefühl und Empathie gibt.
 
Über Gustavs Verhältnis zu den übrigen weiblichen Figuren in Entenhausen ist nicht viel bekannt. Die Frauenrechtlerin und Journalistin Alice Schwarzer sagte bei einem Donaldisten-Kongreß im Jahr 2005 in Köln in einem Vortrag dann auch kurz und prägnant: „Gustav Gans ist eine Tunte“. Soweit muß man vielleicht nicht gehen, aber für einige Bewohner der Comicmetropole legt Gustav eindeutig zu viel Wert auf seine Kleidung und sein Aussehen. Die Leiterin des Erika Fuchs-Hauses/Museum für Comic und Sprachkunst in Schwarzenbach a.d. Saale, Joanna Straczowski, meint zum Verhältnis Guastav zu Daisy, daß es „am Ende immer Donald ist, der das Herz von Daisy gewinnt“. Es sei eben so, „daß das Herzensglück am Ende wertvoller ist, als Reichtum und Erfolg“, so Straczowski.


MM 4/1953 - © Disney
 
Weitere Informationen: www.ehapa-comic-collection.de  

Redaktion: Frank Becker