„Serge“ von Yasmina Reza überzeugt am Schauspiel Düsseldorf nicht

Die deutsche Erstaufführung plätschert über 1 3/4 Stunden vor sich hin

von Andreas Rehnolt

v.l.: Mehdi Moinzadeh, Claudia Hübbecker, Thomas Wittmann, Andreas Grothgar, Cathleen Baumann, Sophie Stockinger - Foto: Sandra Then

„Serge“ von Yasmina Reza überzeugt
als Theaterstück am Schauspiel Düsseldorf nicht
 
Die deutschsprachige Erstaufführung plätschert
über lange 1 3/4 Stunden ohne wirkliche Höhepunkte vor sich hin
 
„Serge“ von Yasmina Reza, aus dem Französischen von Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel - Deutsche Erstaufführung am 18. März 2023, Kleines Haus, Schauspiel
 
Regie: Selen Kara - Bühne: Lydia Merkel - Kostüm: Anna Maria Schories - Musik: Torsten Kindermann, Jan-Sebastian Weichsel - Licht: Konstantin Sonneson - Dramaturgie: Christopher-Fares Köhler
Besetzung: Jean Popper: Thomas Wittmann - Nana Ochoa: Claudia Hübbecker - Serge Popper: Andreas Grothgar - Luc / Maurice Sokolov: Rainer Philippi - Joséphine Popper: Sophie Stockinger - Ramos Ochoa / Paulette: Mehdi Moinzadeh - Valentina Dell’Abbate: Cathleen Baumann
 
Düsseldorf - Die deutschsprachige Erstaufführung des Stücks „Serge“ nach dem im letzten Jahr hoch gelobten gleichnamigen Roman der Erfolgsautorin Yasmina Reza konnte am 18. März bei der Premiere im Schauspielhaus Düsseldorf nicht überzeugen. Über 1 3/4 Stunden plätscherte die Inszenierung von Seren Kara ohne wirkliche Höhepunkte und ohne überzeugende Darsteller vor sich hin und ließ viele der Zuschauer immer wieder auf die Uhr statt auf die Bühne blicken. Auch der Schlußapplaus im Kleinen Haus blieb zurückhaltend und galt wohl eher den Darstellern als der Bühnenfassung.
 
„Serge“ spielt in Paris und in Auschwitz. Das mit Neonröhren und durchsichtigen Plastikscheibenen ausgestattete Bühnenbild könnte aber auch überall anders auf der Welt stehen. Das Geschwister-Trio Serge (Andreas Grothgar), Jean (Thomas Wittmann) und Nana (Claudia Hübbecker) ist in die Jahre gekommen und erinnert sich kurz nach dem Tod der Mutter an die in den NS Konzentrationslagern umgekommenen Familien-Angehörigen. Mehrfach erzählen die drei, dass weder die Eltern, noch die Großeltern jemals über diese Familienangehörigen oder ihre eigenen Erinnerungen oder Verstrickungen an die NS-Zeit gesprochen haben.
Joséphine (Sophie Stockinger) als Tochter von Serge regt sich noch darüber auf, daß die Oma als Jüdin auf einer Einäscherung für sich bestanden hat, nach all dem, was den Juden passiert ist, schlägt sie dem Trio vor, gemeinsam ins polnische Auschwitz zu fahren und sich vor Ort einen Eindruck von den Greueltaten der Nationalsozialisten zu verschaffen. Immerhin bis zu 1,5 Millionen Menschen sollen in dem Konzentrations- und Vernichtungslager ums Leben gekommen sein. Während die junge Frau und ihre Tante Nana echtes Interesse zeigen, ist der nur mit seinen selbstverschuldeten Problemen beschäftigte Serge strikt dagegen, irgendetwas von dem zeitlebens Verdrängten und Verschwiegenen an sich heranzulassen.
Bruder Jean tut das, was er immer schon getan hat, er versucht zu beschwichtigen und zu vermitteln und vergisst dabei einmal mehr, selbst Stellung zu beziehen. Von den Verladerampen, den Gaskammern und den Verbrennungsöfen der für die Leichen ist im Bühnenbild nichts zu sehen. Gar zu schnell treten die vier dann wieder die Rückreise an mit ihren Schalenkoffern, die vermutlich an die Koffer und Taschen der Deportierten damals erinnern sollen. Schon während der Autofahrt albert und zankt man herum, ein Gespräch über das möglicherweise Gefühlte findet erneut nicht statt.
 
Zurück in Paris stirbt schließlich „Onkel“ Maurice (Rainer Philippi) an Krebs. Nachdem Serge sich mit Freundin Vallentina (Cathleen Baumann) versöhnt hat, erkrankt er ebenfalls schwer und Jean versucht alles für ein weiteres Miteinander der Geschwister zu organisieren. Auschwitz ist am Ende des Stücks weiter weg als je zuvor. Die wichtige Frage, wie Erinnerung an die Schrecken der NS-Verbrechen heute noch funktionieren könnte, wo doch fast alle echten Zeitzeugen tot sind, wird nicht beantwortet. Die Schauspieler tun ihr bestes, bleiben aber bei dieser Inszenierung schlicht Rollen und können den Personen auf der Bühne keine Charaktere geben. 
 
Die nächsten Aufführungen von „Serge“ sind am 22. und 28. März sowie am 3., 11. und 22. April.
 
Weitere Informationen: www.dhaus.de