Wie man so stirbt bei Emile Zola

Emile Zola – „Wie man lebt so stirbt man“

von Johannes Vesper

Wie man so stirbt bei Emile Zola
 
Stirbt der Kammermusikfreund, wird er hoffentlich bei Schuberts op. post. D 810 (Der Tod und das Mädchen) Trost finden und nicht bei Emile Zola. Der große Romancier und Darsteller des französischen Bürgertums schreibt nämlich in seinen frühen, kurzen Erzählungen, was es mit dem Sterben wirklich auf sich hat. Wie die Geizige bis zu ihrem Lebensende die drei Söhne, allesamt Tunichtgute, fast zwanghaft kontrolliert, sie einzeln gegeneinander ausspielt und zuletzt die Schlüssel zum Vermögen unter dem Kopfkissen versteckt, läßt ahnen, wie nach ihrem Tod sich die drei untereinander beharken werden, um endlich das beträchtliche Erbe zu ergattern.
 
Diese kurzen Novellen zeigen bei weitem (noch) nicht die virtuose Sprachgewalt des späteren Erfolgsschriftstellers und Schöpfers 20-bändiger Romanzyklen. Sie scheinen eher literarischen Fingerübungen zu entsprechen, bieten Einzelaspekte gesellschaftlicher Schlüsselsituationen und noch keine Darstellung gesamtgesellschaftlicher Geschichte im Sinne des literarischen Naturalismus. In kurzen Sätzen erfährt der Leser, wie banal Gespräche und Gedanken vor dem Tode gewöhnlich sind, wie Sterbende mit ihnen nahestehenden Personen nicht mehr ins Gespräch kommen. Die Geschichte des schwächlichen 10jährigen, den seine Eltern nicht retten konnten, die, um das Notwendigste erstehen zu können, die Wolle aus der Matratze handvollweise für jeweils wenige Sous verkaufen mußten, diese Geschichte rührt den Leser und zeigt allerdings auch, wie die Lieben am Ende einfach nur zur Tagesordnung übergehen. Von Würsten, die eine mitleidige Nachbarin gebracht hatte, hat das tote Kind nichts mehr. Die beantragte Hilfe des Fürsorgeamtes kommt zu spät für den Sterbenden, reicht aber doch für einen kleinen Leichenschmaus der Trauergesellschaft, immerhin mit Wein und Brie nach der armseligen Beerdigung auf dem schlammigen Friedhof.
 
Der Verlag möchte mit dieser Reihe die Buchillustration als Genre fördern und hat sie geschaffen für  Studierende der Buchillustration an den Kunstakademien Hamburg und Leipzig. Vera Gereke, Magisterstudentin der der HAW-Hamburg, greift mit ihren holzschnittartigen Illustrationen auf weißem Papierhintergrund bildlich, skizzenartig die literarischen Etüden des Schriftstellers auf und übersetzt die Geschichten in Bilder, die im Kopf bleiben. Mit dem Namen der Reihe „Edition de Bagatelle - Literarische Etüden“ knüpft der Verlag an alte bibliophile Interessen an. Die Reihe wird von der die Bibliophilie fördernden Pirckheimer-Gesellschaft unterstützt.
 
Emile Zola – „Wie man lebt so stirbt man“
Fünf Erzählungen, farbig illustriert von Vera Gereke. Aus dem Französischen von Kurt Noch.
© Faber & Faber Verlag, 63 Seiten, broschiert -  ISBN 978-3-86730-232-6
20,- €
Weitere Informationen:  www.verlagfaberundfaber.de