Wuppertal und die Welt

Der Kaufhof und die Verödung von Innenstädten

von Lothar Leuschen​

Foto © Anna Schwartz
Wuppertal und die Welt
 
Der Kaufhof und die Verödung von Innenstädten
 
Von Lothar Leuschen
 
Ohne jeden Zweifel ist die Schließung der Kaufhof-Filiale in Elberfeld Anfang nächsten Jahres ein schwerer Schlag für Wuppertal. Nicht nur, daß dort die Geschichte der Kaufhäuser in Deutschland mitbegründet wurde, der Kaufhof ist auch in den vergangenen Jahrzehnten eine wichtige Adresse in dieser und für diese Stadt gewesen, er war Magnet für Elberfeld und prägend für das Bild der Innenstadt. Aus und vorbei. Die allgemeine Entwicklung des Einzelhandels und die Entwicklung der Elberfelder Innenstadt haben so lange am Kaufhof genagt, bis er sich auf der Liste mit 46 anderen Standorten in Deutschland wiederfand, für die es anscheinend keine Zukunft gibt. Ein herber Verlust für Wuppertal, eine bittere Nachricht für die Frauen und Männer, die in der Galeria für das Überleben des Standortes gekämpft haben.

Das alles ist schon schlimm genug. Die schlechte Nachricht trifft Wuppertal obendrein aber auch noch zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt. Diese Stadt ist auf so einen Tiefschlag nicht vorbereitet. Zwar existiert ein Konzept, mit dem die Qualität der Elberfelder Innenstadt verbessert werden soll. Aber dessen Umsetzung standen und stehen Dauerbaustellen gegenüber, die der City voraussichtlich bis mindestens 2034 erhalten bleiben sollen. Und nun auch noch das Aus des Kaufhofes. Das ist schwer zu verarbeiten für eine Stadt, die seit jeher keine Struktur aufgebaut hat, um auf solche Eventualitäten reagieren zu können. So war es, als die Bundesbahndirektion für dem Vernehmen nach relativ überschaubare fünf Millionen Euro auf dem Markt war. Nun wird sie für ein Vielfaches über einen Zeitraum von 30 Jahren als drittes Rathaus angemietet. So ist es vermutlich auch für den Fall, daß der Eigentümer das Gebäude an der Neumarktstraße veräußern will. Vermutlich hat Wuppertal nicht nur kein Geld, es zu erwerben. Für den gegenteiligen Fall ist niemand da, der so eine Immobilie im Sinne der Stadt entwickeln könnte. Eine eigene Gesellschaft für solche Themen wird von der SPD schon sehr lange sehr erfolglos gefordert. Und die Wirtschaftsförderung ist dazu mangels Vorstand derzeit wahrscheinlich auch nicht in der Lage. Zu sehr beschäftigt die Frage, wer dem derzeit freigestellten Eric Swehla gegebenenfalls und wann nachfolgen soll. Aber die Zeit läuft, Immobilienverwerter wissen, was die Stunde geschlagen hat, wenn Nachrichten wie die vom Kaufhof in Wuppertal die Runde machen. Deshalb kann alles Mögliche geschehen, aber nicht alles davon ist gut. Tatsächlich ist die Welt des Handels eine andere geworden. Ein immer größer werdender Teil der Geschäfte wird per Internet abgeschlossen. Aber im vergangenen Jahr betrug der Anteil des Internets am gesamten Einzelhandel in Deutschland lediglich knapp 16 Prozent. 84 Prozent der Umsätze werden also noch stationär gemacht. Es ist im Sinne der Innenstädte und der Städte insgesamt, diesen Wert mindestens zu halten. Umso notwendiger ist es, sich mit der Bevölkerungsstruktur, mit der Aufenthaltsqualität von Fußgängerzonen sowie mit Angebot und Qualität des ansässigen Einzelhandels zu beschäftigen. Hier hat Wuppertal wachsenden Nachholbedarf und aktuell keine Strukturen, die bewirken könnten, daß der Bedarf mittelfristig gedeckt wird. Der Kaufhof zeigt aber, daß die Welt sich weiterdreht und keine Anstalten macht zu warten, daß Wuppertal sich darauf einstellt. Damit müssen die Damen und Herren in Rat und Verwaltung deshalb nun sehr zügig beginnen. Bergisch Pepita, Denkverbote, Kreisen um sich selbst und ideologische Spiegelfechtereien bremsen dabei nur.
 
 
Der Kommentar erschienen am 18. März 2023 in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.