Mal wieder Extraklasse!

Martin Wind – „Counterpoint“

von Frank Becker

Mal wieder Extraklasse!
 
Martin Wind  Jim McNeely  Ed Neumeister
setzen den Kontrapunkt
 
Der Kontrabassist Martin Wind ist den Jazzfreunden unter unseren Lesern schon lange ein Begriff für eleganten, überaus gepflegten Jazz. Seine Alben „Time will tell“ mit Alex Riel und Ulf Meyer, „My Astorian Queen“ mit u.a. Scott Robinson und Matt Wilson, „White Noise“ mit Philip Catherine und Ack van Rooyen, „Licorice & Beer“ mit Ulf Meyer, „Light Blue“ mit u.a. Bill Cunliffe und „Live at Orpheus Theater“, ebenfalls mit Ulf Meyer, gehören zum Besten, was wir in den letzten Jahren auf dem Kontrabaß gehört haben.
 
Für ein exorbitantes, traumhaft schönes Album hat sich Martin Wind jüngst mit dem hier ebenfalls schon oft und gern vorgestellten Pianisten Jim McNeely und dem Posaunisten Ed Neumeister zusammengetan: „Counterpoint“. Mit viel Swing und guter Laune eröffnet die Posaune von Ed Neumeister, begleitet von Jim McNeely am Flügel, bis auf halber Strecke Martin Wind übernimmt. Hiatus heißt das Stück von Jim McNeely, aber die Lücke von jetzt, da Sie das lesen bis zum Veröffentlichungsdatum (29. September) dieses wunderbaren Albums ist nur klein. Das folgende Remember October 13th hat der Bassist Martin Wind dem großen Kollegen Ray Brown (* 13. Oktober 1926 - † 2. Juli 2002) gewidmet, eine Perle an Eleganz, mit einer gewissen freien Verspieltheit zu Beginn, die sich zu einer klassischen Jazz-Trio Nummer im Sound Oscar Petersons entwickelt, des Begleiters von Ray Brown über viele Jahre. Ed Neumeister nimmt glänzend den Part von Herb Ellis. Mit Last Waltz und Counter My Point, beide ebenfalls von Wind, setzt sich die Reihe der Eigenkompositionen spielerisch abwechslungsreich fort.
 
Man kann ja stets neugierig auf Interpretationen von Standards sein, so auch auf Oscar Levants Blame it on my Youth. Martin Wind schafft mit einem zweiminütigen Intro eine verzauberte Stimmung, die von einem lebhaft plappernden, klagenden Parlando der Posaune für die folgenden vier Minuten gefühlvoll übernommen wird. Bittersweet von Sam Jones bekommt mit schönen Soli den Sound von Bigband-Jazz. Bei Gmunden denken Sie vielleicht an das hinreißende Steinzeug das dorther kommt, Ed Neumeister aber denkt dabei an eine verwunschene Nacht am Traunsee, und in Rosa können sich die drei Musiker farbenfroh entfalten. Das gilt auch für McNeelys Extra Credit, das jedem Raum für kleine Experimente läßt. Ein weiterer Standard, ein Stück für die Ewigkeit, ist David Manns In The Wee Small Hours Of The Morning. Hier ist Gefühl gefragt, viel Gefühl. Wohl kaum ein Jazzfreund kennt nicht die geniale Vorgabe durch Frank Sinatra. Hier eröffnet Martin Wind mit dem gestrichenen Kontrabaß, auf dessen Melancholie Jim McNeely aufbaut, bis sich ihm Wind erneut als Partner am diesmal mit Sentiment gezupften Baß anschließt. Schade, daß sich hier kein Platz für die Posaune gefunden hat, die für eine solche Stimmung prädestiniert gewesen wäre.  
 
Dennoch ein wundervolles Album, das Hörgewohnheiten einerseits schmeichelt, andererseits dem Gewohnten manches schmackhafte Häuchen aufsetzt.
 „Counterpoint“ erscheint am 29. September im Handel. Vormerken!
 
Martin Wind – „Counterpoint“
© 2023 Laika Records (CD)
Martin Wind (b) - Jim McNeely (p) - Ed Neumeister (tb)
 
1. Hiatus – 2. Remember October 13th – 3. Last Waltz – 4. Counter My Point – 5. Blame It In My Youth – 6. Bittersweet – 7. Gmunden – 8. Rosa – 9. Extra Credit – 10. In The Wee Small Hours Of The Morning
Gesamtzeit: 58:12
 
Weitere Informationen: www.laika-records.com