Der alte Mann und sein Hund
Der alte Mann ging mit seinem Hund spazieren. Er war auf der großen Wiese vom Monte Scherbelino, wo der große Himmel sich über ihm ausbreitete. Plötzlich fiel ihm ein Gedicht ein. Erst kam ein Satz, dann noch einer, und ehe er sich versah, war ein ganzes Gedicht entstanden. Sofort holte er sein Notizbuch aus der Tasche und schrieb es auf. „Hör mal“, sagte er dann zu seinem Hund: „Frau Weyher backt 'nen Kuchen, sie rührt ihn vorher an. Die allerschönsten Sachen und Äpfel tut sie dran. Sie schiebt ihn in den Ofen, holt ihn nach Stunden raus, er ist ihr gut geraten und freudig ruft sie aus: „Oh, wie bist du schön, oh, wie bist du schön, so 'was hat man lange nicht geseh'n, so schön, so schön.“ Der Hund wollte einen anderen Hund beschnuppern, aber der alte Mann zog ihn zurück. „He“, sagte er. „Wir sind noch nicht fertig.“ Und er las die zweite Strophe vor: „Der Jupp trinkt gern ein Bierchen, und manchmal sind´s auch mehr. Sein Frauchen kennt ihn lang schon, lief meistens hinterher. Da ging er mal alleine und hat den Kopf verlor´n und als er sich umblickte war er in Paderborn. Und freudig rief er aus: „Oh, wie bist du schön, oh, wie bist du schön, so 'was hat man lange nicht geseh'n, so schön, so schön.“ Der alte Mann schaute beifallheischend auf den Hund, der kein Interesse erkennen ließ. Der alte Mann räusperte sich, blätterte eine Seite um und las weiter: „Die Stadt baut einen Bahnhof der sieht ganz gräßlich aus, da sprach der Bürgermeister „Wir bau´n auch ein Stadthaus. Das soll so häßlich aussehn, daß man nur jubeln kann, wenn alles häßlich aussieht, gewöhnt man sich daran. Und alle rufen dann: „Oh, wie bist du schön, oh, wie bist du schön, so 'was hat man lange nicht geseh'n, so schön, so schön.“
Der alte Mann lachte. „Und?“ fragte er. „Ist das was für dich?“ Der Hund schüttelte sich, aber das tat er immer, wenn er nicht wußte, was man von ihm wollte. Der alte Mann leinte ihn ab und der Hund lief den anderen Hunden nach. Der alte Mann dann auch, nur langsamer.
© Erwin Grosche
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