Denk ich an Deutschland …

Muchtar Al Ghusain – „wunde heimat“

von Steffi Engler

Denk ich an Deutschland …
 
Eine beeindruckende Lyrik-Anthologie
in Wort und Ton
 
Wir leben mitten in einer von Krieg und Not geschüttelten Welt, so sehr uns das alles auch bewegt und berührt, dennoch wie auf einer Insel der Seligen und haben eine Heimat. Wenigstens das. Auch  wenn die gar nicht mal so latent von einem irrsinnigen russischen Potentaten bedroht wird. Andere haben durch seine seit zwanzig Jahren andauernden hegemonialen europäischen Kriege, mit denen er seinen Machtbereich brutal ausweitet, schon ihre Freiheit, ihren Besitz, vor allem aber Menschen die sie lieben und eben ihre Heimat verloren. Das beklagenswerte Schicksal der verlorenen Identität und Heimat haben auch vor uns schon andere erfahren, stets und immer durch die Gewalt politischer Verbrecher wie Josef Stalin, Adolf Hitler oder Wladimir Putin.

       Den Zustand der Welt und was die politische Gewalt den Menschen antut mit den Möglichkeiten und Augen der Dichtung so markant wie eben möglich ergreifend zu beschreiben, haben sich vor allem Lyriker seit jeher zur Aufgabe gemacht, ist die kunstvolle eindrückliche kurze Form des Gedichts doch besonders dazu geeignet. Der Musiker, Sänger und nicht zuletzt deutsche Kulturpolitiker Muchtar Al Ghusain hat es unternommen, eine erlesene Auswahl von Gedichten (die Namen der Lyriker finden Sie unten) einfühlsam zu vertonen und in die neue Form des Chansons zu gießen: wunde heimat hat er seine sensible Anthologie übertitelt, die auf einer CD die brillanten Vertonungen mit seiner charismatischen Stimme vereint und die Original-Texten im Druck wiedergibt. Muchtar Al Ghusain trifft damit ins Herz eines jeden fühlenden Menschen, denn die vertonten Gedichte erzählen immer wieder von Deutschland (Heinrich Heine), von Flucht und Krieg (Mascha Kaléko, deren Gedicht Zeitgemäße Ansprache bestürzend aktuell ist) von der menschengemachten Klimakrise (Paul Celan mit Eis, Eden und Jakob van Hoddis mit seinem expressionistischen Programmgedicht Weltende waren geniale Seher, Marion Poschmann mit Und hegte Schnee in meinen warmen Händen nicht zu vergessen) und vom hilflosen Gefühl der Heimatlosigkeit (Barbara Köhler) – „Themen“, so schreibt der Verlag dazu, „die musikalisch in einer Stilistik aus Jazz, Chanson und Pop scheinbar leicht daherkommen, aber auch die Abgründe der Texte noch deutlicher hervortreten lassen. Eingespielt wurden die Songs mit einer siebenköpfigen Band, die in einigen Stücken durch Streichinstrumente oder die arabische Qanun und Kawala verstärkt wird.“ Ein Ensemble erstklassiger Solisten, sei angemerkt.

       Die zwischengeschalteten Illustrationen von Susanne Topitsch runden Buch und CD feinfühlig zu einem empfehlenswerten Gesamtwerk ab. Weitere Informationen zum Projekt wunde heimat finden Sie auf der Homepage zum Buch, www.wundeheimat.de und auf www.verlag.koenigshausen-neumann.de sowie unter www.timezone-records.com.  
 
Muchtar Al Ghusain – „wunde heimat“
Vertonte Gedichte von Jehuda Amichai, Paul Celan, Mahmud Darwish, Kurt Drawert, Thomas Gsella, Ulla Hahn, Heinrich Heine, Jakob van Hoddis, Mascha Kaléko, Barbara Köhler, Marion Poschmann, Peter Rühmkorf, Aleš Šteger und Jan Wagner
 
Mit:
Muchtar Al Ghusain (voc, p) – Johannes Liepold (fl, ss, cl) – Tilman Müller (tp, flh) – Joe Krieg (g) – Wolfgang Kriener (b) – Uli Kleindeiter (dr) – Mohamad Fityan (Kawala) – Salah Eddin Maraqa (Qanun) – Aleksandra Rogalska, Jelena Al Ghusain (vl) – Maghol Taheri (Cello) – Vera Herberich (voc)
 
© 2022 Verlag Königshausen & Neumann, 80 Seiten, Fadenheftung + CD mit 14 Songs | Spieldauer 52 Minuten, Illustrationen von Susanne Topitsch  -  ISBN: 978-3-8260-7733-3
21,- €