Auf dem Weg nach vorn
Elektromobilität ist erfolgreicher als gedacht
Von Lothar Leuschen
Auf der Internationalen Automobil-Ausstellung ist Elektromobilität das Thema der Stunde. Das hat zwei Gründe: Zum einen hat die Europäische Union das Aus für Neuwagen mit Verbrenner auf das Jahr 2035 terminiert. Zum anderen drängen nach Tesla nun auch vermehrt neue chinesische Hersteller auf den Markt. Sie tun das mit guten Produkten zu einem erschwinglichen Preis. Damit setzen sie vor allem Deutschlands Automobilindustrie unter Druck. Es hat den Eindruck, daß sowohl der Staat als auch die Autokonzerne den Start ins Zeitalter der E-Mobilität verschlafen haben. Doch das täuscht ein wenig. Just in diesem Sommer hat die Zahl der Zulassungen von Fahrzeugen auch deutscher Hersteller mit E-Motoren einen Höchststand erreicht. Überhaupt sind heute weit mehr als eine Million batteriebetriebener Autos auf Deutschlands Straßen unterwegs. Bis zu den angestrebten 15 Millionen im Jahr 2030 ist es allerdings noch ein weiter Weg. Und inzwischen sprechen einige Indizien dafür, dass Deutschland dieses Ziel nicht mehr erreichen kann.
Es wird sich deshalb als Bumerang herausstellen, daß die Umweltprämie für die Anschaffung eines Elektroautos mit Beginn dieses Monats gesunken ist und nur noch an Privatpersonen bezahlt wird. Nachteilig dürfte sich auch auswirken, daß Hybrid-Fahrzeuge überhaupt nicht mehr gefördert werden. Und obendrein kommen die Städte und Energieversorger mit dem Aufstellen von Ladesäulen nicht flächendeckend auf Touren. Wenn sich beispielsweise in Mülheim an der Ruhr rechnerisch 29 E-Autos eine öffentliche Ladesäule teilen müssen, ist das ein Hemmschuh für jeden, der in einem Mehrfamilienhaus wohnt und daher keine eigene Ladestation nutzen kann.
Für den Klimaschutz ist die Elektromobilität sicher nicht der Weisheit letzter Schluß, aber immer noch deutlich besser, als weiter fossilen Kraftstoff zu verbrennen. Für Städte kann sie auf jeden Fall ein Gewinn sein. Mit der Zunahme an E-Mobilität sinkt die Belastung durch Feinstaub. Schon deshalb sollten sich Kommunen und lokale Energieversorger deutlich mehr anstrengen, eine brauchbare Lade-Infrastruktur aufzubauen.
Der Kommentar erschienen am 6. September 2023 in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.
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