Untauglich, unwürdig

Die Affäre Hubert Aiwanger und ihre Folgen

von Lothar Leuschen​

Foto © Anna Schwartz
Untauglich, unwürdig

Die Affäre Hubert Aiwanger und ihre Folgen
 
Von Lothar Leuschen
 
Natürlich ist es kein Zufall, daß ein antisemitisches Pamphlet just zur heißen Phase des Wahlkampfes in Bayern auftaucht. Aber das ist angesichts des Inhaltes Nebensache. Das Papier aus dem Schulranzen von Freie-Wähler-Chef und Vizeministerpräsident Hubert Aiwanger erfüllt sämtliche Kriterien, als menschenverachtend, abstoßend und ekelhaft bezeichnet  werden zu dürfen. Und wieder drängt sich die Frage auf, woher dieser Haß auf Juden rührt, zumal in den 1980er Jahren und aufgeschrieben von einem Gymnasiasten, dem Bruder Aiwangers. Was war damals in den Köpfen der Aiwangers los? Und was geht heute darin noch vor sich. Hubert Aiwanger hat sich zuletzt im Wahlkampf mit einem unüberhörbaren Rechtsruck verdächtig gemacht. Dazu paßt die Geschichte vom Flugblatt, dessen Existenz er ebenso einräumt wie die Tatsache, daß er es in seinem Schulranzen hatte, und die Strafarbeit, die er deshalb schreiben mußte. Alles andere ist noch Gerücht. Und das wiederum ist egal.​
​Denn allein die Existenz dieses Geschmieres und dessen unmittelbare Verbindung zu Hubert Aiwanger sollten ausreichen, die steile Karriere des 52 Jahre alten Landwirtes zu beenden. Daß dies  geschieht, ist indes noch fraglich. Die Gesellschaft ist in Social-Media-Zeiten bedrückend skandal-langmütig geworden.  Und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder ist existenziell auf die Freien Wähler angewiesen, wenn er nach der Wahl am 8. Oktober sicher im Amt bleiben will. Optionen gibt es nicht. Die SPD ist zu schwach, die Grünen sind zu links, und die AfD kommt für gar nichts in Frage. Da trifft es sich schlecht, daß Hubert Aiwanger sich und seine Freien Wähler nach ganz rechts dilettiert hat. Weiter wie bisher geht es in Bayern nun nicht mehr. Der Machtpolitiker Söder steckt in der Zwickmühle. Für den Menschen und christlich-sozialen Politiker hingegen gibt es in der Affäre Aiwanger nur eine Konsequenz. Solche Leute  sind in demokratisch gewählten Gremien zumal in Deutschland nicht tragbar. Jede Zeile dieses widerlichen Geschreibsels aus dem Hause Aiwanger entlarvt Urheber und Mitwisser als untauglich und unwürdig.
 
 
Der Kommentar erschienen am 31. August 2023 in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.